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Was Sie schon immer über 6 wissen wollten

Was Sie schon immer über 6 wissen wollten

Titel: Was Sie schon immer über 6 wissen wollten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Holm Friebe
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einer Ära, in der zum Mantra wurde, dass „eyeballs“, Augäpfel, die Leitwährung des Internet und der kommenden Aufmerksamkeitsökonomie sind.
    Beide Charaktereigenschaften der 2, das Polarisierende und das Harmonische, fließen im fernöstlichen Denken im Taijitu zusammen, dem Yin-Yang-Symbol, in dem Schwarz und Weiß sich gegenseitig durchdringen und einen geschlossenen Kreis bilden. Es steht für Polaritäten, die dennoch untrennbar aufeinander bezogen sind, was im Daoismus den Ursprung aller Dinge ausmacht. Die weit verbreitete Reduktion von Yin und Yang auf männliches und weibliches Prinzip greift jedenfalls eindeutig zu kurz. Vielmehr schwingen in den beiden Begriffen Nuancen von gebend und empfangend, von aktiv und passiv mit.
    Anklänge dieser unauflöslichen Verschränkung des Gegensätzlichen finden sich auch bei uns im Westen, etwa in der Janusköpfigkeit oder in den sprichwörtlichen zwei Seiten einer Medaille, die sich ja auch nicht voneinander lösen lassen. Unklar, ob diese Überlegungen bei der Entstehung des Logos von MasterCard – ein gelber und ein roter Kreis, die sich in der Mitte als Schraffur überlappen – eine Rolle gespielt haben. Jedenfalls sind die Signale, die es aussendet, eher unharmonisch, was wiederum gut zu unserem Verhältnis zu Geld und Kreditkarten im Allgemeinen passt. Fast generisch zwiespältig – und damit zum Produkt passend – dagegen das Logo der Messermarke Zwilling aus Solingen: zwei Strichmännchen, die an Schulter und Unterschenkel zu einem siamesischen Zwilling verwachsen sind.
    Wie man es auch dreht und wendet: Es ist ein Kreuz mit der 2. In der Gestaltung bleibt sie ein zweischneidiges Schwert.
… über 3 wissen wollten
    Zur Häufung der 3 in Alltagskultur, Theorie- und Religionsdesign ist ja schon einiges gesagt worden. Es wird uns auch hier nicht gelingen, das Thema enzyklopädisch zu erschlagen, wir können nur einige besonders markante Aspekte hervorheben. Die 3 steht bekanntermaßen für göttliche Perfektion und Vollkommenheit. Schön und gut,aber was bedeutet das konkret? Verglichen mit der schillernden 2 wirkt die 3 gut ausbalanciert und harmonisch. Ein Hocker kann auf drei Beinen stehen und wackelt nicht. Indem die 3 sich zwischen zwei konfliktträchtige Alternativen schiebt, löst sie die Fundamentalopposition des „tertium non datur“ auf, wirkt entschärfend und entspannend. Aus These und Antithese wird die „umfassende Synthese“, wie Schimmel und Endres feststellen: „Drei steht über dem Gegensatz der Zwei, wie es sich noch in unserer Redensart vom ‚Lachenden Dritten‘ zeigt.“
    Wo nicht drei gleichförmige Elemente an der Gestaltung beteiligt sind, wird gerne auf die drei Primärfarben des Farbkreises – rot, blau, gelb – und die drei Grundformen der Geometrie – Dreieck, Kreis und Quadrat beziehungsweise Tetraeder, Würfel und Kugel – zurückgegriffen. In der Zusammenschau erzeugen diese basalen Bausteine ein Gefühl von Vollständigkeit. Aus den Grundfarben lassen sich alle anderen mischen, aus den Grundformen alle möglichen Formen und Architekturen konstruieren. Kommen sie im Logo zum Einsatz, markieren sie universelle Kompetenz und einen Generalvertretungsanspruch. Wo sie allerdings in Reinform auftauchen, wie im Logo der Paritätischen Dienste oder bei der Firma KKP-Werbetechnik aus Berlin mit ihrem gelben Quadrat, roten Dreieck und blauen Punkt im Signet, wirken sie dagegen generisch, einfallslos und etwas unbeholfen – kein guter Logo-Designer würde sie in dieser Schlichtheit verwenden.
    Anspruchsvoller erscheint es, aus drei Elementen wieder eine Einheit zu schmieden, wie es die christliche Dreifaltigkeit vormacht. Dabei scheint diese Option als eigentliche Bestimmung in der 3 bereits angelegt, wie Harald Haarmann vermutet: „Vielleicht weil das Prinzip der Dreigliederung den Begriff der Einheitlichkeit assoziiert, sind aller guten Dinge drei.“ Ernst Cassierer sieht im „Problem der Einheit, die aus sich heraustritt, die zu einem ‚Anderen‘ und Zweiten wird, um sich schließlich wieder mit sich zusammenzuschließen“, gar philosophisch hochtrabend einen Teil vom „geistigen Gesamtbesitz der Menschheit“, also etwas, das in allen Kulturen vorkommt. Bei Markenlogos findet sich dieses Prinzip weniger in den drei Streifen von Adidas oder den drei Punkten des Sicherheitsdienstleisters Securitas wieder, die unverbunden und parallel nebeneinanderstehen, als vielmehr im Mercedes-Stern, der einen gleichmäßig

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