Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wassermanns Zorn (German Edition)

Wassermanns Zorn (German Edition)

Titel: Wassermanns Zorn (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Winkelmann
Vom Netzwerk:
ich damals beschäftigt war.»
    Das konnte Manuela verstehen, die Arbeitsbelastung bei der Polizei war tatsächlich hoch.
    «Ich habe einen ganz furchtbaren Verdacht», sagte Manuela.
    «Und welchen?»
    «Was, wenn Stiffler damals mit den beiden Prostituierten verkehrte und der Täter sie deshalb töten wollte, beziehungsweise im Fall von Frau Hoffmann auch tötete? Vielleicht ging es vor drei Jahren schon einzig und allein um die Rache an Stiffler?»
    Nielsen setzte den Blinker und bog nach rechts in ein Wohngebiet ab.
    «Passt irgendwie nicht. Warum hat der Täter drei Jahre vergehen lassen, bis er seine Rache fortsetzte?»
    «Dafür gäbe es verschiedene Gründe.»
    Manuela zählte an den Fingern ihrer linken Hand ab.
    «Er hat Angst bekommen, weil Stiffler ihm auf den Fersen war. Er wurde krank. Er hatte einen Unfall. Oder er ist wegen einer anderen Sache hinter Gitter gelandet.»
    «Ist natürlich alles möglich», sagte Nielsen und verfiel dann in grüblerisches Schweigen.
    «Das macht dir zu schaffen, oder?», fragte Manuela, die jetzt einfach nicht den Mund halten konnte, dafür war sie viel zu aufgekratzt. Außerdem tat ihr Nielsen leid.
    Der zuckte mit den Schultern.
    «Ich kann einfach immer noch nicht fassen, was aus Eric geworden ist. Warum habe ich nichts bemerkt? Ich meine, mir war schon klar, dass er zu viel trinkt, aber ich hätte nicht gedacht, dass er ein wirkliches Alkoholproblem hat. Das hätte ich doch erkennen müssen, oder?»
    Er sah sie aus unendlich müden und traurigen blauen Augen an. Umso scheinbar harte Burschen wie Nielsen weichzukochen, bedurfte es so wenig. Nein, das stimmte nicht, es war nicht wenig. Immerhin erlebte er gerade den Zusammenbruch eines Kollegen, der einmal sein Freund gewesen war.
    «Scheißalkohol», sagte sie, weil ihr nichts anderes einfiel.
    Stifflers Haus kam in Sichtweite.
    «Weiß er, dass wir kommen?»
    «Von mir nicht, aber er wird es sich denken können», sagte Nielsen.
    Als sie auf Stifflers Haus zurollten, sahen sie ihn eilig auf seinen Wagen zulaufen, der in der Einfahrt parkte.
    «Er will weg!», rief Manuela.
    Nielsen presste die Lippen zusammen, gab Gas und lenkte den Toyota so an den Bordstein, dass Stiffler sein Grundstück nicht verlassen konnte. Der hatte eben die Fahrertür geöffnet und sah erstaunt zu ihnen herüber.
    «Bleib sitzen», sagte Nielsen und sah sie eindringlich an. «Bitte!»
    Manuela, die die Hand schon am Türgriff hatte, nickte.
    Nielsen stieg aus und warf die Tür hinter sich zu.
    Manuela beobachtete ihn dabei, wie er auf Stiffler zuging. Er trat ganz nah an ihn heran und baute sich mit seinen breiten Schultern vor ihm auf, sodass Stiffler dahinter verschwand. Manuela legte ihre Hand erneut an den Türgriff, denn es sah fast so aus, als würde Nielsen über seinen Kollegen herfallen. Das konnte sie natürlich nicht zulassen. Sie machte sich bereit, notfalls einzugreifen. Sie war mit drei Brüdern aufgewachsen und hatte gelernt, dass es hin und wieder ganz gut war, wenn Jungs sich rauften. Sie ordneten damit die Rangfolge neu, wie Hunde, und meistens war danach Ruhe. Doch Nielsen war emotional sehr aufgewühlt, Stiffler sicher auch. Und Nielsen trug eine Waffe.

28
    Neben dem gutaussehenden blonden Polizisten wirkte der andere wie ein krankes, ausgezehrtes Huhn, und unter dessen wütenden Tiraden schrumpfte er sogar noch weiter zusammen. Seine Schultern fielen nach vorn, er krümmte den Rücken und trat einen Schritt zurück.
    Wer war das? Ein Verdächtiger? Die Spur, von der Manuela Sperling gesprochen hatte? Sie selbst saß immer noch im silbernen Toyota. Warum stieg sie nicht aus?
    Frank war stinksauer gewesen, als der blonde Bulle ihn abserviert hatte, doch Manuela Sperling hatte ihm geglaubt, und in diesem kurzen Moment auf dem Gang, als sie sich in die Augen geschaut hatten, hatte Frank gespürt, dass er dieser kleinen, hübschen Polizistin vertrauen konnte. Sie hatte etwas Zähes, Kämpferisches an sich, einen unbeugsamen Willen und jede Menge Energie. Sie gefiel ihm, und die Hoffnung, dass die Polizei sich nun endlich auf die Suche nach Lavinia machen würde, hatte durch sie neuen Auftrieb erfahren.
    Im Taxi hatte er sich erst einmal beruhigen und nachdenken wollen, doch dazu war er nicht gekommen. Nur wenige Minuten nach ihm waren Nielsen und Sperling im Laufschritt zu dem silbernen Toyota geeilt und losgefahren.
    Frank war einem spontanen Impuls gefolgt und hatte sich an sie drangehängt. Die Fahrt durch die Stadt bis

Weitere Kostenlose Bücher