Watch Me - Blutige Spur (German Edition)
glaubt.“
„Menschen ändern sich nicht, Sheridan! Er hat nicht denselben Hintergrund und Glauben wie du.“
Es hatte keinen Zweck. Nichts, was sie sagen würde, könnte im Geringsten etwas ändern. Sie könnte ihren Eltern sagen, dass er ihr das Leben gerettet hatte, dass er ihr in den schwersten Stunden beigestanden hatte, sie vor allem in Schutz nahm, selbst vor Spott und Hohn. Aber er ging nicht zur Kirche, also zählte alles andere nichts.
Mit einer Sache hatten sie allerdings wahrscheinlich recht: Selbst wenn Sheridan sich auf Cain einließe, würde ihre Beziehung nirgendwohin führen. Er war kein Mann zum Heiraten. Er gehörte nach draußen in den Wald, allein mit seinen Hunden. „Ich muss auflegen“, sagte sie. „Ich melde mich wieder.“
„Du kommst also nach Hause?“, fragte ihre Mutter.
Hatte sie sich irgendwie unklar ausgedrückt? „Nicht ehe ich denjenigen gefunden habe, der mich verletzt hat.“
„Das kann Tage dauern. Wochen.“
„Vielleicht findest du ihn gar nicht“, warf ihr Vater ein.
„Ihr meint also, ich soll ihn einfach davonkommen lassen?“
Stille. Natürlich wollten sie das nicht. Ihre Eltern legten großen Wert auf Gerechtigkeit.
„Wenn er gefasst worden wäre, nachdem er Jason umgebracht hat, wäre das nie passiert“, fügte sie hinzu.
„Du weißt doch nicht einmal, ob es dieselbe Person war.“
„Es muss so sein. Es wäre ein zu großer Zufall, wenn zwei Leute es auf mich abgesehen hätten.“
„Also gut. Aber kannst du nicht bei einer Frau wohnen?“, fragte ihre Mutter.
„Bei welcher Frau?“
„Bei einer von deinen alten Schulfreundinnen.“
„Lauren Shellinger ist kurz nach uns weggezogen, und sie ist die Einzige, die ich gefragt hätte. Ihr habt mir schließlich nicht erlaubt, den Kontakt zu meinen alten Freundinnen zu halten.“
„Der Therapeut hat gesagt, wir müssten einen klaren Strich ziehen.“
So viel dazu. Jetzt war sie wieder in Whiterock, und nichts hatte sich verändert. Selbst die Anziehungskraft, die sie auf Ärger auszuüben schien.
„Ich wette, Pastor Wayne würde dir ein Zimmer anbieten“, sagte ihre Mutter. „Wir tauschen immer noch jedes Jahr Weihnachtsgrüße aus.“
Pastor Wayne war wahrscheinlich derjenige, der ihrer Mutter verraten würde, dass Sheridan mit sechzehn Jahren ihre Jungfräulichkeit an Cain verloren hatte. „Ich werde darüber nachdenken, Mom. Wünsch Leanne alles Gute mit dem Baby.“
„Mach ich.“
„Du hast uns einen solchen Schrecken eingejagt“, murmelte ihr Vater.
„Das tut mir leid, Dad.“
„Ich bin nur froh, dass es dir gut geht, Liebling.“
Ihre Mutter ergriff erneut das Wort. „Wir melden uns, sobald Leannes Wehen anfangen.“
„Danke. Ich liebe euch beide“, erwiderte Sheridan und legte auf. Dann saß sie schweigend da. Wie sollte sie jemanden fassen, der bereits nach einem Mord ungeschoren davongekommen und zwölf Jahre lang unbehelligt geblieben war, wenn sie noch nicht einmal allein laufen konnte?
Hatte sie das, was sie bei The Last Stand über Polizeiarbeit gelernt hatte, zu hoch bewertet?
Zweifel war ein ebenso großer Feind wie Angst. Sie musste tun, was sie konnte, und sich irgendetwas einfallen lassen, um den Täter hervorzulocken. Das schuldete sie Jason, Cain und sich selbst.
„Kommst du wieder her?“, rief sie.
Cain antwortete nicht. Vorsichtig, um nicht zu fallen, ging sie ins Wohnzimmer, wo er am Fenster stand und durch die Jalousien hinausspähte.
„Was ist los?“, fragte sie.
„Da draußen ist jemand.“
„Warum schlagen die Hunde nicht an?“
„Das möchte ich auch wissen“, sagte er. Dann verschwand er in seinem Zimmer und kehrte mit einem Gewehr zurück.
Amy hatte Hundekuchen in ihrer Tasche, aber sie brauchte sie gar nicht. Soweit sie erkennen konnte, waren Cains Hunde nicht in ihrem Zwinger. Sehr gut. Bevor Sheridan angegriffen worden war, hatte sich Cain keine besonders große Mühe gegeben, jedes Mal sofort nachzusehen, wenn seine Hunde bellten. Dazu gab es hier in der Gegend zu viele Waschbären, Stinktiere und Opossums. Doch jetzt war er wesentlich wachsamer.
Die ständige Eifersucht, mit der Amy lebte, versetzte ihr einen Stich, als sie daran dachte, wie gewissenhaft Cain sich um Sheridan kümmerte. Gerade heute Morgen erst hatte Mary Martinez ihr erzählt, dass sie ihre Katze zu Peter Smoot bringen musste, weil er sich eine Woche frei genommen hätte.
Cain nahm sich niemals frei, weil sein Job kein gewöhnlicher Job für ihn war. Es war
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