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Wasserwelten

Wasserwelten

Titel: Wasserwelten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Siegfried Lenz
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beiden Schwestern gegeneinander ausgespielt hast ...
    Ich hab es Vater erzählt. Er war entsetzt.
    ER   Tatsächlich? Hätt’ ich ihm nicht zugetraut, dem alten Spezialisten. Er war also entsetzt ... Na, dafür wirkt er ja zum Wohle des Volkes.
    SIE  Das ist niederträchtig.
    ER   Es ist nur wahr ... Wo etwas leckschlägt, da erscheint der Retter und kauft zum Ramschpreis ... Läßt sich Staatsbürgschaften auszahlen, um bedrohte Arbeitsplätze zu sichern ... und saniert und saniert, bis Ruhe einkehrt, Friedhofsruhe. Von ihm können wir lernen, wieviel Havarien wert sind ... Mach dir nichts vor.
    SIE  Ich mache mir nichts vor ... Ich weiß nur: er hätte das nie getan.
    ER   Doris, versuch mal, ganz ruhig zu sein ... Trink etwas und hör mir zu ...
    SIE  Den Kindern wegzunehmen ...
    ER   Herrgott, nun halt doch mal die Luft an ... Entschuldige ... Du weißt nicht, wofür ich mir das Geld geliehen habe.
    SIE  Das interessiert mich nicht.
    ER   Wie soll es auch ... Dich interessiert nur, was dich selbst betrifft.
    SIE  Es gibt Dinge, die sind unantastbar.
    ER   Doris, wir hatten einen Unfall, draußen auf dem Großen Sand ... Ich hab’s dir nicht erzählt ... einen schweren Unfall ... Es lag an dieser Schlagseite ... Du hast es selbst gesehen, auf den Photos: die »Regina« hatte mehr als fünfzig Prozent Schlagseite ... Da zu arbeiten: für die Männer war es ein einziger Balanceakt ... Ich weiß nicht, Alfred hat nicht aufgepaßt ... Vielleicht war er auch zu erschöpft ... Er rutschte über die ganze Bordwand ab, da, wo das Bergungsschiff vertäut war ... Die Dünung, alsdie Dünung das Bergungsschiff hochtrug ... Alfred wurde eingeklemmt, zwischen den Bordwänden.
    SIE  Alfred?
    ER   Ja.
    SIE  Ist er tot?
    ER   Er wird wohl ein Bein verlieren.
    SIE  O Gott ... Er hat doch gerade erst geheiratet.
    ER   Er ist nicht versichert ... Die beiden haben keine Versicherung abgeschlossen ... Sie hängen einfach in der Luft.
    SIE  Warum hast du mir nichts gesagt?
    ER   Wann denn? Ich hatte keine Zeit ... Alfreds Frau: ich brachte ihr das Geld, fürs erste ... Dann bin ich rausgefahren. Sie warteten draußen auf mich. Wir wollten das Vorschiff der »Regina« absprengen. Es war meine Sache, die Sprengladungen anzubringen unter Wasser ... Du weißt, das war immer meine Sache.
    SIE  Aber du bist doch bei Alfred gewesen?
    ER   Morgen ... morgen werde ich zu ihm gehen ... Der ägyptische Reeder drängte ... Nach all der Zeit, was sollte ich tun nach all der Zeit? Wir mußten mit der »Regina« fertig werden.
    SIE  Ist das wahr, Harry? Ist das wirklich wahr?
    ER   Wir hingen doch alle von ihm ab, von dem Wrack ... Zuletzt ...
    SIE  Ich schaff es nicht, Harry. So kann es nicht bleiben.
    ER   Es ist nicht immer so.
    SIE  So kann es nicht weitergehn ... Du spielst deinSpiel, und wir, wir alle tragen dein Risiko ... Sieh mal ...
    ER   Was?
    SIE  Meine Hand ... Wie sie zittert ... Seit Wochen dies Zittern ... Warum hast du nicht aufgegeben? ... Wann, wann wirst du einsehen, daß du dich übernommen hast ... daß du dich immer übernimmst?
    ER   Immer? Denk an den Fischkutter ... Wer hat geklatscht vor Begeisterung? ... Du warst doch dabei, als ich ihn gehoben hab, als er gehorsam aufschwamm mit all der Luft in den abgedichteten Hohlräumen ... Es war meine Idee ... Wer hat da geklatscht vor Begeisterung? ... Siehst du! ... Und für die »Regina« ... Ich wußte von Anfang an, daß ich das Schiff vom Mahlsand wegbekomme ... Für die »Regina« hatte ich auch meinen Plan; für ihr Vorschiff.
    SIE  Harry, begreif doch. Es geht um etwas anderes ... Ich halte das nicht mehr aus.
    ER   Aber zuerst ... als wir anfingen, da ging es doch.
    SIE  Der Einsatz – er war nicht so hoch. Du hast den Einsatz ständig erhöht, immer mehr. Ich kann ihn nicht mehr mittragen.
    ER   Und? Was heißt das?
    SIE  Wenn es so weitergeht ... Wir werden uns trennen müssen, wenn es so weitergeht.
    ER   Kommt man darauf, wenn man allein sitzt im Dunkeln?
    SIE  Ich meine es ernst.
    ER   Ach, Doris.
    SIE  Etwas muß sich ändern, Harry.
    ER   Halt mal das Glas. Ich muß den Kragen aufmachen.
    SIE  Ist dir nicht gut?
    ER   Heiß, mir ist nur heiß.
    SIE  Wir müssen uns entscheiden, Harry ...
    ER   Wie sich das anhört: Wir müssen uns entscheiden ... Als ob wir die Wahl hätten ... eine beliebige Wahl …
    SIE  Du willst doch auch nicht, daß wir nebeneinanderher leben.
    ER   Doris, es gibt keine

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