Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wassermans Roboter

Wassermans Roboter

Titel: Wassermans Roboter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang (Hrsg.) Jeschke
Vom Netzwerk:
alle zusammen eine Einheit bildeten, damit ihr Verhältnis untereinander aufrichtig und sachlich war, damit die Arbeit leichtfiel, damit die Eigenschaften der einen mit dem Charakter der anderen harmonierten. Und über diese Seite der Angelegenheit wußte keiner von ihnen recht viel. Es hieß, daß dies die schwierigste Frage sei und ihre Lösung selten einstimmig war. Selbst die elektronischen Maschinen zogen die einfache Analogie – Beispiele aus der Vergangenheit – einer direkten Analyse vor. Denn es ging letztendlich um rein menschliche Eigenschaften, und wer kennt sich da schon richtig aus? Schwierigkeiten ergaben sich bereits im ersten Stadium. Bereits das Prinzip der Zusammenstellung der Besatzung gründete keineswegs auf offensichtlichen Tatsachen. Es hieß, daß Frauen nicht nur an der langwierigen und schwierigen Arbeit teilnehmen sollten, sondern daß sie unter ganz bestimmten Bedingungen sogar die Grundlage der Besatzung bilden konnten. Diese Prämisse legte so viele Möglichkeiten der Weiterentwicklung des Verhältnisses und der Erzielung eines umfassenden Erfolges fest, daß eine Analyse nur in Einzelfällen zweckentsprechend war. Das einfache Problem, in der Lyrik als »klassisches Dreieck« bekannt, führte in Abhängigkeit von vielen nebensächlichen Bedingungen zu ausgesprochen dem Sinn nach widersprüchlichen Lösungen.
    Deshalb wurde häufig ein Kompromiß gewählt. Seinen tatsächlichen Gehalt bildete das langfristige feste Verhältnis. Während er darüber nachdachte, suchte Erto nach einfachen Worten, die das Wesentliche seiner eigenen Gefühle wiederzugeben vermochten. Ja, sie waren in gewisser Weise vorprogrammiert, konditioniert worden.
    Schestakow hat recht, dachte er. Vielleicht hatte das Schiff neben der Erforschung des Planeten noch andere Ziele?
    Wer weiß, wie viele Berichte, Hypothesen, Prognosen das Elektronengehirn geschluckt hatte, bevor die Route gewählt, bevor er, Erto, auf das Schiff gekommen war, dann zufällig Valentina, Schestakow getroffen hatte …
    Weder Welta, noch Kapitän Päl hatte er von dem Brief Schestakows erzählt. Hätte das vielleicht etwas geändert? Das Schiffsgehirn spielte seine Variante der Ereignisse, und Schestakow, so scheint es, war imstande, deren Sinn zu erraten.

 
    BESCHWINGTER MORGEN
     
    Ein beschwingter Morgen. Frühzeitiger ausgiebiger Schnee. Eine graublaue Taube stieß gegen das Fenster, schlug die kalte Scheibe ein. Der Blutstropfen auf dem Fensterbrett geronn rasch. Auf dem Eichhörnchenschwanz eines bereiften Zweiges ein himbeerroter Streifen, die Spur eines in die Freiheit entlassenen Vogels. So sehr sich die Sonne auch anstrengte, den Tag am Himmel zu beginnen, von den geweißten Dächern ging lange Zeit ein klares starkes Morgenlicht aus.
    Wer würde nicht gerne einem Vogel gleich auffliegen, um über der neu geborenen Erde zu schweben?
    Der Teller aus grünem Metall brauchte bloß der Fläche nach in Richtung der magnetischen Kraftlinien gedreht zu werden, und der Flug würde Wirklichkeit werden. Im Teller war nur ein Drittel der einst akkumulierten Energie übrig, doch auch dieses Drittel war mehr als genug für die Erfüllung des morgendlichen Wunsches. Heute mußte Erto Kosmonaut werden, mußte aufs Schiff zurückkehren, morgen würde es zu spät sein. Man hatte ihm den Teller gegeben, dessen Kraft ihn selbst in der letzten Sekunde zu ihnen zurückbringen konnte, er mußte nur wollen! Die polierte Linse sollte die letzte Versuchung sein. Wenn du willst, dann bist du im Handumdrehen auf dem Schiff, die Energie reicht gerade, um zum Startplatz zu gelangen. Du mußt nur wollen … Durch die Finsternis der Zeit taucht, so scheint es, bereits das vertraute Aquarell des Sonnenuntergangs über dem wunderschönen Meer auf …
    Die Reise würde nur kurz dauern, vorbei an grünen, gelben und blauen Sternen direkt nach Hause. Wie ein unterirdischer Zug im Tunnel würde das Schiff dahinsausen, weg von einer Welt, hin zu einer anderen, glänzenden und ersehnten. Erneut würde die Zeit stehenbleiben, sie würden sie anhalten, weil sich im blauen Feuer des Reaktors die unendlichen Raum- und Zeitbänder verbinden, zu einem leichten kristallinen Pulver werden. Auf dem Planeten würde dann das Pulver in einem Gerät, das eine Reaktion auslöst, verbrannt werden, und die leere Spur des Schiffes würde sich erneut mit dem unendlich komplizierten Leib des Kosmos und den Pulsationen seines Rhythmus füllen. Eine märchenhafte Rückkehr, ähnlich

Weitere Kostenlose Bücher