Wasser-Speier
Dämonin klang inzwischen so vernünftig, daß er ihr kaum noch zu folgen vermochte.
»Im Laufe derselben Periode bist du allmählich von der mun d anischen Verschmutzung im Wasser überrannt worden, Gary«, erläuterte Mentia. »Deshalb brauchst du jetzt den Philter, um d a mit Schritt halten zu können. Möglicherweise ist auch deine Queste nur eine Folge der Zeit Ohne Magie.«
Das klang wirklich recht überzeugend. »Aber der Philter ist nur für Wasser geeignet. Wie sollen wir da einen unbekannten Zauber wiederherstellen, der früher mal den Wahnsinn in Schach hielt?«
»Genau das werden wir herausfinden müssen«, meinte Mentia. »Wir können nur hoffen, daß diese Ruinen mehr zu bieten haben als deinen Philter.«
»Mir scheinen die Ruinen ziemlich kahl zu sein«, warf Jethro ein. »Allerdings habe ich ja auch nicht nach irgendwas Bestimmtem Ausschau gehalten.«
»Das werden wir aber tun müssen«, erwiderte Iris. Sie wandte sich dem unsichtbaren Riesengesicht zu. »Danke für deine wertvo l le Hilfe in dieser Angelegenheit, Jethro. Möglicherweise bist du nämlich uns und dem ganzen Land Xanth eine sehr viel größere Hilfe, als irgendeiner je von uns je erwartet hat.«
»Hach«, machte der Riese erfreut.
Sie kletterten an seinem Arm herab und kehrten auf den Erdb o den zurück. Dann folgten sie Jethros riesiger Spur zurück ins Herz des Wahnsinns. Zwar kam es zu den üblichen merkwürdigen E f fekten und Verwirrungen, doch Gary hatte frischen Mut g e schöpft, und er wußte, daß dies auch für seine Gefährten galt.
Doch es war schon spät am Tag, und dieses Gebiet war nicht für Nachtmärsche geeignet. Also suchten sie sich eine einigermaßen ruhige Nische aus Mauernüssen, sammelten Pasteten und Säfte und bereiteten ihr Nachtlager vor.
Jedenfalls versuchten sie es. Aber schließlich war dies hier das Gebiet des Wahnsinns, und es ließ sie nicht allzu lange in Ruhe. Überraschung, die von den Ereignissen des Tages ziemlich müde war, blieb davon unbehelligt; sie schwebte einfach über den Boden und schlief tief und fest. Gary und die anderen dagegen brauchten länger, bis sie Ruhe fanden.
Die Bäume nahmen fremdartige Gestalt an und schienen in aller Stille immer näher zu rücken, wobei sie zugleich hakenbewehrte Äste ausfuhren. Gary glaubte zuerst, sich das nur einzubilden, bis ihn plötzlich ein solcher Ast am Ärmel seines Menschenkleides zupfte. Er wußte genau, daß dieser Ast vorher noch nicht so nahe gewesen war. Doch er sagte nichts, weil er keine Lust verspürte, irgend etwas aufzubauschen. Es handelte sich schließlich nicht um einen Gewirrbaum; wahrscheinlich war ja alles ganz harmlos.
Er zog seine Menschenschuhe aus, die seine Menschenzehen g e nau nach Vorschrift gezwickt hatten, und stellte sie vor sich ab. Die Schuhe stießen zwei kleine Seufzer aus, und winzige Damp f wölkchen stiegen aus ihrem Innern auf.
»Was ist das denn?« fragte Gary.
Hiatus musterte ihn. »Das sind die Seelensohlen deiner Schuhe«, sagte er. »Denen wird ziemlich unbehaglich zumute, nachdem sie den ganzen Tag dein Gewicht tragen mußten, und sie haben nur in der Nacht Gelegenheit, sich ein bißchen zu entspannen. Laß sie in Ruhe. Sie werden alle Kräfte für den morgigen Marsch brauchen.«
»Ich wußte gar nicht, daß Schuhe eine Seele haben«, meinte G a ry. »Ich dachte immer, nur Lebewesen hätten Seelen.«
»Schuhe sind etwas Besonderes«, versicherte Hiatus ihm. »Die müssen besonders hart arbeiten.«
»Genaugenommen haben nur Menschenwesen eine Seele«, e r klärte Iris. »Oder teilmenschliche Kreaturen wie beispielsweise Harpyien oder Zentauren. Die Schuhe müssen ihre Seelen wohl durch Kontaktinfektion bekommen haben.«
»Nur menschenverwandte Kreaturen haben eine Seele?« fragte Gary beunruhigt. »Was ist denn dann mit Wasserspeiern?«
»Stammt ihr irgendwie von Menschen ab?«
»Nicht, daß ich wüßte.«
»Dann habt ihr keine Seele.«
»Er muß eine Seele haben«, widersprach Mentia auf ihre vernün f tige Weise. »Weil seine Schuhe auch eine haben. Die hätten sich ihre Seele nicht durch Kontaktinfektion holen können, wenn da überhaupt nichts gewesen wäre.«
»Na ja, Gary hat ja auch Menschengestalt«, wandte Iris ein.
»Die Gestalt allein zählt nicht. Wir Dämonen können jede beli e bige Gestalt annehmen.« Sie unterstrich es, indem sie sich in einen Krötenschemel verwandelte, komplett mit einem darauf hocke n den Frosch. Der Frosch krächzte überrascht und hopste
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