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Wasser zu Wein

Wasser zu Wein

Titel: Wasser zu Wein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Chaplet
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und blühendem Raps. Und, als sie auf die Uferstraße eingebogen waren, nach Wasser. Nach dem träge fließenden Rhein. Beim Anblick des alten Hotels richtete sie sich auf. »Ich sollte mir öfter mal das Bein brechen.«
    »Oder Urlaub nehmen. Das ist gesünder.«
    »Wo wohnen wir?«
    »Dein Zimmer liegt neben meinem. Wir teilen uns den Balkon. Mit Blick auf den Fluß.« Bremer parkte und zog die Handbremse an.
    »Wie ein altes Ehepaar.« Sie legte ihm die Hand mit den rotlackierten Nägeln auf den Oberschenkel. Er lachte, half ihr aus dem Auto und reichte ihr die Krücken.
    »Und irgendwann sagst du mir auch noch, wozu du mich hier brauchst, ja?«
    Diesmal war Sebastian an der Rezeption. »Ich habe viel Platz«, sagte er, nachdem sie sich bei ihm bedankt hatte, daß es so kurzfristig noch ein Zimmer gab. »Mehr als mir lieb ist. Vor einer Stunde sind wieder zwei Gäste vorzeitig abgereist.« Er seufzte und blätterte in seinem Reservierungsbuch. Dann setzte er sein professionellstes Lächeln auf und reichte Paul die Schlüssel.
    »Willkommen, gnädige Frau.« Karen neigte den Kopf.
    »Wer war das?« flüsterte sie Paul zu, auf dem Weg zum Fahrstuhl.
    In der Tür zum kleinen Büroraum hinter der Rezeption war, kurz nur, eine kleine, dunkle Gestalt aufgetaucht und gleich wieder verschwunden. Es mußte Elisabeth Klar gewesen sein.
    »Was ist los mit ihr?«
    »Keine Ahnung!«
    »Sie wirkte – bedrückt!«
    »Das wäre kein Wunder bei dem Theater, was wir hier gestern und heute hatten.« Paul stellte sich in die Lichtschranke der Fahrstuhltür, damit Karen sich nicht beeilen mußte.
    Sie schüttelte den Kopf. »Das sah nicht nach frischem Ärger aus. Das ist schon länger da.«
    Paul hob die Schultern und ließ sie wieder fallen. »Sie machen beide keinen glücklichen Eindruck. Aber ich habe mich nicht getraut nachzufragen.«
    »Typisch Mann.«
    Paul sah sie von der Seite an. Sie ahnte, was er dachte. Er würde sich nie daran gewöhnen, wie schnell sie Menschen einschätzen konnte und was sie alles sah – im Schatten eines Augenblicks, auf einem fremden Gesicht.
    Er ließ sie auf dem Balkon zurück, wo sie, ein Glas Champagner in der Hand, auf den Rhein guckte – so ausgehungert nach Ruhe und Schönheit, wie man nur sein konnte, wenn man seit Monaten nur Akten und Gerichtssäle gesehen hatte.
    Sie mußte eingedämmert sein, denn plötzlich schrak sie auf. Irgend etwas war auf den Boden gefallen, mit einem gedämpften Quietschen. Als Karen die Augen öffnete, sah sie ins Gesicht einer schwarzweißen Katze, die ihr die spitzen Zähne zeigte und fordernd maunzte.
    »Mönch!« rief eine Stimme über ihr. Dann erschien ein Kopf über dem Geländer des Balkons schräg über dem ihren, ein Frauenkopf über einer hochgeschlossenen weißen Bluse. Eine schwarze Haarsträhne hatte sich aus dem hinter die Ohren gekämmten und gebundenen Haarschopf gelöst und fiel nach vorne, die Frau runzelte die dunklen Augenbrauen im blassen Gesicht, als sie das Tier neben Karen hocken sah.
    »Er macht, was er will. Ich komm ihn holen.« Das Gesicht über ihr verschwand.
    Wieder maunzte der Kater. Er trug ein schwarzes Käppchen auf dem weißen Kopf – daher der Name. Karen angelte sich die Krücken vom Boden und stand auf. »Mönch?« rief sie und ging zur Zimmertür. Das Tier blieb sitzen und leckte sich hingegeben das weiße Brustlätzchen. Erst als Karen die Zimmertür öffnete, galoppierte es heran, hindurch und den langen Flur hinunter.
    Elisabeth Klar, die von der anderen Richtung kam, lachte auf. »Er ist wie meine Tochter. Er hört auf nichts und niemand.« Damm stockte sie, und ihre Augen blickten ins Leere.
    »Frau Klar?« Karen war plötzlich beunruhigt.
    Endlich sah Elisabeth Klar auf und lächelte verlegen. »Entschuldigen Sie die Belästigung«, sagte sie, drehte sich um und ging die Treppe wieder hinauf.

8
    Bremer hörte die erregte Stimme Sebastian Klars schon im Flur. Der Wirt saß mit Panitz im Wintergarten. August machte ein trotziges Gesicht, während Sebastian auf ihn einredete.
    »Paul, du mußt doch zugeben, daß ich recht habe«, sagte Sebastian fast flehentlich, als Paul sich zu ihnen gesetzt hatte. »Der Tod von Alain ist schlimm genug. Aber Augusts ewige Wiederholung der alten Skandale macht uns das ganze Geschäft kaputt. Was meinst du, wie viele gestern von der Gala nach Hause gegangen sind und gesagt haben: Dieser Gastrokritiker ist an gepanschtem Wein gestorben, der große Panitz hat es doch gesagt; wir gehen

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