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Was wir nicht haben, brauchen Sie nicht

Was wir nicht haben, brauchen Sie nicht

Titel: Was wir nicht haben, brauchen Sie nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dieter Moor
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das
     ist total scheiße, wie ihr das macht.»
    |216| «Was denn?», fragt Sonja.
    «Alles totale scheiße, alles, was ihr macht, ist scheiße, so wird das doch nie was», wettert er.
    Das trifft mich. Es trifft mich sogar sehr. Ich habe gedacht, Krüpki würde es ganz gut finden, wie wir tun. Mehr als einmal
     hat er Esel, Pferd und Weide in Augenschein genommen und nie etwas auszusetzen gehabt. Wir sind sogar ein wenig stolz darauf
     gewesen, beim Pferdegott Krüpki nicht in Ungnade gefallen zu sein. Und jetzt lässt er uns antanzen, um uns eine Standpauke
     zu verpassen?
    «Was ist los, Krüpki?», frage ich.
    «Was los ist? Alles ist los! Ich hab mir doch euer Land angesehen. Hab doch genau gesehen, wie ihr das Heu reingebracht habt,
     knapp vor dem Regen. Und dem Müsebeck haste noch geholfen, sein Heu zu pressen, das hat er mir selber erzählt. Ausgerechnet
     der Müsebeck hat ausgerechnet dich, den Eselhalter, den Schauspieler, um Hilfe gefragt, der hat doch sein Lebtag noch keinen
     um Hilfe gebeten, Mensch! Und jetzt war ich eben hinten und hab gesehen, wie schön grün und saftig das Futter schon wieder
     aufwächst.»
    «Was ist daran schlecht, Krüpki?», fragt jetzt Sonja.
    «Was daran schlecht ist? Det fragst du mich? Mensch, Mädchen, da musste doch selber draufkommen, was daran schlecht ist! Ihr
     habt gezeigt, dass ihr es könnt, verdammt nochmal. Dass ihr das gar nicht so schlecht macht, wie man das von so zwee Rotzpiepen
     wie euch erwarten würde. Und nu? Was haste denn jetzt vor, Mädel, wa? Wie geht das denn jetzt weiter bis zum nächsten Sommer?
     Willste den ganzen Winter Däumchen drehen und Esel streicheln, oder wat? Jetzt müsst ihr doch in die Hände spucken und mal
     richtig loslegen und die anderen Flächen mähen! Dein Macker gehört auf den Hürlimann ruff, der muss mähen, das ist doch sonst
     scheiße, Mensch!»
    «Aber da ist nichts mehr zu mähen, wir haben alles drin, das weißt |217| du doch.» Sonja ist jetzt tatsächlich verwirrt. Ein ihr sehr fremder Zustand. Und dass sie verwirrt ist, macht meine eigene
     Verwirrung noch verwirrender.
    «Eeeeeeben!», kräht Krüpki. «Das ist doch scheiße, Mensch! Damit könnt ihr euch doch nicht zufriedengeben, damit kommt ihr
     grade mal mit euren Gäulen über den Winter – und was ist mit den Schafen, den Rindern und dem anderen Viehzeug?»
    «Krüpki? Hallo? Wir haben nur die Gäule!» Sonja spricht jetzt ganz leise und behutsam. Krüpki ist ein Mensch mit beträchtlichem
     Blutdruck. Da kann es schon sein, dass vielleicht letzte Nacht ein klitzekleiner Hirnschlag bei ihm, unbemerkt, im Schlaf   … Tatsächlich hat seine Gesichtsfarbe von Rot zu Dunkelrot gewechselt.
    «Glaubst du, ich bin uffn Kopp gefallen, oder was?», empört er sich. «Das brauchst du mir doch nicht sagen. Sagt die mir,
     sie hat nur die Gäule! Die ist doch bescheuert, die Frau! Det ist ja die Scheiße, dass ihr nur die Gäule habt! Ihr müsst endlich
     den Finger aus dem Arsch kriegen und mehr Viehzeug anschaffen. Und was braucht man dazu, Frau Neunmalklug? Land braucht man
     dazu! Mehr Land!»
    In Sonjas Gesicht verändert sich jetzt etwas, ihre Miene verrät gespannte Erwartung. Sie fokussiert ihre ganze Aufmerksamkeit
     auf Krüpki. Dann sagt sie nur: «Das weiß ich auch, Krüpki.»
    «So, na also, nu dämmert’s endlich bei dir», stellt er zufrieden fest, «ich kann richtig sehen, wie dir die Schuppen von deine
     großen blauen Kiekern fallen. Du fragst dich, welches Land. Und hast auch schon so ’ne Ahnung, wa?»
    «Deines!», stößt Sonja hervor.
    «Kluge Frau! Vielleicht wird aus dir ja doch noch ’ne Bäuerin. Ich hab da ’n paar Hektar aufm Flugplatz, die würd ich euch
     verkaufen.»
    Ich spüre, wie mir das Blut in den Kopf schießt, meine Ohren |218| summen, mein Herz beginnt zu rasen, meine Knie werden weich. Es ist wie damals in Wien, als ich aus Neugierde ins Casino gegangen
     bin, beim Roulette auf Zahl gesetzt und mit unverschämtem Anfängerglück gewonnen habe. Ein Glücksrausch überfällt mich, fast
     falle ich Krüpki um den Hals! Wir können Land kaufen! Freudestrahlend blicke ich zu Sonja, und   … die ist völlig ungerührt.
    «Da, wo du immer die Techno-Partys hattest?», fragt sie kalt.
    «Ach, hör mir uff mit diesen Beknackten! Die müllen mir jedes Mal mein Land voll. Dabei ist es gutes Land. Ich will, dass
     das wieder gepflegt wird. Das gehört gemäht und geheut und alles. Da muss auch wieder Viehzeug druff! Oder etwa

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