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Wassermanns Zorn (German Edition)

Wassermanns Zorn (German Edition)

Titel: Wassermanns Zorn (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Winkelmann
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einem der Campingplätze hatte Manuela vom äußerst gesprächigen und offenbar mit viel Zeit gesegneten Platzwart Helge Gründad erfahren, dass die breite Talniederung, in der die Seen verteilt lagen, während der Eiszeit am Rand des skandinavischen Inlandeises als eine Art Abflussrinne in Ost-West-Richtung entstanden war.
    «Die Flüsse Weser und Aller verbinden sich sechs Kilometer vor der Stadt und bilden dort ein Y. Wie alle sehen können, liegt der Fundort der Leiche genau dort, wo die beiden Flüsse zusammenfließen.»
    Sie zeigte auf die Stelle, an der aus den beiden Schenkeln des Y ein Strich wurde.
    «Bedeutet das irgendwas?», fragte Habermann.
    Manuela warf ihm einen stirnrunzelnden Blick zu.
    «Ich versuche nur, präzise zu sein», sagte sie.
    «Das wissen wir zu schätzen», mischte sich Stiffler ein. «Aber bei aller Präzision können wir die Eiszeit als nicht tatrelevant ausschließen, denke ich.»
    Habermann und Petrie konnten sich ein Grinsen nicht verkneifen, aber Nielsen blieb ernst. Er warf seinen Kollegen sogar einen warnenden Blick zu. Dieser Blick löste den Spott, der für den Bruchteil einer Sekunde Manuelas Hals wie feuchter Brötchenteig blockierte. Dank dieses Blickes schaffte sie es, ihn hinunterzuschlucken.
    «Ausgehend vom Fundort, wurde ein Radius von sechzig Kilometern festgelegt. In diesem Bereich liegen zwölf Seen. Ich selbst habe aus sechs dieser Seen Proben gezogen, die anderen sechs hat Kollege Bader von der Schutzpolizei gezogen. Allein hätte ich zwei Tage dafür gebraucht, alle Seen abzufahren, und so viel Zeit haben wir ja wohl nicht.»
    Manuela warf Eric einen Blick zu, dem er standhielt, aber sie glaubte sehen zu können, wie es in seinem Inneren brodelte. Sehr schön. Sollte er doch wütend sein. Die Herren machten sich hier einen schönen Nachmittag bei Kaffee und Kuchen, während sie draußen in der Pampa herumstreifte. Wahrscheinlich hatten sie sich während des Meetings kaputtgelacht über den Frischling. Wenn jemand Grund hatte, wütend zu sein, dann ja wohl sie.
    «Die Proben befinden sich bereits im Labor und werden mit der aus der Lunge des Opfers verglichen. Ich habe auf bevorzugte Bearbeitung gedrängt, und man hat mir versprochen, die ersten Ergebnisse würden in Kürze vorliegen.»
    Manuela nahm einen Stift und zog um den Sechzig-Kilometer-Radius einen weiteren.
    «Der Grundwasserspiegel liegt in dieser Gegend sehr hoch, sodass sich überall dort, wo in der Vergangenheit Kies oder Sand abgebaut wurde, Seen gebildet haben. Andere sind durch Quellen oder nach der Eiszeit entstanden. Erweitert man den Radius um nur zwanzig Kilometer, sind es statt zwölf schon siebzehn Seen, die in Frage kämen. Für den Täter wäre es nur eine unwesentlich längere Fahrt. Falls wir bei diesen Proben nicht fündig werden, müssten wir also weitere einholen.»
    Manuela legte den Stift beiseite und sah ihre Kollegen auffordernd an.
    «In einigen habe ich sogar schon gebadet», sagte Petrie, der mit vor der Brust verschränkten Armen und weit ausgestreckten Beinen dasaß, als sei ihm langweilig.
    «Ich auch», sagte Habermann. «Diese Seen haben echt sauberes Wasser. Früher durfte man da auch noch angeln, aber seit die Tierschützer …»
    «Warum dieser Umstand?», fuhr Manuela dazwischen. Sie hatte auf eine professionelle Diskussion gehofft. Stattdessen quatschten die Herren nur Belangloses. «Warum ertränkt der Täter das Opfer in einem See, legt es aber im Fluss ab, und dann auch noch an dieser exponierten Stelle? Ich verstehe das nicht.»
    «Ich auch nicht», sagte Nielsen. «Wir können ihn ja fragen, sobald wir ihn haben. Bis dahin müssen wir uns mit Spekulationen begnügen. Wir wissen mittlerweile, dass er sie nicht aus ihrer Wohnung entführt hat – eine Nachbarin hat sie zuletzt vor drei Tagen fortgehen sehen, und die Dame ist sich sicher, dass Frau Meyer nicht wiedergekommen ist. Hat der Täter sie am See getroffen? Unwahrscheinlich, Frau Meyer ist ja kein Zufallsopfer, sondern wurde bewusst ausgesucht.»
    «Bewusst?» Manuela war überrascht.
    Stiffler warf Nielsen einen bösen Blick zu, der ihr nicht entging. Dann sprang er auf.
    «Ach ja, das wissen Sie noch nicht. Ich war persönlich mit Frau Meyer bekannt, und wie es aussieht, will sich der Täter an mir rächen. Er war es auch, der mich über ihr Handy zum Fundort geschickt hat. Deshalb werden uns die Akten der kürzlich entlassenen Straftäter, die ich bereits angefordert habe, sicher auch eher weiterhelfen

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