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Wassermanns Zorn (German Edition)

Wassermanns Zorn (German Edition)

Titel: Wassermanns Zorn (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Winkelmann
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Frauen konnten. In Sekundenschnelle flog ihr Blick an ihm herunter und wieder hinauf, bevor sie sich wieder ihren Hosen widmete.
    «Ja bitte», sagte sie in das Regal hinein.
    «Ich suche Lavinia Wolff.»
    Sie wandte sich jetzt zu ihm um, aber mit verändertem Blick. In ihren Augen lag Unbarmherzigkeit.
    «Und warum, wenn ich fragen darf?»
    «Es ist eine Privatangelegenheit. Sie arbeitet doch hier, richtig?»
    «Hat.»
    «Bitte?»
    «Frau Wolff hat bis gestern hier gearbeitet. Sind Sie mit ihr bekannt?»
    «Äh … ja.»
    «Bestellen Sie ihr bitte einen Gruß und teilen Sie ihr mit, wir geben ihre Papiere erst heraus, wenn Sie sich zu den Fehlbeträgen der letzten Wochen in der Kasse geäußert hat.»
    «Sie arbeitet nicht mehr hier?», fragte Frank.
    «Sagte ich doch gerade.»
    «Also war sie heute auch nicht hier?»
    Die Frau verdrehte die Augen und seufzte.
    «Hören Sie, junger Mann. Ich habe hier wirklich noch anderes zu tun. Bitte richten Sie Frau Wolff aus, was ich gesagt habe. Und ich meine es ernst. Sie wird es sicher nicht auf eine Anzeige ankommen lassen wollen, nicht wahr?»
    Damit widmete sie sich wieder den Hosen.
    Frank starrte den Rücken der Frau an, dann wandte er sich ab und verließ das Geschäft. Er stand bereits draußen, als er jemanden hinter sich zischen hörte.
    «Hey.»
    Es war eine junge Frau in Lavinias Alter. Sie wirkte ausgezehrt und verhärmt und trug schlechtsitzende Kleidung. Mit einer schnellen Kopfbewegung deutete sie an, dass er ihr folgen solle. Während sie außen an der Halle entlanggingen, zündete sie sich eine Zigarette an. An der Stirnseite des Gebäudes blieb sie neben einem hohen Standaschenbecher stehen.
    «Was ist mit Lavi?», fragte sie sofort.
    «Ich bin auf der Suche nach ihr. Arbeitet Sie wirklich nicht mehr hier?»
    «Die Kropf hat sie rausgeschmissen. War ja zu erwarten.»
    «Warum war das zu erwarten?»
    «Weil die Alte einen Hass auf Lavi hatte. Keine Ahnung, warum. Und jetzt versucht sie auch noch, ihr was in die Schuhe zu schieben. Aber ich sag Ihnen was.»
    Sie zog an ihrer Zigarette, als enthielte sie lebenswichtige Inhaltsstoffe. Ihr nervöser Blick flog immer wieder zum Eingang hinüber.
    «Die greift selbst in die Kasse und hat mit Lavi jetzt ein Bauernopfer gefunden. Glauben Sie der Alten kein Wort.»
    «Das interessiert mich gar nicht», sagte Frank. «Ich will nur wissen, wo ich Lavinia finde.»
    Die magere Frau mit dem unsteten Blick schaffte es, ihn für ein paar Sekunden zu fixieren.
    «Warum suchen Sie Lavi?»
    «Weil ich mit ihr sprechen muss.»
    «Sind Sie ihr Freund?»
    «Kann man so sagen, ja.»
    Die Frau zog an ihrer Zigarette und schien darüber nachdenken zu müssen, ob sie ihm vertrauen konnte. Sie würde ihm sowieso alles erzählen. Sie war nicht der Typ Mensch, der Geheimnisse bewahren konnte. Sie brauchte nur noch einen kleinen Schubs.
    «Wir kennen uns noch nicht lange», sagte Frank, «aber ich mag sie sehr.»
    Ihre Lider flatterten, und sie lächelte. Dieses Lächeln ließ Frank für einen kurzen Moment das Mädchen erahnen, das sie früher einmal gewesen war, in besseren Zeiten.
    «Schön», sagte sie. «Lavi hat auch einen netten Typen verdient.»
    «Wissen Sie, wo ich sie finden kann? Sie ist nicht zu Hause, und ich mache mir Sorgen. Hat sie Familie in der Stadt?»
    Die Frau schüttelte den Kopf.
    «Nicht, dass ich wüsste. Sie war ziemlich einsam, glaube ich. Ist sie denn verschwunden?»
    «Ich weiß es nicht», antwortete Frank. Er fühlte sich so hilflos.
    Plötzlich riss die Frau ihre stark geschminkten Augen auf, dass Frank fast erschrak.
    «Hey! Ich habe gestern diesen unheimlichen Kerl gesehen», rief sie. «So einen Dünnen. Der ist ihr gefolgt. Saß in dem Café da drüben.» Sie zeigte zur anderen Straßenseite hinüber. «Ich stand genau hier. Ich hätte ihn vielleicht nicht bemerkt, wenn Lavi nicht dauernd Angst gehabt hätte.»
    «Wovor hatte sie denn Angst?»
    Sie zuckte mit den knochigen Schultern.
    «Wir waren ein paarmal zusammen essen und haben gequatscht. Sie fühlte sich oft verfolgt, aber da war nie einer, echt nicht. Sie hat nur gesagt, dass sie mal was Schlimmes erlebt hat und so, klang nach Vergewaltigung, keine Ahnung. Na, jedenfalls, ich hab ihr noch hinterhergerufen. Ich wusste ja nicht, warum sie so früh ging, weil ich von dem Streit mit der Alten nichts mitbekommen hatte. Sie hat mich aber nicht gehört. Deswegen habe ich den Typ ja nur bemerkt, wegen dem allen und so. Verstehen Sie?»
    «Es könnte

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