Was Soll Ich Tun
einmal einstellt. Wenn die Familie sieht, dass Siebeide miteinander glücklich sind, wird sie möglicherweise auch irgendwann in Ihre Liebe einwilligen. Allerdings sollten Sie auch nüchtern sich fragen, ob Ihre Liebe dieser Belastung standhält, die auf sie zukommt. Wenn die Ablehnung immer bleiben würde, wäre es sicher nicht einfach, ohne den Rückhalt der Familie zu leben. Aber auch das kann gehen. Auf jeden Fall sind Sie frei. Sie dürfen sich nicht abhängig machen von der Akzeptanz der Familie. Ihr Freund muss sich auch für Sie entscheiden und dann die Erwartungen seiner eigenen Familie enttäuschen und aus der zu engen Bindung der Familie ausbrechen. Denn diese Abhängigkeit tut ihm nicht gut. Sie legt ihn fest und lässt ihn nicht seinen eigenen Weg gehen. Beten Sie um innere Klarheit. Aber wenn Sie sich klar geworden sind, dann gehen Sie den Weg der Liebe und vertrauen darauf, dass die Liebe auch die Widerstände der Familie auflöst. Der Engel der Klarheit und der Entschiedenheit möge Sie dabei begleiten.
ICH UND ANDERE
Unser Leben spielt sich im Miteinander ab, im Miteinander der Nachbarschaft, der Firma, in der wir arbeiten, der Pfarrei oder der Gemeinde, in der wir uns engagieren, und in den vielen Kontakten, die wir täglich haben. Im Umgang mit den anderen werden wir konfrontiert mit eigenen Gefühlen und Lebensmustern. Im Gespräch mit einem Mann, der laut redet, erinnern wir uns an den Vater, vor dem wir Angst hatten, wenn er laut wurde. Und wir geraten dann ganz schnell in die Rolle des kleinen ängstlichen Mädchens oder des angepassten Jungen. Viele ärgern sich, wenn sie im Umgang mit anderen Menschen ihre alten Lebensmuster erleben. Sie meinen, sie müssten doch mit 50 oder 60 Jahren längst die Prägung der Kindheit hinter sich gelassen haben. Doch statt sich zu ärgern, sollten wir unsere Beziehung zu anderen Menschen als Chance nutzen, zu wachsen und uns unserer selbst immer bewusster zu werden. Die Begegnung mit anderen Menschen ist eine wichtige Quelle der Selbsterkenntnis und der persönlichen Reifung.
Ganz wesentlich ist: Wir müssen uns im Umgang miteinander von dem Zwang verabschieden, uns mit anderen zu vergleichen. Auch wenn wir uns nicht vergleichen möchten, werden solche Gedanken trotzdem in uns auftauchen. Dann wollen sie uns dazu einladen, bewusst ja zu sagen zu uns selbst. Wir müssen nicht so sein wie die anderen. Wir sind wir selbst. Wir sind einmalig. Es geht nicht darum, besser oder stärker oder intelligenter zu sein oder besser auszusehen als dieanderen. Es geht vielmehr darum, in Einklang mit uns selbst zu kommen. Wenn ich mit mir selber im Einklang bin, werde ich den anderen in aller Freiheit begegnen. Immer wenn ich mich unter Druck setze, ein ganz bestimmtes Bild abgeben zu müssen, wird das Miteinander anstrengend. Wenn wir uns erlauben, wir selbst zu sein, bekommt das Miteinander die Qualität von Freiheit und sie verbindet sich mit gegenseitigem Respekt. Wer seinen Wert in sich entdeckt, lässt auch dem anderen seinen Wert und kann sich daran freuen.
Wir können miteinander nur gut auskommen, wenn wir uns füreinander öffnen. Aber wir müssen uns gut abgrenzen. Es gibt Menschen, die keine Grenzen kennen. Sie zerfließen mit allen. Sie beziehen alles auf sich. Wenn sie im Bus fahren, haben sie den Eindruck, die beiden, die miteinander reden, würden über sie sprechen. Wenn zwei Menschen lachen, denken sie, sie würden sie über sie lachen. Wir neigen alle zu einer solchen Haltung: Wenn einer einen mürrischen Blick hat, glauben wir, er würde uns ablehnen oder unser Verhalten missbilligen. Alles beziehen wir auf uns. Dabei steht fest: Wir brauchen Grenzen, um den anderen gut begegnen zu können, ohne uns zu verausgaben und ohne uns von ihnen vereinnahmen zu lassen. Aber viele haben Angst, nein zu sagen. Sie glauben, sie würden andere verletzen. Doch ein klares Nein kann eine klare Beziehung schaffen. Der andere weiß, woran er ist. Nähe und Distanz, Sich-Abgrenzen und Sich-Öffnen, auf den anderen zugehen und sich zurückziehen, all das braucht eine gute Balance. Wenn uns diese Balance gelingt, dann werden wir das Miteinander als Bereicherung erleben.
Ich kämpfe sehr mit dem Neid. Es ist ein ganz tief sitzendes Gefühl, und ich weiß natürlich, dass das ein Laster oder zumindest kein schöner Zug ist. Immer glaube ich, andere Menschen haben es besser oder schöner als ich. Ich weiß, dass es unsinnig ist und trotzdem überfällt es mich regelmäßig.
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