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Was wir nicht haben, brauchen Sie nicht

Was wir nicht haben, brauchen Sie nicht

Titel: Was wir nicht haben, brauchen Sie nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dieter Moor
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Vorzügen als Frauenheld.
    «Wenn Rambo im Dorf ist, musste nett sein zu deiner Alten, sonst   …»
    «Rambo hat hier mehr Blutsverwandtschaft, als so mancher brave Familienversorger ahnt   …»
    «Ja, der Rambo, der hat viele Herzen gebrochen. Alle haben sie ihn wollen, aber keine hat ihn gekriegt. Zumindest nicht auf
     Dauer.»
    Es geht das Gerücht, Rambo sei sogar mit einer reiferen Lady aus der Umgebung im Heu gewesen. Sie habe so laut gestöhnt und
     geröchelt, dass der Tierarzt, der zufällig gerade im Stall zugange war, hinzugeeilt sei, in der Meinung, da kratze eine Stute
     jämmerlich an einer Kolik ab. Genau so habe es nämlich geklungen. Zu seiner Überraschung war seine Hilfe gar nicht nötig.
     Dieser zweibeinigen Stute wurde offenbar schon bestens geholfen   …
    Rambo, der Hengst   … Die männlichen Amerikaner sprechen von Rambo mit dem Respekt der Neidvollen, die älteren Frauen mit Verachtung, und die
     jüngeren Damen   … die genießen und schweigen.
    Rambo hat in Amerika zwei Kinder gezeugt. Genauer formuliert: Zwei der Kinder, die Rambo in Amerika gezeugt hat, sind offiziell. |225| Samt Vaterschaftsanerkennung und allem Drum und Dran. Wenn Rambo im Ort ist, wohnt er, der Einfachheit halber, bei der Mutter
     dieser Kinder, bei Katharina. Ob das nun als Indiz dafür gelten darf, dass es Katharina gelungen ist, Rambo zu zähmen, oder
     eher dafür, dass sie eine Liebende mit besonders großem, will sagen: tolerantem Herzen ist, sei dahingestellt, jedenfalls:
     Der saisonal bürgerliche Lebenswandel von Rambo kann seinen Ruf als Herzensbrecher in keinster Weise beschädigen.
    Das Arrangement der beiden, wie auch immer es «en detail» aussieht, beschert den Kindern jedenfalls allsommerlich einen Vater,
     der diese Rolle vorbildlich erfüllt, erzählt man sich. Ein Vater, der viel Zeit mit seinem Nachwuchs verbringt, stolz mit
     seinen Kindern durchs Dorf marschiert und ihnen, hinter Katharinas Rücken, einiges mehr «durchgehen lässt», als es dieser
     lieb gewesen wäre, wüsste sie davon.
    Wenn in einem kleinen Dorf zwei Menschen leben, über die viele Geschichten kursieren, so wie über Rambo und über Schwester
     Alma, dann kann es nicht ausbleiben, dass sich eine Geschichte des einen mit einer Geschichte der anderen überschneidet.
    So eine Schnittstelle ergab sich in jener Nacht, als Schwester Alma vom penetranten Klingeln des Telefons aus dem Schlaf gerissen
     wurde. Der Wecker mit dem Leuchtzifferblatt zeigte fast Mitternacht. Da wird wohl wieder einmal eine Kollegin überraschend
     nicht zum Dienst erschienen sein, vermutete Schwester Alma, und nun würde man sie auffordern, als Einspringerin Nachtdienst
     zu schieben. Doch was sie am anderen Ende der Leitung vernahm, war keine Dienstplandisponentin, sondern eine Kinderstimme
     in heller Aufregung. «Schwester Alma, bitte, du musst ganz schnell zu uns kommen, bitte!»
    «Was ist denn da los, um Himmels willen, warum schläfst du nicht, wo sind deine Eltern?»
    |226| «Die streiten sich so schrecklich laut. Wir können nicht schlafen.»
    «Wer seid ihr denn?»
    «Ich bin Sylvia, und das hier ist Marlon.»
    «Aha. Und wer sind eure Eltern?» «Unsere Mama ist die Katharina.»
    «Die Frau vom Rambo?»
    «Ja.»
    «Und die streiten sich jetzt?»
    «Ja, ganz doll.»
    «Aber warum ruft ihr
mich
an, was soll ich denn da tun?»
    «Die Mama hat gesagt, wenn was los ist, sollen wir dich anrufen, du hilfst. Die Nummer hat sie an das Telefon geklebt. Hilfst
     du?»
    Schwester Alma versuchte nachzudenken. Da muss es doch jemanden geben, der für solche Fälle zuständig   …
    «Schwester Alma?»
    Im Hintergrund erscholl Frauengeschrei und Männergebrüll. Das war das Signal für Schwester Alma. «Ja. Ich helfe.»
    Sie verschwendete keine Zeit mit Fragen der Zuständigkeiten, der Einmischung, der Privatsphäre und all dem Kram, der allzu
     oft als Ausrede herhalten muss für Tatenlosigkeit. Schwester Alma tat das Notwendige, um die Not zu wenden: Sie trat in Aktion.
     Wie ein Donnerwetter fiel sie in Katharinas kleines Häuschen ein, noch lauter brüllend als die Streitenden. Den überrumpelten
     Rambo bugsierte sie kurzerhand zur Tür hinaus und beschied ihm, er dürfe erst wieder über die Schwelle, wenn er sich erstens
     beruhigt habe und zweitens zur Vernunft gekommen sei. Dann krachte die Tür vor seiner Nase zu.
    Drinnen begann jetzt Katharina völlig außer sich, über Rambo herzuziehen, was für ein Hurenbeutel er sei, was für ein

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