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Was uns glücklich macht - Roman

Was uns glücklich macht - Roman

Titel: Was uns glücklich macht - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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zweifellos. Es fühlte sich richtig an. Ganz langsam drehte ich mich um und durchquerte den Raum, zögerte, als ich die Hand auf den Türknauf legte, aber nur einen Augenblick, und dann atmete ich tief durch und zog die Tür auf.
    Und genauso rasch, wie er sich beruhigt hatte, gefror mir der Atem in der Brust. Mein Lächeln erlosch, und alle Wärme, Weichheit, Lebendigkeit und Helligkeit wichen aus meinem Körper. Mir schossen die Tränen in die Augen, und ich musste mich sehr anstrengen, damit sie nicht zu fließen begannen. Ich hatte keine Ahnung, was ich tun sollte, was ich sagen sollte, was ich empfinden sollte. Denn den Mann, der im Flur vor mir stand, hätte ich als Letztes erwartet. Es war nicht Eduardo Marquez.
    Es war Robert.
    Katherine
    »Ich muss sagen, ich war im Leben noch nie so überrascht.«
    Ungefähr die Hälfte meines Blind Dates mit dem älteren Mitbürger war vorüber, ehe ich überhaupt hörte, was er sagte. Sein Alter hatte mich dermaßen vor den Kopf gestoßen, und ich war so verstört von dem, was es bedeutete, dass ich Appetithäppchen und Cocktail kaum wahrnahm. Ken Walker unterhielt sich mit mir, und gleichzeitig unterhielt ich mich mit mir selbst, und wenn zwei Leute mit einem reden und einer davon ist man selbst, dann wird dieses Gespräch immer den Sieg davontragen. Bis mein zweiter Martini Wirkung zeigte, hätte ich daher überhaupt nichts über den Mann oder das, was er mir erzählte, weitergeben können.
    Ich liebe Martinis. Ich nehme ihn mit Wodka, immer extra dry, also mit nur einem Hauch Vermouth und einer Olive. Ich liebe Oliven. Gott, ich liebe alles am Martini. Wie sich das Glas anfühlt. Oder wenn die Eisschicht am Stiel allmählich schmilzt und Schmelzwasser an den Fingern hinterlässt. Ein Martini ist wie ein freches Mädchen, äußerlich adrett und sauber, aber voller Geheimnisse, die es im richtigen Augenblick offenbart.
    Für mich kann ein Martini fast jedes Problem lösen, und wenn es mal nicht sofort klappt, erledigt es sicher der zweite Martini. Normalerweise trinke ich den zweiten Martini erst gegen Ende des Abends, da ich mit einem dritten kaum mehr fertigwerde. Aber an diesem Abend, als Ken Walker auf der anderen Seite des Tischs über Gott weiß was redete, leerte ich meinen zweiten Drink, bevor die Vorspeise serviert worden war.
    »… ich war im Leben noch nie so überrascht«, sagte er gerade, als ich mich ihm zuwandte, und ich … erkannte, dass ich wohl keinen interessanteren Augenblick abzuwarten brauchte, um zurück ins Gespräch zu finden.
    »Tut mir leid, aber was hat Sie noch mal so überrascht?«, fragte ich.
    »Dass er schwul war, nehme ich an«, erwiderte er.
    Na, das war eine Überraschung. Es war auch schwierig, mich darum herumzumogeln. Mir fiel nicht ein, wie ich es umgehen könnte, ihn zu fragen, von wem er sprach, und so entschied ich mich für das Nächstbeste.
    »Bitte entschuldigen Sie mich einen Augenblick«, sagte ich und legte meine Serviette zusammen. »Ich muss rasch mal zur Toilette.«
    Als ich aufstand, erhob er sich ebenfalls, und ich muss zugeben, dass mir das gefiel. Ich weiß gute Manieren zu schätzen, vor allem, weil ich normalerweise alles in der Richtung unterbinde. In neunzig Prozent der Fälle habe ich mit Männern beruflich zu tun, und wie alle Frauen in höheren Positionen achte ich sehr genau darauf, dass ich auf Augenhöhe bleibe. Ich will nicht, dass ein Mann mir die Tür aufhält, wenn wir einen Konferenzraum betreten. Kein Mann soll aufstehen, bloß weil ich das bei einem Meeting tue, und er soll mich auch nicht mit einem Küsschen begrüßen, wenn er allen anderen die Hand schüttelt. Wenn ich arbeite, will ich nicht anders behandelt werden.
    Aber beim Dinner habe ich nichts dagegen.
    Natürlich musste ich gar nicht zur Toilette, doch gleich zurückkehren konnte ich auch nicht, und so betrachtete ich mich im Spiegel und hatte dabei nur einen Gedanken im Kopf.
    Wie zum Teufel kommt Marie dazu, mich um so vieles älter einzuschätzen?
    Meine Haut sieht großartig aus, selbst um die Augen. Ich sehe keine Fältchen, keine Tränensäcke, Krähenfüße, dunkle Ringe, Linien, Flecken oder Unreinheiten, und dabei habe ich noch nicht einmal etwas machen lassen. Ich habe weder meine Augen richten lassen, noch meine Lippen, noch meine Nase, habe mir weder die Ohren anlegen noch die Wangen nach hinten tackern lassen. Ich habe weder Restylane benutzt, noch Botox, noch Juvederm oder Latisse, nicht mal ein Fruchtsäurepeeling.

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