Was Sie schon immer über 6 wissen wollten
web.me.com/lorenmadsen die unterschiedlichsten apokalyptischen Prophezeiungen, die das Ende der Welt beschwören, zusammengetragen. Ein Blick auf seine Zeitleiste zeigt: Das Ende ist immer nah. Ob die Maya, die Bibel, die Thora, kabbalistische Werke, die Schriften des Nostradamus oder andere Quellen als Grundlage herangezogen werden: Numerologische Argumente lassen sich für jedes beliebige Jahr konstruieren. Auch nach dem 21. Dezember 2012 wird die Erde also noch viele Male untergehen.
Pop- und Geek-Zahlen
Zahlenmagie ist ein Pop-Phänomen, nicht erst, seit Madonna sich als Anhängerin einer postmodernen Variante der Kabbala geoutet hat.Die 666 etwa hat die typische Karriere einer magischen Zahl hingelegt: Gestartet als ein apokrypher Außenseiter in der Offenbarung des Johannes, rätselten schon die frühen Christen, wer sich wohl hinter der „Zahl des Tieres“ verbergen könnte. Denn, so die apokalyptische Schrift, „es ist eines Menschen Zahl, und seine Zahl ist Sechshundertsechsundsechzig“. Die bei Hebräern wie Griechen verbreitete Technik, Zahlen mit Buchstaben zu schreiben, eröffnete ein reizvolles kombinatorisches Suchspiel: Welche Buchstaben ergeben als Zahl 666 und zugleich einen passenden Namen? Jede Menge Kandidaten kamen in Frage, und in den vergangenen zwei Jahrtausenden hat sich jede Epoche den ihr passenden Bösewicht zurechtgerechnet. In der historischen Bibelforschung seit dem 19. Jahrhundert kam man zu der Überzeugung, Johannes selbst habe mit seiner Zahl den Christenschlächter Kaiser Nero chiffriert adressieren wollen. Im Mittelalter und in der Reformationszeit wurden sittenverdorbene Päpste, ketzerische Gegenpäpste, missliebige Herrscher und andere Bösewichter mit der 666 identifiziert. Für einen ordentlichen Karrieresprung sorgte im 20. Jahrhundert ihr größter Fan: der dunkle Esoteriker, Libertin und Begründer der Magick-Philosophie, Aleister Crowley. Er machte sich die Zahl zu eigen und firmierte selbst als „Das Große Tier 666“. Mit seiner Umarmung der 666 katapultierte er sie in die Sphären des Pop: Referenzen auf Crowley finden sich bei den Beatles ebenso wie bei Led Zeppelin oder Black Sabbath, und die 666 avancierte zur Lieblingszahl des Heavy Metal, dessen Platten-Cover sie regelmäßig ziert. „The Number of the Beast“ heißt ein bekanntes Album von Iron Maiden, woher wohl auch der Spruch „667 – Neighbour of the Beast“ auf T-Shirts oder als Aufkleber an der Wohnungstür rührt.
Eine makabre Bedeutung im Pop hat die 27 erlangt. „Live fast, die young and leave a good-looking corpse“ heißt seit jeher die Karriereanweisung, um unsterblichen Ruhm zu erlangen. Als „27 Club“ werden die Rockmusiker und Pop-Idole bezeichnet, die in diesem Alter starben. Angeführt wird die Liste von Brian Jones, Jimi Hendrix, Janis Joplin und Jim Morrison, die alle zwischen 1969 und 1971 mit 27 Jahren ums Leben kamen, sowie von Kurt Cobain, der sich 1994 selbst tötete. Doch die Mitgliederliste des „27 Club“ ist sehr viel länger, sodass der Autor Eric Segalstad und der Illustrator Josh Hunter in The 27s: The Greatest Myth of Rock & Roll die Musikgeschichte entlang des Lebens und Sterbens von mehreren Dutzend 27ern schreibenkonnten. Und auch Kim Frank, ehemaliger Sänger der Band Echt , thematisiert in seinem Debütroman 27 die Obsession mit dem Fluch der Todeszahl des Pop.
Echte oder vermeintliche Wurzeln in Religion oder historischer Überlieferung sind nicht zwingend notwendig, damit sich Zahlen tief in das popkulturelle Zahlengedächtnis der Gegenwart einschreiben können. In George Orwells Roman 1984, dessen Titel durch einen Dreher generiert wurde – Entstehungsjahr: 1948 –, führt schon die Erwähnung von „Zimmer 101“ zu Panikattacken bei den Gefangenen. In dem Folterzimmer mit dieser Nummer erwartet jeden Menschen seine ganz persönliche Hölle. Angeblich stammt die Inspiration für die Zahl 101, mit der Orwell dem je individuellen Schrecken eine allgemeingültige Chiffre gegeben hat, von der Nummer eines Sitzungsraums der BBC, für die Orwell arbeitete, und in dem er stundenlange Meetings von ermüdender Langeweile über sich ergehen lassen musste. Stasi-Chef Erich Mielke dagegen – so berichtet Anna Funder, Autorin des Reportagebuchs Stasiland – war so fasziniert von Orwells Überwachungsfantasie, dass er in der Zentrale seines Spitzelapparats extra ein ganzes Stockwerk umbenannt haben soll, nur damit über der Tür seines Büros die Orwellsche 101
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