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Was wir Liebe nennen

Was wir Liebe nennen

Titel: Was wir Liebe nennen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Lendle
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waren die liebevoll geschnitzten Wegweiser des Fitnes s parcours. Sie zeigten die Entfernung zu den Höhepunkten des Nationalparks an, dazu jeweils die Zahl der Kalorien, die man bis dorthin verlor. Lac des Femmes, Rivière du Diable, Lac Lynch. Fe entschied sich für den höchsten Berg, der dem Park seinen Namen gegeben hatte: Mont Tremblant .
    Ab jetzt ging es aufwärts. Der harte Untergrund machte den Pferden zu schaffen, es war wohl nicht ganz das, was sie aus der Steppe gewohnt waren. Nach einer Weile erreichten sie die Talstation eines Sessellifts, ein verwittertes Schild teilte mit, dass die Betreiber des Skiparadieses sich bereits auf die Wiedereröffnung am Jahresende freuten.
    Sie folgten der Trasse bergan. Alle hundert Meter ein Stützpfeiler, die Füße in rohem Beton, wie eben erst in die Landschaft gegossen, die Wellen waren so jäh erstarrt, als wäre alles noch ganz flüssig und könnte jeden Moment in die Luft schießen wie frische Lava. Die Piste trug den schönen Namen Émotion .
    Ab und an, wenn es allzu steil wurde, scheute eines der Tiere, dann murmelte Fe in ihrer Pferde s prache irgendwelche Zauberworte, und sie trotteten schnaubend weiter. Lambert nutzte die Momente, um sich umzuschauen. Die Luft klar und kalt, der Ausblick nahm einem den Atem, nichts als Wälder und Hügel, die in der Ferne blasser wurden, fast durchsichtig, als wäre es ein Verschwindetrick. Wie die Erinnerung, dachte Lambert. Wie die Liebe.
    Neben der Bergstation gab es ein kleines Panoramarestaurant, das ebenfalls geschlossen war. Der Idiot verschaffte ihnen Zutritt.

34
    Das Restaurant war schön (historische Fotos der Region, ein nahezu echter Kristallleuchter, der Ausblick), hatte aber einen Nachteil: Es gab nichts zu essen. Zu dritt zogen sie durch Küche und Vorratsräume, aber der ganze Komplex erwies sich als verwaist, und bis auf eine halb leere Schale Margarine war nichts zu finden. Der Idiot schlug vor, Ahornblätter zu sammeln und daraus Sirup zu kochen, aber Fe brachte ihn zum Schweigen.
    Im Untergeschoss endlich stießen sie zwischen einigen Skigestellen auf einen vergitterten Eisautomaten. Fe sammelte ein, was ihnen an Münzgeld blieb, und stellte erfreut fest, dass es für eine Schachtel Eiskonfekt reichen würde. Auf unerklärliche Weise jedoch rechnete das Gerät anders und forderte mehr. Lambert drückte auf Rückgabe, um die Sache noch einmal zu versuchen, doch der Automat zog das Geld mit lautem Rasseln ein und stellte sich anschließend taub. Der Idiot beschuldigte Lambert, ausländische Münzen eingeworfen zu haben, der aber wehrte sich mit dem Hinweis, dass ihm dank der Umstände gar nichts geblieben sei, was er hätte beisteuern können, woraufhin der andere ihn einen Schnorrer nannte.
    Fast wäre es in dem schummerigen Gang zum Kampf gekommen. Lambert lehnte an einem Pantoffelschrank, von dem er sich jetzt abstieß, um auf den Idioten loszugehen. Der saß auf einem der langen Bänkchen, auf denen man sich im Winter wohl die Skischuhe auszog. Wie er da unten im Halbschatten hockte, sah es aus, als würde er grinsen. Gerade als Lambert bei ihm war, gab es einen Knall – Lambert drehte sich um und sah Fe, die auf einem Fuß hüpfte und sich den anderen hielt. Sie habe, stieß sie im Hüpfen hervor, das Geld wieder herauszubekommen versucht. Der Idiot s prang auf und trat jetzt selbst gegen den Automaten, im Wechsel mit Fe. Nach einer Weile ging auch Lambert zu ihnen und beteiligte sich an der Attacke. Aber es rührte sich nichts.
    Sie setzten sich in die Liegesessel vor der Panoramaaussicht und ließen die angebrochene Margarine kreisen. Durch die Fensteröffnung zog kalte Luft herein, der Idiot hatte mit einem Ast das halbe Glas herausgeschlagen. Fe machte ihm Vorwürfe, man hätte doch auch feinfühliger hereinkommen können. Aber der Kerl zuckte nur mit den Schultern und leckte seinen Margarinefinger ab. Er habe nichts zu verlieren. Wahrscheinlich seien sie ihm wegen des Unfallwagens ohnehin auf den Fersen. Er drehte lächelnd den Kopf: »Und für eine gute Mahlzeit wäre ich zu jedem Verbrechen bereit.«
    Allmählich wurde es dunkel. Während Fe die Pferde versorgte, stellten die Männer ihre Sessel zu Liegen zusammen und rollten die Schlafsäcke darauf aus. Fe wusch sich am S pülbecken der Bar, und Lambert zerriss es das Herz, ihren nackten Oberkörper zu sehen und

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