Watersong - Wiegenlied: Band 2 (German Edition)
ein, dass sie es mitgenommen hatte. Es lag noch in der obersten Schublade ihrer Kommode im Haus der Sirenen, versteckt unter ihren Kleidern.
Harper klopfte leise an Gemmas offene Tür und sie drehte sich zu ihrer Schwester um. Alex war nach ihrer Ankunft gleich nach Hause gegangen. Gemma wollte sich eigentlich nicht von ihm trennen, aber Harper wies sie darauf hin, dass sie die vergangenen elf Stunden miteinander verbracht hatten und ihr Vater bald von der Arbeit nach Hause kommen würde. Er machte Überstunden als Ausgleich für den Urlaub, den er sich letzte Woche genommen hatte. Vor sieben Uhr war nicht mit ihm zu rechnen.
» Wie fühlt es sich an, wieder hier zu sein?«, fragte Harper.
» Ziemlich seltsam, ehrlich gesagt«, gestand Gemma. » Aber ich bin froh, dass ich wieder zu Hause bin.«
Harper lächelte und kam ins Zimmer. » Ich auch.«
» Und was genau ist jetzt der Plan?«, fragte Gemma. » Oder wolltest du mich erst mal nur finden?«
» So ungefähr.« Harper lehnte sich neben dem Schrank an die Wand. » Ich hatte ehrlich gesagt darauf gehofft, du hättest ein paar Ideen. Alex und ich haben wie die Verrückten recherchiert, aber über Sirenen haben wir so gut wie nichts gefunden.« Sie legte eine Pause ein. » Du bist doch eine Sirene, stimmt’s?«
» Ja, das bin ich.« Gemma seufzte abgrundtief. » Genau wie Penn, Thea und Lexi.«
» Und was genau bedeutet das?«, fragte Harper. » Ihr verwandelt euch in Meerjungfrauen oder in Vogelmonster wie Penn. Und ihr könnt durch euren Gesang Menschen in euren Bann schlagen.«
» Unter anderem, ja.« Gemma senkte den Blick. Sie wollte es Harper nicht allzu genau erklären, zumindest nicht gerade jetzt. Denn dann hätte sie ihr auch von dem Fluch erzählen müssen. Und davon, dass sie morden musste, um zu überleben.
» Für Erklärungen haben wir später noch Zeit«, sagte Harper, der Gemmas Zögern aufgefallen war. » Du solltest wahrscheinlich duschen und dich ein bisschen ausruhen, bevor Dad nach Hause kommt.«
» Danke.« Gemma lächelte sie matt an.
» Wir haben später doch noch Zeit, oder nicht?«, hakte Harper nach. » Wie lange, glaubst du, wird es dauern, bis die Sirenen dir hierher folgen?«
» Ich hab keine Ahnung«, sagte Gemma aufrichtig.
Sie dachte daran, wie sie vor ein paar Tagen in die Stadt gefahren war und Jason getötet hatte. Sie war stundenlang fort gewesen und hatte obendrein Sawyers Auto geklaut. Aber als sie zurückgekehrt war, hatten die Sirenen und Sawyer kein großes Aufheben darum gemacht.
Da Gemma ihre Sachen zurückgelassen hatte, würden sie wahrscheinlich nicht davon ausgehen, dass sie abgehauen war. Also würde es noch eine Weile dauern, bis sie die Suche nach ihr begannen. Und außerdem wussten sie nicht, wo sie sich befand. Wahrscheinlich würden sie recht schnell herausfinden, dass sie nach Capri zurückgekehrt war. Aber sie würden Gemma sicherlich erst in ein paar Tagen folgen. Solange würden sie davon ausgehen, dass Gemma zu ihnen zurückkehrte, da sie ja wusste, welche Konsequenzen ihre Flucht haben würde.
Aber irgendwann würden die Sirenen sie finden. Sie mussten es tun, denn zu dem Fluch gehörte, dass sie sich nicht voneinander entfernen durften.
Wenn die Sirenen Gemma nicht fanden, würde sie innerhalb weniger Wochen sterben. Und falls die Sirenen sie nicht schnell genug ersetzen konnten, würden auch Penn, Thea und Lexi ihr Leben verlieren.
» Ich schätze, wir haben ein paar Tage«, sagte Gemma schließlich. » Höchstens eine Woche. Aber nicht mehr. Sie werden mich finden und dann nehmen sie mich mit.« Sie schluckte heftig, als sie die Worte ausgesprochen hatte. » Und wenn wir bis dahin keinen Weg gefunden haben, um den Fluch zu brechen, muss ich mit ihnen gehen.«
» Wir werden einen Weg finden, Gemma«, versicherte Harper, und Gemma wünschte, sie könnte die Zuversicht ihrer Schwester teilen. » Aber jetzt dusch erst mal und zieh dich um. Bald kommt Dad nach Hause.« Sie drehte sich um und ging zur Tür.
» Was soll ich ihm sagen?«, fragte Gemma unsicher. » Ich kann ihm ja wohl kaum erzählen, dass ich jetzt eine Sirene bin, oder?«
» Nein.« Aber Harper wirkte ebenfalls unsicher. Sie runzelte die Stirn und schüttelte dann den Kopf. » Nein. Das würde ihm nichts nützen. Er würde sich bloß schreckliche Sorgen machen und helfen könnte er dir auch nicht.«
» Was soll ich ihm dann sagen?«, fragte Gemma.
» Sag ihm einfach… Ich habe ihm gesagt, du seiest mit Penn mitgegangen,
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