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Was wir unseren Kindern in der Schule antun

Was wir unseren Kindern in der Schule antun

Titel: Was wir unseren Kindern in der Schule antun Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sanbine Czerny
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    Die Leistungsfähigkeit der kognitiven Fähigkeiten, um die es in Intelligenztests geht, steigt bis zum frühen Erwachsenenalter kontinuierlich an. Die verschiedenen Teilfähigkeiten zeigen dabei unterschiedliche Wachstumskurven: Am schnellsten entwickelt sich die Wahrnehmungsgeschwindigkeit, gefolgt von räumlichen und schlussfolgernden Fähigkeiten und dem Zahlenverständnis. Da sprachliche Intelligenz in der Grundschule stark trainiert wird, ist sie häufig erstaunlich früh im Alter von sieben bis acht Jahren weitgehend ausgebildet. 20 Andererseits wird das Erkennen von Gesetzmäßigkeiten bei visuellen Mustern nicht direkt geübt. Erst am Ende der Grundschulzeit haben Kinder zum Beispiel im Mathematikunterricht ausreichende indirekte Lernerfahrungen gesammelt. Die Fähigkeit der Menschen, zu denken, Schlussfolgerungen zu ziehen und Probleme zu lösen, nimmt zudem mit dem Alter zu, sie werden weise. Doch diese Fähigkeiten werden nicht durch Intelligenztests erfasst.
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    Kritische Anmerkungen zu Intelligenztests und -quotient
    â€¢ Der IQ als Zahl ist keine feste Größe. Schwerpunkt und Gewichtung der Teilbereiche unterscheiden sich in den Tests. Derselbe Mensch
kann in unterschiedlichen Tests unterschiedlich hohe IQ-Werte erzielen. Und sogar diese Werte sind bis ins hohe Alter veränderbar. 21
    â€¢ Ein gewisser Trainingseffekt kann das Ergebnis eines Intelligenztests beeinflussen. 22 Schon ein zweiter Test mit ähnlichen Aufgaben wirkt sich positiv auf das Testergebnis aus. Noch mehr Vorteile haben vor diesem Hintergrund Kinder, die vergleichbare Aufgaben schon anhand einschlägiger Lernspiele beziehungsweise Lernliteratur kennengelernt und geübt haben. Das Nachsehen haben Kinder, denen die Sicherheit im Umgang mit solchen Aufgaben fehlt, die die Sprache nicht genügend beherrschen.
    â€¢ Die Ergebnisse eines IQ-Tests sind kaum bis überhaupt nicht aussagekräftig, wenn der Proband von Stress und Prüfungsangst blockiert ist, was nicht selten der Fall ist.
    â€¢ Seit Beginn der wissenschaftlichen Intelligenztestmessung vor etwa hundert Jahren steigt der IQ pro Generation alle zehn Jahre um drei bis sieben Punkte („Flynn-Effekt“). Die Herausgeber von Intelligenztests müssen ihre Lizenzen folglich regelmäßig überarbeiten, damit der Durchschnittswert wie statistisch gewünscht bei einhundert Punkten liegt. Seit den 1990er-Jahren beobachten Psychologen jedoch eine Stagnation der IQ-Werte, teilweise sogar ein Abnehmen.
    â€¢ Aufgrund der - genau genommen - willkürlich unterstellten Normalverteilung der Intelligenz lässt sich ein zwei- oder dreigliedriges Schulsystem nicht rechtfertigen. Die Intelligenzforscher Elsbeth Stern und Aljoscha Neubauer weisen darauf hin, dass die schulische Trennung in einem Bereich der Intelligenz vollzogen wird, in dem sich die Menschen am ähnlichsten sind, „nämlich am ‚Buckel’ der Normalverteilung, also in dem Bereich, in dem die IQ-Werte sich kaum unterscheiden.“ 23
    â€¢ Wissenschaftlich unhaltbar ist es, diese Normalverteilung über einen Notenschlüssel in einer Schulklasse abbilden zu wollen. Unter statistischen Gesichtspunkten erfüllt eine Schulklasse dafür bei Weitem nicht die repräsentativen Anforderungen. Eine Normstichprobe sollte sich auf mindestens tausend Personen stützen.
    â€¢ “Eine schulische Leistungsbeurteilung, welche mit der Normalverteilungsannahme arbeitet, ist also in so vieler Hinsicht problematisch, daß man dringend von ihr abraten muß. Sie umgibt sich völlig zu Unrecht mit der Gloriole der Wissenschaftlichkeit und sollte endlich aus unseren Schulstuben verschwinden.“ 24

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    Einsatz von Intelligenztests
    In Deutschland werden Intelligenztests vor allem im Zusammenhang mit als problematisch empfundenen Schulleistungen durchgeführt, wenn angebliche Teilleistungsschwächen, Minder- oder Hochbegabung ermittelt werden sollen und eine Prognose für die weitere Schullaufbahn erwünscht ist.
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    Was macht Intelligenz aus?
    Intelligente Menschen sind nicht einfach nur in der Lage, eine größere Menge an Informationen aufzunehmen und präsent zu halten, sondern auch, diese zu sortieren und zu filtern. Dazu braucht man ein gut funktionierendes Arbeitsgedächtnis, das Informationen effizient verarbeiten kann. Nur diejenigen Informationen werden ausgewählt, die für die Bewältigung

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