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Wassermelone: Roman (German Edition)

Wassermelone: Roman (German Edition)

Titel: Wassermelone: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marian Keyes
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einmal dran.
    »Augenblick bitte, Mr. Brennan, ich hole ihn«, sagte ich.
    Bedrückt schleppte ich mich wieder die Treppe hinauf. Sehr viel langsamer, als ich heruntergekommen war. Ziemlich geknickt ging ich wieder in Helens Zimmer. Nach wie vor dringend auf sie angewiesen.

    Sie spielte mit Kate und verlor kein Wort darüber, dass ich mich todesmutig die Treppe hinabgestürzt hatte. Eine von den angenehmen Seiten des Zusammenseins mit einem so egozentrischen Menschen wie Helen. Nur selten nahm sie irgendetwas zur Kenntnis, was nicht ihr galt.
    Dann kam Anna herein, mit wallendem Haar, Schlabberrock und zerstreutem Ausdruck. Es war schön, sie zu sehen. Unsere Wege hatten sich seit irgendwann in der letzten Woche nicht mehr gekreuzt.
    Sie stapfte in den Schuhen, die Mum das Herz brachen, über Helens flauschigen rosa Teppich und setzte sich neben uns aufs Bett.
    Aus ihrer (bestickten und mit Spiegelchen und Perlen übersäten) Tasche nahm sie etwa hundert Schokoriegel und machte sich daran, einen nach dem anderen in sich hineinzustopfen.
    So etwas hatte ich noch nie gesehen.
    Ich konnte nur annehmen, dass das irgendwie mit Drogen zu tun hatte.
    »Anna, bist du … äh … schokosüchtig?«, fragte ich und kam mir dabei ziemlich bescheuert vor.
    »Hm«, nickte sie, ihr Mund war bis zum Überlaufen mit einem Marsriegel gefüllt.
    »Besodisewe!«, sagte sie heftig gestikulierend, während Helen die Umhüllung einiger Schokoriegel abriss und den Inhalt praktisch inhalierte.
    »Besorg dir selbst welche«, brachte sie schließlich heraus, als ihr Mund einen Augenblick lang leer war.
    »Nur noch dieses Bounty und den Müsliriegel da, dann nehm ich keine mehr«, sagte Helen. Natürlich war das eine faustdicke Lüge. Anna widersetzte sich nicht. Das arme Mädchen.
    Den Rest des Abends verbrachte ich auf Helens Bett liegend, aß Schokolade, hörte halb dem gutmütigen Gezänk zwischen Helen und Anna zu und wartete im Übrigen darauf, dass Adam anrief.
    Aber dreimal dürfen Sie raten: Er tat es nicht. Spielt keine Rolle, sagte ich mir, er hat nicht gesagt, dass er anruft. Bestimmt ruft er morgen an.
    Sicher meldet er sich in den nächsten paar Tagen, versuchte ich mich zu beruhigen. Es liegt auf der Hand, dass er dich mag.
    Aber bei aller gespielten Zuversicht war mir klar, dass er nicht anrufen würde. Ich weiß nicht, warum, es war mir einfach klar.
    Offensichtlich hatte sich meine Fähigkeit, bevorstehende Katastrophen im Ansatz zu erkennen, seit mich James verlassen hatte, in gewissem Rahmen entwickelt.
    Und zweifellos hatten meine zwischenzeitlichen Erfahrungen dabei geholfen.

19
    A m nächsten Morgen ging es bei uns zu wie auf dem Londoner Hauptbahnhof.
    Helen fuhr mit einer Studentengruppe für zwei Tage nach Belfast und glaubte, ihre Reisevorbereitungen nicht nur in letzter Minute treffen, sondern auch die ganze Familie daran beteiligen zu müssen.
    Nicht Kates Quengeln weckte mich, sondern ein leises Rascheln am Fußende meines Bettes. Jemand war in meinem Zimmer und führte nichts Gutes im Schilde.
    »Wer ist da?«, gähnte ich. Es war Helen. Hätte ich mir denken können. Sie war mit einem Arm voll meiner neuen Kleider auf dem Weg zur Tür.
    Schlaftrunken setzte ich mich auf. Als einer meiner neuen Stiefel zu Boden polterte, zuckte sie zusammen und sagte schuldbewusst: »Ich dachte, du schläfst.«
    »Das sehe ich«, sagte ich trocken. »Und jetzt tu’s zurück.«
    »Blöde Ziege«, knurrte sie und warf den ganzen Stapel hin. Offenkundig hatten meine neuen Kleider die Reise nach Belfast mitmachen sollen.
    Tut mir leid, Leute, sagte ich ihnen. Ich heb euch ein anderes Mal auf.
    Helen ging nach unten in die Küche, und bald darauf hörte man den unvermeidlichen Ausbruch durchdringender Stimmen. Was war sie nur für ein Mensch? Ärger möge ihr auf allen Wegen folgen.
    Inzwischen war auch Kate aufgewacht. Sie lag in ihrem Bettchen und sah die Decke an.
    »Warum hast du nicht geschrien, Schätzchen?«, neckte ich sie. »Du hättest mich doch wecken und mir sagen können, dass mir die böse Tante Helen meine Kleider wegnehmen wollte.«
    Ich holte sie in mein Bett und hielt ihren weichen, warmen, winzigen Körper in meinen Armen.
    Wir blieben eine Weile beieinander liegen. Während wir vor uns hindösten, hörten wir eine lautstarke Auseinandersetzung undeutlich aus der Küche zu uns heraufdringen. Eigentlich müsste ich aufstehen, dachte ich. Vielleicht sagt Helen vor ihrem Aufbruch noch was über Adam. Ich drückte

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