Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wasserwelten

Wasserwelten

Titel: Wasserwelten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Siegfried Lenz
Vom Netzwerk:
... Nichts.
    SIE  Warum, glaubst du, hab ich auf dich gewartet? Warum, hm?
    ER   Ich muß etwas trinken.
    SIE  Siehst du ...
    ER   Was soll denn das?
    SIE  Jetzt entsprichst du dem Bild ... Der »Fuchs der Küste« kommt nachts nach Hause und gießt sich einen ein ... Auf die Beute ... Auf alles, was gerade hinter ihm liegt ... Sie nennen dich doch »Fuchs der Küste« ... Weil – weil sie dir eben alles zutrauen.
    ER   Warum hast du auf mich gewartet?
    SIE  Sag, daß es nicht stimmt, Harry ...
    ER   Was?
    SIE  Die Sparbücher der Kinder ... Beide Sparbücher, die sie zur Taufe bekommen haben ... Sag, daß du es nicht abgehoben hast, das Geld ...
    ER   Doris ...
    SIE  Keine Erklärungen ... o Gott ... Komm mir jetztbloß nicht mit Erklärungen ... Du hast es also abgehoben ... Du hast es den Kindern weggenommen ... Hast du vergessen, was wir uns versprochen haben, damals, vor sieben, vor neun Jahren? Ihre Taufgeschenke ...
    ER   Nun hör mir mal zu. Keiner hat den Kindern was fortgenommen. Geliehen, kapierst du? Ich hab mir das Geld meiner Kinder geliehen ... Der zweite Schlepper ... Ich brauchte einen zweiten Schlepper, Doris, um das abgesprengte Vorschiff aus der Rinne zu ziehen ... Wir hatten eine Rinne ausgekolkt ... Der zweite Schlepper – sie wollten das Geld im voraus ... Die Kinder werden es zurückbekommen.
    SIE  Meine Schläfen ... Ich halt es nicht mehr aus.
    ER   Soll ich Tabletten holen?
    SIE  Nie ... das hätte ich dir nie zugetraut.
    ER   Nun mal halblang ... Ich hab doch wohl das Recht, mir bei meinen Kindern Geld zu borgen. Oder?
    In einem Augenblick, wo alles auf dem Spiel stand.
    SIE  Das ist widerlich, Harry ... Das ist so widerlich.
    ER   Sag das nicht noch einmal.
    SIE  Ich werde dir noch etwas ganz anderes sagen.
    ER   Was willst du eigentlich? Du weißt doch, wozu ich das Geld brauche ... Woran ich seit einem Jahr arbeite ... Das weißt du doch ... Herrgott noch mal, ich hatte soviel in die verdammte »Regina« investiert. Ich konnte doch nicht alles aufgeben ... Hast du mir nicht selbst zugeraten, das Wrack zu kaufen ... Denk mal dran ... Als der Mann aus Londonhier war, als er mir das Angebot für die »Regina« machte ...
    SIE  Kein anderes Bergungsunternehmen war interessiert.
    ER   Weil die keine Einfälle haben.
    SIE  Der »Fuchs der Küste« wollte es ihnen zeigen …
    ER   Ich muß dir etwas sagen, Doris.
    SIE  Wie du die Kredite zurückzahlen willst? Und alles, was Mutter uns geborgt hat? Und die beliehene Lebensversicherung?
    ER   Du hast die Photos gesehen ... Von der »Regina«, meine ich. Da auf dem Großen Sand ... Ich hab dir vorgerechnet ... Vielleicht hast du nicht zugehört ... Das Schiff tat dir leid ... das schöne Schiff, das auf den Großen Sand geraten war ... Die vierzigtausend, die ich den Londonern bezahlt hab, waren nicht zuviel.
    SIE  Mir wird übel ... Ich spüre, daß mir ganz übel wird.
    ER   Trink etwas. Soll ich dir ein Glas holen?
    SIE  Mutter hat mich gewarnt.
    ER   Wieder mal?
    SIE  Immer.
    ER   Früher hat dich auch dein Vater gewarnt ... Beide haben sie dich gewarnt ... zweistimmig.
    SIE  Sie hatten recht.
    ER   Tatsächlich? Soll ich dir wiederholen, was dein Vater mir sagte ... damals, als wir eine gute Zeit hatten? Als wir dieses Haus einweihten? ... Sei doch vernünftig,Doris ... Wir hatten sehr gute Jahre, das weißt du ... Als wir den Hafen von Riga geräumt hatten ... Die alten Linienschiffe im Skagerrak, denk mal dran ... Oder das havarierte U-Boot auf der Doggerbank ... Keiner traute sich ran. Ich hab das Boot gehoben ... Dein Vater hatte den Zeitungsbericht in der Hand ... Dort am Fenster standen wir ... Ganze Arbeit, sagte er, das war ganze Arbeit, mein Junge ... Das sagte der Mann, dem ein Lob nur alle Schaltjahre über die Lippen kam.
    SIE  Onkel Oswald vermißt seine Pfandbriefe.
    ER   Was willst du damit sagen?
    SIE  Seine Pfandbriefe sind verschwunden.
    ER   Sie verschwinden jede Woche einmal ... Die Pfandbriefe, die Sparbücher, die Brieftasche, sie spielen Versteck mit ihm. Zum Wochenende sind sie wieder da.
    SIE  Du hast dir auch von ihm Geld geliehen.
    ER   Hab ich’s dir nicht gesagt? ... Du weißt, wie unser erster Schleppversuch ausging ... Ich mußte neue Trossen kaufen. Schau, Doris, als ich das Wrack der »Regina« erwarb, da wußten wir’s noch nicht ... Wir glaubten, daß sie nur im Mahlsand festsaß ... Mit ihren sechstausend Tonnen im Mahlsand ... Hans und ich,

Weitere Kostenlose Bücher