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Was soll denn aus ihr werden?

Was soll denn aus ihr werden?

Titel: Was soll denn aus ihr werden? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: ekz.bibliotheksservice GmbH
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Kranken wie mit einem vorwurfsvollen Blick auf sich gerichtet, so als wollte er sagen: Warum kommst du denn nicht? Er hatte sie ja selbst damals im Garten dazu aufgefordert, zu ihm zu kommen. Das hatte er freilich wohl längst vergessen und ihre Person dazu. Aber sie wollte doch nun hingehen, schon um Melchiors willen, der sie schon angemeldet hatte und es ungern sehen würde, wenn sie zu lange ausbliebe. Für ihn wollte sie gern tun, was ihm lieb war, hatte er sie doch zu Herrn von Aschen gebracht.
    An einem der letzten Septembertage wanderte Dori das Tal hinauf, dem Kurhaus zu. Ein eisiger Wind blies ihr entgegen und jagte pfeifend über die kahlen Wiesen hin. Auf den Bergen lagen dichte graue Wolken. Will denn schon der Winter kommen? fragte sich Dori schauernd. Im Kurhaus angekommen, ließ sie sich nach Melchiors Anweisung bei Frau Lichtenstern melden.
    Sie wurde ins Zimmer der Dame geführt. Diese saß vor einem großen Haufen beschriebener Papiere, welche sie ordnete. »Einen Augenblick warten«, sagte sie, indem sie in ihrer Beschäftigung fortfuhr.
    Das Zimmer war sehr groß. Weit drüben am andernEnde stand der kleine Rollwagen mit dem kranken Knaben. Er mußte geschlafen oder sonst tief drinnen gelegen haben, Dori hatte ihn zuerst nicht erblickt.
    Jetzt fuhr er plötzlich in die Höhe. »Bist du nun gekommen? Warum kamst du solange nicht?« rief er Dori zu, »komm hier zu mir herüber, komm!« Er winkte Dori mit großer Lebhaftigkeit zu sich heran.
    Die Dame hatte sich umgewandt. »Wie kannst du so unpassend zu einer Fremden sprechen, Willi«, sagte sie tadelnd. »Und Sie, wollen Sie näher treten?«
    »Sie ist keine Fremde, ich kenne sie gut«, rief der Kleine dazwischen, »ich habe ihr gesagt, sie soll zu mir kommen, sie gehört auch zu niemand.«
    »Du schweigst, Willi, kein Wort mehr«, gebot die Dame in einer Weise, daß der Kleine unter die Decke kroch. »Sie sind mir empfohlen als vorzügliche Kranken- und Kinderpflegerin«, fuhr die Dame zu Dori gewandt fort. »Sind Sie geneigt, die Pflege dieses Knaben zu übernehmen, die wohl von längerer Dauer sein wird? Sein Zustand ist nicht heilbar. Meine Zeit ist so sehr in Anspruch genommen von ganz anders wichtiger Arbeit als Kinderpflege, wie Sie sehen können –«, die Dame deutete auf ihre mannigfachen Papiere, – »so daß ich einer Pflegerin für diesen Jungen bedarf, die ihn völlig übernimmt. Sind Sie dazu geneigt?«
    »Ich verstehe nicht recht, wie die Dame das meint, daß ich den Jungen übernehmen soll«, entgegnete Dori.
    »Sind Sie unabhängig?« warf die Dame hin.
    Dori wußte abermals nicht recht, was mit der Frage gemeint war. »Ich lebe mit meiner Mutter und denke nicht daran, sie zu verlassen«, war ihre Antwort.
    »Dann werden Sie die Persönlichkeit nicht sein, die mir notwendig ist«, bemerkte die Dame. »Ich muß in den nächsten Tagen nach Hause zurückkehren. Der Arzt hat mich aufgefordert, diesen Jungen für einige Jahre in ein wärmeres Klima zu versetzen, wo er sozusagen immer an der frischen Luft sein könnte. Ich suche eine Pflegerin, dieden Jungen übernehmen und mit ihm einige Jahre in einer südlichen Gegend zubringen könnte.«
    Ein plötzlicher Gedanke schoß in Doris Herzen empor und trieb ihr vor innerer Bewegung das Blut in die Wangen.
    »Das könnte ich vielleicht ausführen, ich wüßte auch schon den Ort«, sagte sie rasch.
    Verwundert blickte die Dame auf Dori, die mit ihren hochroten Wangen und funkelnden Augen aussah, als ob eine Erregung in ihr koche, die sie kaum bemeistern konnte. »Sie haben ein lebhaftes Temperament, das weckend und anregend auf eine schwache und kränkliche Natur wirken könnte. Warum sollten wir nicht sogleich alles festsetzen?« fragte die Dame mit sichtbarer Befriedigung, so bald an ihr Ziel zu kommen.
    Dori entgegnete, vor allem müsse sie mit ihrer Mutter sprechen, ohne deren Einwilligung sie gar nichts tun möchte. Nachher würde sie der Dame Bescheid sagen, ob sie überhaupt an die Übernahme des kranken Jungen denken könne, wo es auch wäre. Frau Lichtenstern schärfte ihr ein, bald mit der Antwort zu erscheinen, da sie durchaus nach Deutschland zurückkehren müsse, schon seien ihr viele Tage verloren gegangen, indem sie vergebens nach einer Pflegerin ausgesehen habe, die ihr endlich die hemmende Last abnehme. Dori versprach, bald Antwort zu geben. Noch warf sie einen Blick auf den kleinen Wagen hin. Die zwei forschenden, grauen Augen waren gespannt auf sie gerichtet: »Holst du

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