Watersong - Wiegenlied: Band 2 (German Edition)
wenn er ihr so nahe war.
» Alles okay?«, fragte Daniel mit einem verwirrten Stirnrunzeln, als sie von ihm zurückwich.
» Der Flyer!«, verkündete Harper erleichtert, als es ihr wieder einfiel. » Ich wollte den Flyer von deinem Boot reißen.«
Die Hälfte des Flyers hatte sie auch tatsächlich abgerissen. Aber bei dem Versuch, sich am Boot festzuhalten, hatte sie das Stück Papier ins Wasser fallen lassen. Wahrscheinlich schwamm es gerade aufs offene Meer hinaus.
» Meinst du die Suchmeldung für Gemma?« Daniels Miene wurde noch verwirrter. » Du bist hergekommen, um das Ding von meinem Boot zu reißen? Woher wusstest du denn, dass ich einen aufgehängt hatte?«
» Das wusste ich nicht.« Harper lehnte sich gegen die Reling hinter sich und versuchte, möglichst viel Abstand zu Daniel zu halten. » Ich hatte ihn gerade erst entdeckt und wollte ihn abnehmen. Dabei bin ich ausgerutscht und jetzt stehen wir hier.«
» Das ist richtig«, nickte Daniel, und auf seinem Gesicht breitete sich ein amüsiertes Lächeln aus. » Die Frage ist nur, warum sind wir hier?«
» Ich habe versucht, dich anzurufen, und du bist nicht rangegangen«, erklärte Harper. » Ich dachte, dass dir vielleicht… keine Ahnung. Dass dir etwas passiert ist.«
» Du hast dir Sorgen um mich gemacht?« Er ging auf sie zu und sein Lächeln wurde breiter.
» Ja, und?«, sagte Harper gespielt lässig. » Ich mache mir eben schnell Sorgen. Es passieren gerade eine Menge irrer Sachen. Es ist total nachvollziehbar, dass ich mir Sorgen mache. Ich mache mir eine Menge Sorgen. Das ist nichts Besonderes. So bin ich eben.«
Eine weitere Welle schwappte gegen das Boot, und da Harper sich an die Reling gelehnt hatte, fiel sie beinahe hintenüber. Sie fing sich in letzter Sekunde, aber Daniel packte sie zur Sicherheit trotzdem am Arm.
» Ich schlage vor, wir gehen rein und reden drin darüber, wie normal es für dich ist, dir Sorgen zu machen«, sagte er. » Dort ist das Risiko geringer, dass du doch noch über Bord gehst.«
» Okay, klar.« Harper löste sich von der Reling und folgte Daniel unter Deck.
Das entsprach leider gar nicht ihrem ursprünglichen Plan, der darauf basiert hatte, dass sie das Boot nicht betreten und auf gar keinen Fall mit ihm in die Kajüte gehen wollte. Aber es war besser, als an Deck zu bleiben, da das Boot so schwankte, dass er sie ständig auffangen musste.
Als Harper die Kajüte betrat, fiel ihr sofort auf, dass der winzige Raum viel aufgeräumter wirkte als beim letzten Mal. Am Fußende des Bettes lag ein Stapel ordentlich gefalteter Kleidungsstücke und das Bett war tatsächlich gemacht. In dem winzigen Ausguss stand eine leere Flasche, aber das war auch schon alles an Unordnung.
» Also?« Daniel lehnte sich gegen den kleinen Esstisch, der von gepolsterten Bänken umrahmt war. » Du sagtest, du machst dir Sorgen um mich?«
» Nein. Ich habe nur gesagt, dass es ganz normal ist, dass ich mir in unserer Situation allgemein viele Sorgen mache.« Harper setzte sich aufs Bett, denn so war sie am weitesten von ihm entfernt.
» Warum bist du nicht ans Telefon gegangen?«
» Ich habe geschlafen«, erwiderte Daniel. » Gestern hab ich ziemlich lange im Auto gesessen und war ungefähr vierundzwanzig Stunden lang wach. Aus unerfindlichen Gründen hat mich das sehr müde gemacht, also habe ich seit meiner Rückkehr eigentlich nur geschlafen.«
» Sorry.« Harper strich eine Falte in seiner Tagesdecke glatt. » Und danke dafür, dass du mitgekommen bist. Und auch für alles andere, was du für mich und Gemma getan hast. Du warst mir wirklich eine große Hilfe und das bedeutet mir sehr viel.«
» Wie schaffst du das bloß immer wieder?«, sagte Daniel vorwurfsvoll, und sie sah zu ihm auf. Er starrte mit geschürzten Lippen aus dem Fenster.
» Was?«
Er schüttelte den Kopf und lächelte schief. » Du sagst etwas Nettes, das eigentlich ein Kompliment sein sollte, und aus deinem Mund klingt es wie eine Beleidigung.«
» Was war denn daran beleidigend?«, fragte Harper empört. » Ich habe mich gerade bei dir bedankt!«
» Genau!« Er hob die Hand, das traurige, schiefe Lächeln immer noch im Gesicht. » Du dankst mir, aber ich weiß genau, dass da noch ein ›aber‹ nachkommt.« Er änderte seinen Tonfall in ein schrilles Falsett, das wahrscheinlich Harper nachahmen sollte. » Vielen Dank für deine Hilfe, Daniel, aber eigentlich bist du ein Arsch.«
» Das habe ich nie gesagt!«, schoss Harper zurück. Es machte sie
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