Wasserläufer (Aqua Stellata) (German Edition)
„Wie geht‘s?“
Lace starrte auf Tossadoris blank geputzte Schuhe.
„Was wollen Sie?“, fragte er.
Tossadori legte ihm den Arm um die Schultern.
„Reden, alter Junge“, sagte er. „Reden. Wir haben uns Ewigkeiten nicht gesehen. Lassen Sie mich überlegen. Acht Monate? Neun? Nun, ich hörte, Sie würden heute Abend hier sein und da dachte ich, es wäre nett, etwas miteinander zu trinken und über die alten Zeiten zu reden.“
„Ich will nicht über alte Zeiten reden!“
„Brian“, tadelte Tossadori. „Wie lange wollen Sie sich irgendwo vergraben? Kometenschweif! Sie sind der größte Violinist dieses Jahrzehnts!“
„War der größte Violinist “, unterbrach ihn Lace.
„Aber das ist es ja, Brian! Warum wehren sie sich nur so vehement gegen jede Hilfe?“ Tossadori zog ihn z ur Seite. „Zusammen mit ein paar alten Freunden habe ich überlegt, was wir für Sie tun könnten. Wir haben eine Klinik entdeckt, die eine perfekte Neurotransplant-Technik bietet. Dort ist alles für eine Operation vorbereitet, die Ihnen einen neuen Arm schenken wird! Es ist ein Chimäron, ein Mischprodukt aus Spendergewebe und hochwertigem Spezialkunststoff. Der Chefarzt schwört tausend Eide, dass sie diesen neuen Arm besser bewegen werden als den eigenen.“
„Nein“, sagte Lace.
Tossadori musterte ihn stirnrunzelnd.
„Du musst darüber hinwegkommen .“
Lace legte keinen Wert auf das Angebot und die plötzlich vertrauliche Anrede.
„Ich muss gar nichts“, sagte er patzig wie ein Kind.
„Natürlich, natürlich “, beschwichtigte Tossadori. „Aber wäre es nicht ein wahre Dummheit, eine solche Chance auszuschlagen? Ich weiß, wie hart dich die Sache getroffen hat. Finanziell, meine ich. Du warst nie ein sparsamer Mann. Und dann die geplatzten Verträge... Du bist am Ende, Brian! Aber mit einem neuen Arm könntest du innerhalb weniger Monate wieder spielen. Ich habe mich um ein Darlehen der Rautavaara-Stiftung gekümmert. Sie würden dir eine Art Stipendium zahlen, bis du wieder Konzerte geben kannst. Und ich selbst würde deine Lieblingssinfonie dirigieren, wenn du dein Comeback feierst: Dodonkins Zwölfte ... “
„Warum, Antonio?“, fragte Lace mit hartem Lächeln. „Warum solltest du etwas für mich tun? Du hast nie gern mit mir auf der Bühne gestanden. Du hast dich über meine kleinen Marotten lustig gemacht , und jedes deiner Interviews barg eine Spitze gegen mich.“
„Nachtragend?“, fragte Tossadori. „Ich habe eingesehen, was die Musikwelt vermisst, seit dem du dich in dein Schneckenhaus zurückgezogen hast.“
„Nachwuchs gibt es genug.“
„Aber keinen zweiten Brian Lace.“
Lace starrte ihn an. Das war entschieden zu dick aufgetragen!
Tossadori deutete sein Schweigen offenbar falsch.
„Na, siehst du“, sagte er, und es klang erleichtert. „Wir haben die Kapazität gewonnen, die für die Neurochirurgie bedeutet, was du für die Geige bedeutest, Brian. Er wird dir ein neues Leben schenken!“
Lace fröstelte. Er sagte immer noch nichts.
Tossadori faste ihn sacht um die Schulter.
„Komm! Es ist alles geklärt. Ein Expressschiff nimmt dich mit nach Elana, der fliegenden Klinik, du unterziehst dich einem präoperativen Check und dann kann Dr. Goldimer schon übermorgen die ersten Nerven implantieren.“
Lace machte sich los.
„Solltest du nicht mitbekommen haben, dass ich im Aqua-Stellata-Ausschuss sitze?“
„Ach, das “, sagte Tossadori und fuhr sich durchs Haar. „Wir haben Erkundigungen eingezogen und mit ein paar Leuten gesprochen. Es wird einfach ein Nachrücker bestimmt.“
„Der Ausschus s wird nur ein paar Wochen lang tagen. Ich könnte später auf dein großzügiges Angebot zurückkommen.“
„Brian“, sagte Tossadori ernst. „Einige Menschen haben sich sehr viel Müh e gegeben – und ich hasse es, das zu erwähnen – eine halbe Million lockergemacht, um dir eine neue Existenz zu schenken. Der Termin ist fest. Dr. Goldimer wird sonst erst wieder in ein paar Jahren frei sein.“
Lace betrachtete wieder die blitzenden Schuhspitzen des Dirigenten.
„Ich mag nicht.“
„Oh, spiel doch nicht das hochbegabte Kind!“, fauchte Tossadori. „Du musst realistisch denken! Hier bietet sich dir eine einmalige Chance!“
„In sechs Wochen, Antonio.“
„Das geht nicht“, sagte Tossadori. „Heute oder gar nicht!“ Seine Halssehnen waren gespannt wie Geigensaiten.
„Mit meinen eigenen Händen oder gar nicht“, korrigierte Lace.
„Deinen eigenen
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