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Wassermelone: Roman (German Edition)

Wassermelone: Roman (German Edition)

Titel: Wassermelone: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marian Keyes
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ist die Regel.
    Eine Frau trennt sich von dem Mann, mit dem sie zusammen war, sagt, sie möchte mit ihm befreundet bleiben, trifft ihn eine Woche später »zum ersten freundschaftlichen Glas«, betrinkt sich, sagt, wie komisch, dass man sich nicht einmal liebevoll berühren kann, die beiden küssen einander, die Frau hört auf und sagt: »Nein, das dürfen wir nicht«, sie küssen einander wieder, sie hört auf und sagt: »Das ist ja lachhaft«, sie küssen einander noch einmal, sie sagt: »Vielleicht nur dies eine Mal. Es ist nur, weil du mir so sehr fehlst.« Sie fahren mit dem Bus zu seiner Wohnung, schlafen praktisch imVorgarten wildfremder Leute miteinander, kaum dass sie aus dem Bus gestiegen sind, sie geht mit zu ihm, alles ist so vertraut, sie weint, weil sie weiß, dass sie nicht mehr dort hingehört. Sie gehen miteinander ins Bett, sie weint erneut, sie schläft ein, hat entsetzliche Träume, in denen die beiden in einer Minute zusammen und in der nächsten wieder getrennt sind, und wenn sie am nächsten Morgen aufwacht, wäre sie am liebsten tot.
    Alle Welt kennt diese Regel. Sie gehört zu den Hauptgrundsätzen für das Ende einer Liebesbeziehung. Adam musste schon sehr weltfremd sein, wenn er annahm, es sei ausschließlich ihm so gegangen.
    »Jedenfalls wurde Hannah schwanger.«
    »Ach je«, sagte ich mitfühlend. Er sah mich aufmerksam an. Er glaubte wohl, das sei Sarkasmus. War es aber nicht, ehrlich.
    »Wir haben darüber geredet und hin und her überlegt. Sie wollte heiraten. Ich wollte nicht, weil ich es nicht für besonders klug hielt. Ich sah keinen Sinn darin, nur deshalb zu heiraten, um dem Kind ein Elternhaus zu geben, wenn seine Eltern einander nicht mehr lieben.«
    »Hmmmm«, sagte ich unverbindlich. Theoretisch hatte er natürlich recht. Aber von Frau zu Frau tat mir die unglückliche Hannah doch leid.
    »Jetzt hältst du mich wahrscheinlich für einen absoluten Schweinehund«, sagte er und sah ein bisschen elend drein.
    »Eigentlich nicht«, sagte ich. »Ich geb dir recht, dass in einer solchen Situation mit Heiraten nichts gewonnen ist.«
    »Du hältst mich doch für einen Schweinehund«, sagte er. »Das merke ich.«
    »Tu ich nicht «, sagte ich ärgerlich. »Erzähl bitte weiter.«
    Für meinen Geschmack kam in seiner Geschichte viel zu viel Charakterentwicklung und nicht genug Handlung vor.
    »Wir überlegten, dass Hannah das Kind bekommen und zur Adoption freigeben könnte, aber das wollte sie nicht. Dann haben wir uns über die Möglichkeit einer Abtreibung unterhalten.«
    Ich konnte nicht umhin, rasch zu Kate hinüberzusehen. Ich hatte das Gefühl, dass ich unglaubliches Glück gehabt hatte, weil ich an eine Abtreibung nicht einmal hatte denken müssen, als ich merkte, dass ich schwanger war.
    »Die Lösung schien uns durchaus vorstellbar«, sagte er müde. »Aber keiner von uns beiden wollte sie.«
    »Das glaube ich«, murmelte ich und bemühte mich, das so klingen zu lassen, als ob ich ihm glaubte.
    Aber ich fragte mich: Meint der das ernst?
    Immer hatte ich den Verdacht gehabt, dass die meisten Männer in der Abtreibung eine Art Sakrament sehen, ein großzügiges Geschenk des Himmels, das ihr Leben unkompliziert und angenehm gestalten soll, eine Lösung für ärgerliche kleine Probleme wie Kinder, die sonst ihr vergnügtes Junggesellenleben durcheinanderbringen könnten.
    Natürlich gibt es auch solche, die eine Abtreibung selbstgerecht und scheinheilig als Mord bezeichnen. Das tun vor allem Männer gern, deren Freundin nicht gerade schwanger ist. Sobald aber der Frau an ihrer Seite etwas ›passiert‹ und sie ein Kind erwartet, sieht die Sache gewöhnlich ganz anders aus. Blitzschnell ist der Abtreibungsgegner-Aufkleber aus dem Heckfenster des Autos verschwunden, und ein neuer verkündet: »Mein Bauch gehört mir«, oder am besten gleich: »Ihr Bauch gehört mir.«
    Sie sind oft die Ersten, die zu bedenken geben, dass vielleicht jetzt nicht der rechte Zeitpunkt ist, ein Kind zu bekommen, und eigentlich nichts dabei ist abzutreiben. Es sei einfacher, als einen Zahn zu ziehen, und in den meisten Fällen müsse die Frau nicht einmal über Nacht bleiben. Man brauche auch keine Schuldgefühle zu haben, weil es sich in diesem Stadium noch nicht um ein Kind handele, sondern lediglich um ein paar Zellen. Sie erklären auch, sie würden mitkommen und die Frau anschließend abholen. Vielleicht werde man in ein paar Wochen gemeinsam ein Wochenende lang ausspannen, damit sie besser darüber

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