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Was uns glücklich macht - Roman

Was uns glücklich macht - Roman

Titel: Was uns glücklich macht - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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Bestimmt werde ich eines Tages all diese Hilfe in Anspruch nehmen, und es wird großartig sein. Aber im Moment sehe ich einfach verdammt gut aus, egal was Marie anscheinend glaubt.
    Als ich zum Tisch zurückkam, hatte ich mich ein wenig beruhigt, und als Ken erneut aufstand, war ich plötzlich viel besserer Stimmung.
    »Tut mir leid«, sagte ich. »Und jetzt erzählen Sie die Geschichte am besten noch mal ganz von vorn. Ich will nichts davon verpassen.«
    Er lächelte. »Ich habe Chet zwanzig Jahre nicht mehr gesehen. Wir sind miteinander aufgewachsen, haben zusammen Jura studiert, bei meiner ersten Heirat hat er in Scarsdale gegenüber gewohnt. Anfang der Neunziger ist er dann aus beruflichen Gründen nach Colorado gezogen, ich habe mich kurz darauf scheiden lassen, und dann haben wir uns irgendwie aus den Augen verloren. Vor ungefähr einem Monat ruft er dann aus heiterem Himmel bei mir im Büro an, sagt, er wäre gerade in der Stadt und möchte den Kontakt auffrischen, von alten Zeiten plaudern, sich mit mir auf einen Drink treffen. Ich war gleich begeistert, und so haben wir uns vor zwei Wochen in einer Bar im Village getroffen. Gleich als er reinkam, habe ich gesehen, dass er sich verändert hat. Mein erster Eindruck war, dass er Make-up trägt, aber das habe ich abgetan. Wir haben angefangen zu plaudern, über das Studium und alles. Irgendwann habe ich gefragt, wie es Barbara geht, und er hat mir einen ganz merkwürdigen Blick zugeworfen und gesagt: ›Du weißt, dass wir keine fünfzehn Jahre verheiratet waren, oder?‹ Also sagte ich, dass ich das nicht wisse, und darauf hatte er auf einmal einen ganz seltsamen Ausdruck in den Augen, ein Glitzern, ein spitzbübisches Lächeln, und er sagte: ›Ich hatte endlich mein Coming-Out und wohne zur Zeit mit einem neunundzwanzigjährigen Mann namens Evan zusammen.‹«
    Ken hielt kurz inne, nahm einen Schluck von seinem Martini und fuhr fort: »Nun, ich wusste nicht, was ich sagen sollte. Ich war im Leben noch nie so überrascht.«
    »Was hat Sie daran denn überrascht?«, fragte ich.
    »Nun, zuerst, dass er schwul war. Davon habe ich nie etwas bemerkt. Nicht dass es irgendeinen Unterschied für mich machen würde.«
    »Genau, nicht, dass dagegen was zu sagen wäre«, sagte ich und lachte.
    Er schien es nicht zu kapieren.
    »Na, Sie wissen schon«, sagte ich. »Aus Seinfeld .«
    »Oh«, sagte er. »Von der Serie habe ich nie auch nur eine einzige Episode gesehen.«
    Einen Augenblick. Wer zum Teufel hat noch nie eine einzige Episode von Seinfeld gesehen? Sollte ich lieber Anspielungen auf Dick Van Dyke machen?
    »Jedenfalls«, fuhr er fort, »konnte ich nicht einfach so sprachlos dasitzen, und so fragte ich ihn, wie sein Freund denn so wäre. Und er sagte: ›Nun ja, der Sex ist fantastisch, aber der Altersunterschied kann schon eine Herausforderung sein.‹«
    Am liebsten hätte ich gesagt: »Ich weiß genau, was er meint.« Aber ich verkniff es mir. Stattdessen fragte ich: »Was haben Sie denn dazu gesagt?«
    »Ich sagte, ich verstünde ihn. Es muss schwierig sein, mit jemandem zusammen zu sein, der sich nicht an das Kennedy-Attentat erinnert.«
    Das war der letzte Tropfen. Wünschte Ken sich jetzt, dass ich mich daran erinnere, wie Kennedy getötet wurde? Ich kann mich weder an das eine noch an das andere Kennedy-Attentat erinnern. Für mich war JFK immer nur ein Flughafen und ein paar Großbuchstaben.
    »Wissen Sie«, sagte ich zurückhaltend, »ich kann mich auch nicht erinnern, wie Kennedy erschossen wurde.«
    Er lachte. »Natürlich nicht.«
    Dann kam das Essen, und wir aßen, und ich bestellte einen dritten Martini, als meine Vorspeise gebracht wurde, und hatte ihn ausgetrunken, ehe ich das Filet Mignon aufgegessen hatte.
    Im Taxi nach Hause, nach Kaffee und Crème brulée zum Nachtisch und nachdem er mich um meine Telefonnummer gebeten und ich ihm stattdessen ein Küsschen auf die Wange gegeben hatte, rief ich Marie an. Sie ging beim ersten Läuten dran.
    »Na«, sagte sie, »wie ist es gelaufen?«
    »Ganz toll«, sagte ich, »wahrscheinlich heirate ich ihn.«
    »Oh nein.« Sie seufzte. »Was ist schiefgegangen?«
    »Nichts«, sagte ich. »Ich kann mir nur nicht vorstellen, mit jemandem zusammen zu sein, der noch nie Seinfeld geschaut hat.«
    »Was?«
    »Vergessen Sie es«, sagte ich. Ich musste das alles hinter mir lassen. »Packen Sie einen Koffer, wir verreisen. Ich nehme Urlaub, und Sie kommen mit.«
    »Katherine«, sagte Marie, »in all der Zeit, die ich

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