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Was wir nicht haben, brauchen Sie nicht

Was wir nicht haben, brauchen Sie nicht

Titel: Was wir nicht haben, brauchen Sie nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dieter Moor
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wir liegen blank
     und sind auf Alarmfrequenz.
    Da schaltet sich der Verstand ein: Beide haben recht – Sommerabend in Amerika mit Techno-Party am Flugplatz. Empfehlung: Nicht
     fliehen, Nerven beruhigen, Ohren ausblenden, Augen aufsperren.
    Sonja und ich haben beschlossen, dem Techno-Monster in seine Fratze zu schauen. Wenn wir es schon hören müssen, dann wollen
     wir es auch sehen. Wir folgen dem staubigen Feldweg in Richtung einer Hecke, hinter welcher das Ende der Flugpiste liegen
     müsste. Die Hecke erweist sich als schmaler Wald. Die Sennenhündinnen trotten hinter uns her. Auch sie empfinden den Widerspruch
     zwischen den neuen, interessanten Gerüchen in diesem noch zu erobernden Revier und der stressigen Lärmkulisse.
    Linker Hand türmt sich ein dicht mit Pflanzen überwucherter |84| Erdhügel. Momo und Zora erstürmen ihn, durchschnüffeln die grüne Wildnis. Ich denke, das wird doch kein aufgeschütteter alter
     Müllberg sein? Was zum Henker interessiert die Hunde denn da so sehr? Beide haben an verschiedenen Stellen des grünen Kegels
     etwas Hochinteressantes entdeckt. Sie graben ihre dicken Schnauzen in den Bewuchs, stoßen hinein wie Trüffelschweine, ganz
     aufgeregt. Das muss ich mir näher ansehen. Ich pflüge mich durch den Miniatururwald, steige hinauf zu Momo und entdecke ein
     etwa 40   Zentimeter großes Loch, das leicht abwärtsgerichtet in den Hügel führt. Ganz eindeutig der Eingang eines Fuchsbaus. Jetzt
     verstehe ich die Aufregung.
    Momo hat in der Schweiz einmal einen toten Fuchswelpen gefunden. Sie trug ihn sorgfältig in ihrem Fang zu mir, legte ihn sanft
     vor meine Füße und schaute mich erwartungsvoll an. Ich untersuchte das junge Tierchen, aber es war bereits kalt. Momo leckte
     es ab wie eine Hundemutter ihren eigenen Nachwuchs. Wollte gar nicht mehr weg von dem Platz. Als ich sie aufforderte mitzukommen,
     trug sie das tote Fellbündel vorsichtig einige Meter weiter, legte es wieder hin und versuchte, es abermals leckend zum Leben
     zu erwecken. Sie gab erst Ruhe, als ich es aufhob und mitnahm. Schlagartig war ihr Interesse erloschen. Sie wusste, ich hatte
     das Fuchsbaby «adoptiert», und damit war sie ihre Sorge los.
    Seither fällt sie in wahre Begeisterungstaumel, wenn sie junge Füchse riecht. In dieser Höhle ist bestimmt ein frischer Wurf
     zu Hause. Ich entdecke mit Hilfe der Hunde sicher ein halbes Dutzend Eingänge, der ganze Hügel scheint ein einziger Fuchsbau
     zu sein. Wo Füchse sind, ist auch Beute, wo Beute lebt, ist die Natur intakt, denke ich. Also: Die Sandbüchse lebt!
    Wir gehen weiter in das Waldband hinein – und ich traue meinen Augen nicht. Uns entgegen kommt, völlig selbstvergessen vor
     sich hin träumend, ein riesiger Dachs. Ein wunderschönes Prachtexemplar. |85| Er bemerkt uns erst, als wir ihm sozusagen gegenüberstehen. Er erstarrt. Ist mindestens so perplex wie die Menschen und Hunde,
     die ihm den Weg versperren. Es dauert bestimmt fünf Sekunden, bis er begreift. Dann, in einer einzigen, blitzschnellen Bewegung,
     katapultiert er sich rechts ins Gebüsch   … und ist weg. Wie eine Erscheinung. Als ob es ihn nicht gegeben hätte. Aber er ist uns ganz real begegnet, denn jetzt kapieren
     auch die Hunde, wollen ihm nach. Ich pfeife sie zurück.
    «Sonja, noch nie habe ich einen Dachs in freier Wildbahn gesehen!» Ich bin begeistert. Eine mir selber unerklärliche Euphorie
     erfasst mich. Irgendwo habe ich gelesen, dass Dachse in Japan das Symbol für Gaststätten seien. Und nun läuft uns so ein prächtiger
     Meister Grimbart vor die Füße. Ist es ein Zeichen der Natur, uns hier auf ihre eigene Art willkommen zu heißen? Egal, ein
     schönes Erlebnis, so oder so.
    «Hör mal», sagt Sonja.
    «Was denn?»
    «Der Lärm ist doch wesentlich leiser als vorhin. Oder hab ich mich nur an ihn gewöhnt?»
    «Stimmt, mir kommt es auch viel leiser vor. Wahrscheinlich ist das Laub der Bäume doch ein besserer Schallschlucker, als man
     vermuten würde.»
    Und dann geschieht ein Wunder, wir erhalten ein Geschenk, das uns fassungslos macht: Stille. Stille? Nicht ganz, Mückengesumm
     ist zu hören, Zikaden, die Hunde hecheln. Also kein Gehörsturz, sondern   … die Musik hat ausgesetzt. Alle vier sind wir in der Bewegung erstarrt und warten voller Spannung, dass sie wieder einsetzt.
     Aber die Stille hält an. Dann Gejohle und Gepfeife von vielen Menschen. Es kling sehr, sehr weit weg.
    «Meine Damen und Herren, wir haben ein kleines technisches

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