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Was soll denn aus ihr werden?

Was soll denn aus ihr werden?

Titel: Was soll denn aus ihr werden? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: ekz.bibliotheksservice GmbH
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sie?« fragte er teilnehmend.
    »Fa, er frißt sie«, bestätigte Dori, »und nun will ich dir alles erzählen«, und sie begann von neuem und erzählte die Geschichte von den ungehorsamen Geißlein, die sollten die Tür geschlossen halten und sie doch aufmachten. So kam der Wolf herein und verschlang sie, eines nach dem andern. Die kleine Marietta war auch wieder herausgerannt, und da sie die schönen Farben erblickt hatte, war sie herangekommen und hatte, lauschend und mit großen Augen das Bild betrachtend, während der Erzählung neben Detto gestanden. Die Geschichte, so angesichts der ganzen, handelnden Gesellschaft angehört, machte einen großen Eindruck auf Detto.
    »Hätten sie lieber der Alten gefolgt«, sagte er, sichtlich bekümmert um die Geißlein, die gefressen sein mußten.
    »Siehst du nun, Detto, wie es gehen kann«, sagte Dori. »Wenn du der Großmutter nicht folgen willst, so kann auch einmal etwas Schreckliches kommen, das du lieber nicht wolltest. Denk nur an die Geißlein, du auch, Marietta!« Nun machte Dori das Buch zu und sagte, es sei Zeit, daß sie heimgehe.
    Aber nun hingen sich die Kinder an sie und wollten sie nicht gehen lassen und wollten immer noch einmal die Geißlein sehen, bevor sie gefressen wären. Aber Dori agte, heute nicht mehr, morgen käme sie wieder und dann sollten sie ein neues Bild sehen, ein so schönes, wie sie sich gar nicht denken könnten. Als Dori gegen die Tür kam, wo Giacomo die ganze Zeit regungslos gestanden hatte, sah sie, daß er sein Gesicht völlig in die Ecke hineindrückte und leise schluchzte.
    »Was hast du, Giacomo?« sagte sie freundlich. »Warumkamst du denn nicht zu uns heran? Wolltest du von der Geschichte nichts hören, die ich erzählt habe?«
    »Die Mutter hat uns auch erzählt«, sagte er schluchzend.
    »Dann hörst du's ja gern«, fuhr Don fort, »warum bist du denn so störrig und sagst gar nichts und kommst nicht zu uns heran und bist ein wenig fröhlich mit uns?« »Die Mutter kommt ja nie mehr«, schluchzte er hervor und brach nun in lautes Weinen aus.
    »O du armer Giacomo«, sagte Dori und faßte den Jungen um den Hals, »nun weiß ich schon, wie es dir ist; mein Vater kommt auch nie wieder«, und nun brachauch Dori in Weinen aus und alle freundlichen Worte ihres Vaters und sein ganzes, liebes Wesen stiegen vor ihr auf, und in ihrem Herzen tönte es wieder und wieder: Er kommt nie mehr. Und wie sie neben sich den armen Knaben so bitterlich schluchzen hörte, sagte sie wieder: »Ich weiß schon, wie es dir ist, Giacomo, es ist mir gerade so wie dir.«
    Giacomo hatte Doris Hand erfaßt; er hielt sie immer fester. Nun hatte er jemand gefunden, der wußte, wie es ihm war, und der mit ihm um die Mutter weinte. Die gute Großmutter hatte ja keine Zeit dazu und jammerte nur immerfort über alles Elend, und den Vater hatte er gar nicht mehr gesehen, seitdem die Mutter tot war. Niemandem hatte er sagen können, wie es ihm war, dah alles für ihn leer und aus war. Die Mutter war nirgends mehr und ein furchtbares Gewicht auf dem Herzen erwürgte ihn fast. Nun wußte Dori, wie es war und weinte mit ihm, und er konnte auch einmal recht herausweinen, und dazu hielt Dori liebevoll ihren Arm um seinen Hals geschlungen, so wie die Mutter getan hatte und sonst niemand tat, und zum erstenmal seit dem schrecklichen Tag, da die Mutter die Augen geschlossen, fühlte Giacomo das schwere Gewicht auf seinem Herzen ein wenig leichter werden. Aber nun mußte Dori gehen, es wurde ja schon Nacht. Giacomo hielt sie noch fest an der Hand, er wollte bis zuletzt bei ihr sein. Detto hielt sie an der Schürze fest und Marietta hinten am Schürzenband. So kamen sie heraus. Die alte Maja kam eben aus dem Holzbehälter hervor. Ihre betrübte Miene hatte sich etwas gelichtet.
    »Ach, Dori, mir ist es wie ein Wunder, daß ich auch einmal wieder etwas fertig bringen konnte und zwei Schritte vor mich sehen kann. Ach, wie dank' ich dir's, du weißt nicht, was es ist, wenn man nichts mehr vor sich sieht und wie erdrückt wird von einem Berg von Lasten und Sorgen und die Kraft nicht mehr hat für die Kinder. Wie hast du's nur gemacht, daß sie still waren bisjetzt? Ach, Dori, ich darf es nicht sagen, aber wenn du mir so alle Wochen einen halben Tag diese Kinder abnehmen wolltest, so wie du's verstehst, sie hängen ja alle drei an dir, als wollten sie dich nicht mehr loslassen! Aber was würde die Mutter sagen?«
    »Alle Tage komm ich nun, Maja, ich verspreche dir's, und der

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