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Was sie nicht weiss

Was sie nicht weiss

Titel: Was sie nicht weiss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simone van Der Vlugt
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an der Rezeption und blättert hektisch in einem Ordner.
    Bis jetzt hat sie immer freundlich gegrüßt und war, zu Tamaras Missfallen, sogar zum Plaudern aufgelegt. Nun aber sieht sie nicht einmal auf.
    Langsam geht Tamara zur Treppe. Wenn man sie ausfindig gemacht hat, wartet oben vielleicht eine Polizeieinheit auf sie.
    Zögerlich setzt sie den Fuß auf die erste Stufe und schaut dabei rasch über die Schulter. Die Pensionswirtin starrt sie an, wendet aber sofort den Blick ab.
    Ob sie sie erkannt hat? Aber woher soll sie überhaupt wissen, dass man sie sucht?
    Das verfluchte Handy, klar! Sie selbst hätte es nie benutzt, aber vorhin hat sie es überprüft und gesehen, dass telefoniert worden ist.
    Sie muss unter allen Umständen verhindern, dass Maaike in nächster Zeit wieder in den Vordergrund tritt. Doch das ist alles andere als einfach. Besonders wenn sie müde wird, besteht die Gefahr, dass Maaike die Oberhand gewinnt. Heute Morgen hat sie ihr auf einem Zettel verklausuliert mitgeteilt, dass die Polizei hinter ihnen her ist und sie auf keinen Fall nochmals das Telefon benutzen soll.
    Zwischendurch war Maaike noch einmal präsent, denn später lag der Zettel, zu Asche verkohlt, im Toilettenbecken. Sie weiß also Bescheid.
    Oben an der Treppe bleibt Tamara stehen und lässt den Blick durch den Flur schweifen. Niemand zu sehen. Sie spitzt die Ohren, hört aber nichts bis auf verfrühte Silvesterkracher draußen auf der Straße.
    Sie stellt die Plastiktaschen ab, fasst in ihre Jackentasche und schließt die Hand um das Pfefferspray, das sie gleich nach der Ankunft in Amsterdam gekauft hat. Wenn in ihrem Zimmer bewaffnete Polizisten lauern, kann sie die damit kurzzeitig außer Gefecht setzen.
    Auf Zehenspitzen schleicht sie zur Zimmertür und inspiziert das Schloss. Unversehrt. Aber das muss nichts heißen, vielleicht hat die Wirtin den Zweitschlüssel herausgegeben.
    Sie holt tief Luft und schließt auf. Den Rücken an die Wand gepresst, drückt sie gegen die Tür und erwartet, jeden Moment »Hände hoch!« oder »Keine Bewegung!« zu hören, sodass sie fast erschrickt, als alles still bleibt.
    Misstrauisch und mit der Spraydose im Anschlag lugt sie in den Raum. Er sieht noch genauso aus, wie sie ihn verlassen hat. Nichts deutet darauf hin, dass Grund zur Sorge besteht.
    Vorsichtig geht Tamara ins Zimmer, öffnet den Kleiderschrank und schaut ins Bad. Nichts.
    Sie holt ihre Taschen, die noch oben an der Treppe stehen.
    Wieder im Zimmer, schließt sie sorgfältig hinter sich ab. Weil sie stark schwitzt und heftiges Herzklopfen hat, setzt sie sich auf die Bettkante und wartet, bis sie wieder zur Ruhe kommt und über ihre James-Bond-Imitation lachen kann.
    Dennoch wähnt sie sich nicht in Sicherheit. Schließlich hat Maaike am Vorabend telefoniert, und dass die Pensionswirtin so merkwürdig war, gefällt ihr ganz und gar nicht. Sie nimmt ihre Reisetasche und beginnt zu packen.
    Dann geht sie in den Frühstücksraum auf ihrer Etage, von dem aus eine Feuertreppe in das Sträßchen hinter dem Haus führt. Zum Glück hat sie gleich zu Anfang nach einem Fluchtweg Ausschau gehalten; eine gute Vorbereitung ist die halbe Miete.
    Unten angekommen, hastet sie durch das Gewirr der Gassen in Richtung Hauptbahnhof.
    Am Damrak, wo auch jetzt im Winter die Rundfahrtenboote auf die Touristen warten, wirft sie in hohem Bogen das Handy ins Wasser.
    Ein paar Passanten schauen sie kopfschüttelnd an. Ohne ihnen einen Blick zu gönnen, überquert sie den Bahnhofsvorplatz und steuert auf den Eingang der Metro zu.

43
    Die Polizeieinheit, die kurz nach drei die Pension am Zeedijk stürmt, findet Tamaras Zimmer verlassen vor.
    »Wie? Sie ist nicht oben? Ich hab sie doch nicht weggehen sehen. Und kein Wort zu ihr gesagt!« Ramona de Bont wirkt völlig verdattert.
    »Bestimmt ist sie zum Bahnhof gelaufen«, sagt Lois. »Nichts wie los!«
    Gemeinsam mit den Kollegen rennen sie und Fred die kurze Strecke hin, suchen die Bahnsteige ab, durchkämmen die Läden und halten den Wachleuten Maaikes Foto vor.
    »Woher hat sie gewusst, dass wir kommen?«, überlegt Lois laut.
    »Vielleicht von der Pensionswirtin. Die behauptet zwar das Gegenteil, aber weiß man’s?«, antwortet Fred. »Wie auch immer, sie ist entkommen. Und hat leider nichts Aufschlussreiches im Zimmer liegen lassen. Sogar der Papierkorb war leer, wie mir der Kollege, der dageblieben ist, gerade gemeldet hat.«
    »Komm, wir gehen noch mal zurück und reden mit Frau de Bont. Vielleicht

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