Was wir unseren Kindern in der Schule antun
würde. Jede durch m und s definierte Normalverteilung besitzt die Eigenschaft, dass im Idealfall 68,27 Prozent der Messwerte eine Abweichung von 1s vom Mittelwert, 95,45 Prozent von 2s und 99,73 Prozent von 3s besitzen. Ergibt sich nun zum Beispiel bei einer umfassenden IQ-Testreihe für s der Wert 15, so wird daraus definitionsgemäà geschlossen, dass bei einem Mittelwert von 100 rund 95 Prozent der Bevölkerung über einen IQ verfügen, der zwischen 70 (= 100 - 2 x 15) und 130 (= 100 + 2 x 15) liegt. Dies alles gilt allerdings nur bei einer sehr groÃen Anzahl von Stichproben. Diese Methode auf kleine zu messende und vor allem heterogene Einheiten anzuwenden, ist unzulässig.
Mathematische Funktionen gelten nur für einen definierten Anwendungsbereich. Die Normalverteilung gilt für kontinuierliche Werte
im gesamten Bereich von -â bis + â. Intelligenzquotienten und Schulnoten dagegen sind diskrete Werte (einzelne ganze Zahlen), die nur in Teilbereichen auftreten: beim Intelligenzquotienten Werte ungefähr zwischen 30 und 200, bei Schulnoten in dem sehr engen Bereich zwischen 1 und 6. Die Normalverteilung hier anzuwenden kann also nur in einem kleinen Bereich eine mehr oder weniger grobe Näherung sein, und ist deshalb nicht zulässig. 12 Mit einer sehr hohen Zahl von Werten, die eigentlich gegen unendlich gehen müsste, aber mindestens über 1000 liegen sollte, lässt sich diese Unzulässigkeit wenigstens einigermaÃen ausgleichen. Auch wenn bei vielen Intelligenztests am Ende ein IQ steht, bedeutet dieser je nach Testverfahren und zugrunde liegender Intelligenztheorie jeweils etwas anderes. 13 Es gibt nicht den IQ. Zudem täuscht eine punktgenaue IQ-Berechnung eine Messgenauigkeit vor, die nicht realistisch ist.
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Erstellung eines Intelligenztests
Intelligenztests werden so gestaltet, dass sie eine Normalverteilung generieren: âDie Normalverteilung der Intelligenz ist ein idealtypisches Modell, das der Realität aufgepfropft ist, ein unbewiesener Grundsatz der Testkonstrukteure. Tests werden so konstruiert, dass die empirischen Verteilungswerte der idealtypischen Normalverteilung entsprechen. Dies ist eine mathematische Forderung an die Testkonstruktion, die dadurch erfüllt wird, dass Aufgaben, die zu einem nichtnormalverteilten Ergebnis führen, bei der Testentwicklung ausgeklammert werden. Jeder Test, der eine andere Verteilung der Ergebnisse erbringt, gilt als schlecht konstruiert; er wird als schlechter Intelligenztest über Bord geworfen.â 14
Dabei geht man folgendermaÃen vor: Zur Ãberprüfung bestimmter kognitiver Fähigkeiten werden Aufgaben und Problemstellungen verschiedener Typen entwickelt, dann zu Gruppen zusammengestellt und aus der Anzahl der gelösten Aufgaben das Leistungsniveau erschlossen. 15 Der Schwierigkeitsgrad reicht dabei von einfachen Aufgaben, die von 80 bis 90 Prozent der Bevölkerung gelöst werden, bis hin zu schwierigen Aufgaben, die nur mehr von 10 bis 20 Prozent der Bevölkerung richtig beantwortet werden. Durch die Verwendung einer gröÃeren Zahl von Testaufgaben mit breit streuender Schwierigkeit können Personen auf einem weiten Kontinuum von sehr geringer bis zu sehr hoher Intelligenz eingeordnet werden.
In den Intelligenztests sind unterschiedliche Aufgaben zudem nach jeweils anderen Aspekten zusammengestellt. Es gibt keine konkreten, objektiven Kriterien dafür, welche Fragen aussagekräftig zur Erfassung der Intelligenz sind. Es kommt darauf an, welche âIntelligenzâ aus dem groÃen Spektrum gemessen werden soll.
Intelligenztests für Kinder werden an Schulnoten validiert, das heiÃt, man orientiert sich an den Noten und wählt die Aufgaben für den Test dementsprechend aus. 16 Schulnoten stellen aufgrund der momentan praktizierten Notengebung keinen objektiven Bezugsrahmen dar, auch nicht für die Bereiche der verbalen und der mathematisch-logischen Intelligenz. 17 Es gibt also auch hier keinen objektiven MaÃstab. Würden Intelligenztests in Zusammenarbeit mit Unternehmern entwickelt, dann würden vielleicht jene Menschen gut abschneiden, die ein Verkaufstalent haben, und nicht notwendigerweise die, die gute Schulleistungen erbringen. Vorsichtigerweise sprechen Psychologen also nicht von der âIntelligenzâ einer Person, sondern von der âTestintelligenzâ. 18
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Entwicklung der Intelligenz über die Lebenszeit
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