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Wassermusik

Wassermusik

Titel: Wassermusik Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T.C. Boyle
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«zurück bei all meinen Freunden, und ich   …»
    «Erzähl von die schwarzen Negerkannibaler!» ruft einer.
    «Genau!» wird dem zugestimmt. «Hamse dich gefoltert?»
    «Was is mit’m Vieh da?» erklingt eine kräftige Stimme. «Welche Sorte Rinder gibt’s denn da drüben?»
    «…   ich hatte eigentlich gar nicht vor, eine Rede zu halten», stottert Mungo in das erneute Gebrüll hinein und fühlt sich allmählich wie bei einer Wahlveranstaltung   … «Wißt ihr, im Grunde wollte ich lieber still und leise heimkommen und erst mal all meine Lieben wiedersehen   …»
    «Hoho! Immer noch der heißblütige Bursche von damals!»
    «Vor allem Ailie wird er sehn wolln, keine Frage.»
    Die Menschenmenge greift den Refrain auf, fröhlich, unbesonnen, brodelnd vor Aufregung: «Ailie! Ailie! Ailie!» – und ehe er sich’s versieht, wird der Entdeckungsreisende auf die Schultern genommen und im Triumphzug davongeschleppt. Über den Platz und die Straße hinunter, die Menge wird ständig größer, Hunde blaffen, jemand hat einen Dudelsack im Würgegriff, ein anderer schlägt die Trommel. Und immer wieder rufen die Leute: «Ailie! Ailie! Ailie!»
    Bevor er Widerstand leisten oder auch nur richtig begreifen kann, was geschieht, setzen sie ihn schon samt seinen Reisetaschen am Tor von Dr.   Andersons Haus ab, hinter ihm fünfzig bis sechzig johlende Menschen. Auf einmal schwingt die Haustür auf, und da steht sie: Ailie, mit Haube und Hauskleid, die Ärmel hochgekrempelt, und starrt fassungslos auf das Getümmel im Vorgarten. Bei ihrem Anblick legt die Menge noch einmal zu, der Jubel brandet einem emotionalen Orgasmus entgegen, ein primitiver, hysterischer Drang nach Vollendung verlangt nun, daß die beiden Hauptfiguren sich vereinigen. Arme gehen in die Höhe, der Lärm ist ohrenbetäubend, der Dudelsack spielt jetzt einen wilden Tanz, und ein großer Teil der Leute fängt an, wie toll herumzuhüpfen.
    Das Gartentor ist aufgestoßen worden. Auf Mungos Schulter liegt ein Arm, jemand gibt ihm einen sanften Schubs, und dann geht er den Pfad entlang auf sie zu, die Jubelrufe hinter ihm wie tosende Wogen am Strand. Ailie ist klein, mit seidenen Haaren, ihre Lippen und Augen glitzern wie die Hoffnung auf Wasser am anderen Ende einer weiten Wüste. Dreieinhalb Jahre, die ungezählten Nächte des heißen Verlangens und der verführerischen Träume, sein Fuß erreicht die erste Stufe, in ihrem Blick liegt nun ein neuer Ausdruck, eine Art Amalgam aus Wiedererkennen, Verletztheit und Überraschung, etwas Stolzes und Streitlustiges im Angesicht der Menschenmenge. «Ailie»,sagt er ganz leise, als er mit weit offenen Armen oben auf der Treppe anlangt.
    «Nimm sie in die Arme, Jung!»
    «Nu gib ihr schon ’n Kuß!»
    Der Lärm ist tumultartig, apokalyptisch.
    Er sieht ihr in die Augen. Ihre Augen sagen nein. Sie sagen: Ich habe zu lange gewartet. Sie sagen: Zum Teufel mit Penelope.
    Sie knallt ihm die Tür vor der Nase zu.

DER LANGE ARM AFRIKAS
    An diesem ersten Abend seiner Rückkehr betrinkt er sich. Ist total im Öl, sturzbesoffen. Jemand muß seinen Bruder Adam aus Fowlshiels holen, damit der herüberkommt und ihn heimbringt. Am nächsten Morgen erwacht er im Hinterzimmer des Zuhauses seiner Kindheit vom Getobe seiner jüngeren Brüder und Schwestern. Er hat rasende Kopfschmerzen. Seine Knochen fühlen sich hohl an. Ailie fällt ihm ein, und ihm wird übel. Plötzlich fliegt die Tür auf, seine Mutter stürzt ins Zimmer und fällt ihm in die Arme, schluchzt über ihm, als wäre er tot. In der Tür steht sein Bruder, neben ihm eine kleine, dunkelhaarige Gestalt. Einen wilden Augenblick lang denkt er, es sei Ailie   – Ailie, die alles überschlafen hat, Ailie, die zu ihm zurückgekehrt ist. Es ist Zander.
    Nach einem Frühstück aus Milchbrei, Haferkuchen, Spiegeleiern mit Speck, frischgebackenem Brot, geräuchertem Schellfisch, Kartoffeln, Zwiebeln, einem kleinen Bier und Tee (seine Mutter fand, er sähe etwas spitz um die Nase aus) schlendert er mit Zander den Pfad zum Fluß hinunter, und sie setzen sich ins tiefe Gras gegenüber von Newark Castle. Es ist warm. Die Sonne knallt mit Wucht auf die Wasserfläche, bevor sie in den Baumkronen weichgefiltert wird. Auf jedem Halm balanciert ein Grashüpfer,auf jeder Blüte sitzt ein Schmetterling. Mungo pflückt einen Heidekrautstengel und kaut darauf herum. Nach einer Weile dreht er sich zu Zander um. Bis jetzt haben sie vom Dorfklatsch geredet – wer wen geheiratet hat, wer

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