Wassermelone: Roman (German Edition)
meinen Kummer für nichts und wieder nichts durchgemacht.
Dann begann mir die Neugier auf den Nägeln zu brennen. Was war mit James und Denise geschehen?
Ich hatte zwar kein Recht, Fragen zu stellen, konnte mich aber nicht beherrschen.
»Hat sie dich rausgeschmissen?«, fragte ich. Ich wollte es leichthin sagen, aber es klang einfach bitter. »Ist sie zu ihrem Mario oder Sergio oder wie er heißt zurück?«
»Nein, Claire«, sagte James und sah mich aufmerksam an. »Ich hab sie verlassen.«
»Großer Gott.« Bitterkeit strömte durch meine Poren nach außen. »Das wird bei dir ja eine richtige Gewohnheit. Ich meine, dass du Frauen sitzenlässt«, fügte ich gehässig hinzu, für den Fall, dass er es nicht begriffen hatte.
»Ja, Claire, ich hatte schon verstanden, wie es gemeint war.« Im Klang seiner Stimme schwang mit, über alldem zu stehen, aber als anständiger Kerl bereit zu sein, Nachsicht mit mir zu üben.
Ich machte einfach weiter. »Außerdem hatte ich immer gedacht, dass ein Herr anstandshalber nie öffentlich sagt, er habe eine Frau verlassen – auch wenn es stimmt.«
Meine Inkonsequenz erstaunte mich. Ich spürte, dass meine Stimme leicht hysterisch klang, konnte mich aber nicht bremsen. Ich hatte keinerlei Herrschaft über meine Gefühle.
»Ich sage nicht öffentlich, dass ich sie verlassen habe«, sagte er kurz angebunden, »sondern ich sage es dir, weil du es wissen wolltest – wenn du dich erinnerst?«
»Und warum sagst du es nicht öffentlich? Ich möchte, dass du es öffentlich sagst«, gab ich mit bedenklich zitternder Stimme zurück. »Warum soll alle Welt zwar wissen, dass du mich – und Kate – fallenlassen hast, zugleich aber glauben, das Weib hätte dir den Stuhl vor die Tür gesetzt? Warum willst du ihr die Demütigung ersparen?«
»Na schön, Claire«, sagte er, laut über meine unvernünftige und irrationale Forderung seufzend. »Wenn es dich glücklich macht, werde ich aller Welt sagen, was mit Denise war.«
»Gut«, sagte ich. Meine Unterlippe zitterte wie Espenlaub.
Es war schrecklich. Wo war nur die entspannte und gelassene Claire geblieben? Ich hatte mich so sehr um Beherrschung bemüht, wollte James nicht spüren lassen, wie stark er mich verletzt hatte, wie tief ich gekränkt war. Doch der Schmerz lag noch ganz nahe an der Oberfläche. Es fehlte nicht viel, und ich würde zusammenbrechen.
Es war alles so entsetzlich peinlich. Während ich völlig verstört war, hatte er sich und seine Gefühle in der Hand. Der Kontrast war beschämend.
»Ich muss mal auf die Toilette«, sagte ich. Vielleicht konnte ich mit etwas Abstand die Gewalt wieder über mich gewinnen.
»Warte, Claire«, sagte James, als ich aufstand. Er griff über den Tisch nach meiner Hand.
Ich schüttelte sie wütend ab. »Fass mich nicht an«, sagte ich unter Tränen.
Als Nächstes würde ich sagen: »Das Recht, mich anzufassen, hast du dir verscherzt, als du mich verlassen hast.«
Dann hörte ich mich sagen: »Das Recht, mich anzufassen, hast du dir verscherzt, als du mich verlassen hast.« Ich wusste es doch! Wer auch immer den Dialog meines Lebens schrieb, hatte früher an ganz miesen Seifenopern mitgearbeitet.
Aber es war mir ernst. Ich wollte ihm wehtun. Er sollte das gleiche Gefühl des Verlustes spüren wie zuvor ich. Er sollte sich so sehr nach einem Menschen sehnen, dass es schmerzte, sollte merken, dass er ihn nicht haben konnte. Vor allem sollte er merken, dass es seine eigene Schuld war.
Wer hat die Sache ins Rollen gebracht? Du .
»Claire, setz dich bitte«, sagte er und ließ meine Hand langsam los. Es gelang ihm, einen bleichen und verstörten Eindruck zu machen. Einen Augenblick lang hatte ich ein schlechtes Gewissen. Großer Gott, dagegen kam ich nicht an.
»Keine Sorge«, sagte ich kalt. »Ich mach dir schon keine Szene.«
Er hatte den Anstand, beschämt dreinzusehen. »Das macht mir kein besonderes Kopfzerbrechen«, sagte er.
»Ach, tatsächlich nicht?«, spottete ich.
»Nein, wirklich nicht«, sagte er. Es klang etwas geduldiger. »Claire, wir müssen miteinander reden.«
»Es gibt nichts mehr zu sagen«, gab ich mechanisch zur Antwort. Wumm! Da war es wieder. Noch mehr verdammte Klischees! Ehrlich, ich hätte sterben können. Es war richtig peinlich.
Das wäre nicht weiter schlimm, aber was ich gesagt hatte, stimmte einfach nicht. Wir mussten über ungeheuer viel reden.
»Langsam, immer mit der Ruhe«, sagte ich mir. »Wolltest du nicht ruhig und zivilisiert
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