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Wassermelone: Roman (German Edition)

Wassermelone: Roman (German Edition)

Titel: Wassermelone: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marian Keyes
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Licht. Merkwürdig, dachte ich, sonst schlafen um diese Zeit doch schon alle fest .
    Bitte, lieber Gott, mach, dass es nicht Helen ist. Bitte mach, dass sie nicht gemerkt hat, wo ich war und was ich getan habe.
    Ich war sicher, dass mir meine Untat auf der Stirn geschrieben stand.
    Vielleicht war Anna noch auf und opferte in der Küche eine Ziege oder etwas in der Art. Sie wissen schon: in blutgetränkte Bettlaken gehüllt durch den Garten tanzen, den Mond ansingen, lebenden Fledermäusen den Kopf abbeißen und Ähnliches.
    Ich ging in die Diele. Die Wohnzimmertür öffnete sich, und Mum trat heraus, im Nachthemd. Darüber trug sie ihren gesteppten rosa Morgenmantel. Sie hatte ein paar orangefarbene Lockenwickler im Haar. Dad stand im Schlafanzug hinter ihr. Beide sahen bleich und entsetzt aus, als wäre etwas Fürchterliches passiert. Das stimmte auch, wenn man mein kleines Abenteuer mit Adam so sehen wollte.
    »Claire!«, sagte meine Mutter. »Gott sei Dank, dass du da bist!«
    »Was ist los?«, fragte ich angstvoll.
    »Komm und setz dich«, sagte mein Vater und nahm die Sache in die Hand.
    Mein Magen hob sich. Etwas Schreckliches musste vorgefallen sein.
    »Ist Kate was passiert?«, fragte ich und fasste meine Mutter am Arm.
    Tausend entsetzliche Bilder schossen mir durch den Kopf. Sie war erstickt. Plötzlicher Kindstod. Man hatte sie entführt. Helen hatte sie fallen gelassen. Anna hatte sie verzaubert. Und alles meine Schuld.
    Ich hatte sie allein gelassen. Ich hatte sie hiergelassen, während ich losgezogen war, um mich mit Adam im Bett zu amüsieren. Wie konnte ich nur?
    »Nein«, sagte Mum beruhigend. »Es ist nicht Kate.«
    »Wer dann?«, fragte ich, während mir erneut Schreckensbilder durch den Kopf zogen.
    War einer meiner Schwestern etwas geschehen? Hatte ein Gangster in Chicago Margaret umgebracht? War Rachel in Prag verschwunden? Hatte Anna eine Stelle bekommen? Hatte sich Helen für etwas entschuldigt?
    »Es ist James«, stieß Mum hervor.
    »James«, sagte ich benommen und ließ mich langsam auf das Sofa sinken. »Ach du großer Gott, James.«
    James. Ich hatte nicht einmal an ihn gedacht, als mir durch den Kopf gegangen war, was jemandem, der mir nahestand, an Schrecklichem widerfahren sein könnte.
    Während ich mich mit Adam im Bett vergnügt hatte, war meinem Mann etwas zugestoßen. Was für eine Ehefrau war ich nur?
    »Was ist mit James?«, fragte ich. Beide saßen da und sahen mich liebevoll und mitleidig an.
    »Sagt es doch schon«, rief ich. »Bitte sagt es mir!« Ich war auf das Schlimmste gefasst. Während ich mich voll Leidenschaft mit einem anderen Mann im Bett wälzte, war James verunglückt.
    Natürlich war mir klar, dass mein Leben vorüber war. Mir blieb nichts als der Zölibat. Vielleicht würde ich sogar in ein Kloster gehen. Das war das Mindeste, was ich tun konnte, und meine Strafe dafür, dass ich mit jemandem ins Bett gegangen war, den ich nicht liebte.
    Ich wollte Adam nie wiedersehen, so lange ich lebte. Es war alles seine Schuld.
    Wenn ich nicht mit ihm ins Bett gegangen wäre, würde es James gutgehen.
    »Er ist hier«, sagte meine Mutter sanft.
    »Hier«, kreischte ich. »Was meinst du mit ›hier‹?«
    Ich sah mich wie wild um, als erwartete ich, dass er plötzlich im Smoking und mit glattem Lächeln hinter einem Vorhang oder unter dem Sofa hervorkam, eine brennende Zigarre in der Hand, und sagte: »Meine Frau, vermute ich.«
    »Wollt ihr damit sagen, dass er im Hause ist?«, fragte ich hysterisch.
    In meinem Kopf wirbelte es wie ein Kreisel. Warum gerade jetzt?, überlegte ich. Warum tauchte er ausgerechnet jetzt wieder auf? Und was wollte er?
    »Ach was«, sagte Mum. Es klang ein wenig verärgert. »Glaubst du, wir würden ihn hier aufnehmen, nach allem, was geschehen ist? Nein, er hat angerufen. Er ist in Dublin, aber in einem Hotel.«
    »Oh«, sagte ich. Ich glaubte, ich würde in Ohnmacht fallen.
    »Will er mich sehen?«
    »Natürlich will er dich sehen«, sagte Dad. »Aber du musst nicht, wenn du nicht willst.«
    »Jack«, sagte Mum. »Selbstverständlich muss sie. Wie wollen sie sonst regeln, was zu regeln ist? Sie muss schließlich an das Kind denken.«
    »Ich sag doch nur, dass wir sie nicht unter Druck setzen, wenn sie sich dem nicht gewachsen fühlt. Wir werden ihr helfen, so gut wir können.«
    »Jack«, sagte meine Mutter scharf. »Claire ist erwachsen und …«
    »Aber Mary«, fiel ihr mein Vater ins Wort.
    »Schluss!«, sagte ich laut.
    Ich musste die

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