Watersong - Wiegenlied: Band 2 (German Edition)
davon überzeugt gewesen, dass Liebe zwischen einem Mann und einer Sirene ein Ding der Unmöglichkeit war. Und Gemma hatte gelernt, Thea zu vertrauen. Sie bezweifelte, dass die Sirene sie aus purer Bosheit angelogen hätte.
Deshalb neigte Gemma zu der Ansicht, dass die Sirenen sich einfach getäuscht hatten. Und wenn sie diesen wichtigen Aspekt des Fluchs falsch einschätzten, worin hatten sie sich dann noch getäuscht?
Gemma hätte ihre Überlegungen gerne mit Harper besprochen, aber sie fand keine Gelegenheit dazu. Nach ihrem Besuch bei Nathalie hatte sie den Rest des Samstags mit Brian verbracht und keine Zeit für ein ausführliches Gespräch mit ihrer Schwester gehabt.
Außerdem war Harper heute so vollauf damit beschäftigt gewesen, sich auf ihr Date vorzubereiten, dass Gemma ihr die Vorfreude nicht verderben wollte. Sie würde morgen mit Harper reden. Wahrscheinlich würde es ihr selbst auch guttun, sich einen Abend lang zu entspannen und einmal nicht pausenlos über Flüche und Sirenen nachzugrübeln.
Gemma klaute sich Harpers E-Reader und legte sich auf ihr Bett. Ihre Schwester hatte einen völlig anderen Lektüregeschmack als sie, also verbrachte Gemma viel Zeit damit, den Index zu scannen und genervt zu seufzen.
Wenigstens hatte Harper die Musikzeitschrift Spin abonniert, also las Gemma eben die. Sie lag auf dem Rücken, ein Bein übers Knie geschlagen, summte vor sich hin und las einen Artikel über Florence & the Machine.
Dann plötzlich traf es sie wie ein Blitzschlag, als habe jemand sie in den Bauch geschlagen und ihr die Luft aus den Lungen gepresst.
Abrupt setzte sie sich auf und sagte im Brustton der Überzeugung: » Sie sind hier.«
Gemma sprang vom Bett. Ihre Gedanken überschlugen sich, während sie fieberhaft überlegte, was sie jetzt tun sollte. Die Sirenen waren zwar noch nicht in ihrem Haus, aber sie waren zurück in Capri. Und das wusste sie nicht allein wegen ihrer Verbindung zu den Monstern, auch wenn diese zu ihrer Überzeugung beitrug.
Gemma wusste es, weil Harper es wusste. Anders konnte sie es sich nicht erklären. Wenn Harper in ernstlichen Schwierigkeiten steckte, spürte Gemma das einfach. Und umgekehrt spürte Harper, wenn Gemma in Gefahr schwebte. Wahrscheinlich hatte Harper so auch herausgefunden, dass Gemma in Sawyers Strandhaus wohnte. Zwischen den beiden Schwestern gab es eine starke seelische Verbindung, so war es schon immer gewesen. Ob es sich um Intuition oder eine Art übersinnlichen Bund handelte, wusste Gemma nicht, und es war ihr auch egal. Aber jetzt spürte sie es eindeutiger als je zuvor. Es mochte daran liegen, dass sie jetzt eine Sirene war, denn das schien alle übernatürlichen Fähigkeiten, die sie vielleicht bereits vor ihrer Verwandlung besessen hatte, noch zu verstärken. Sie wusste, dass sie ihrem Instinkt vertrauen konnte, und in diesem Moment sagte er ihr, dass Harper die Sirenen entdeckt hatte. Falls sie jetzt noch nicht in Gefahr schwebte, würde sich das bald ändern.
Als Gemma von zu Hause weggelaufen war, hatte sie ihr Handy hiergelassen. Brian hatte ihr zwar gedroht, es sperren zu lassen, als sie wiedergekommen war, aber glücklicherweise hatte er das noch nicht getan. Gemma schnappte sich das Telefon und rief Harper an, erreichte aber nur die Mailbox.
Das musste noch nichts bedeuten. Es dämmerte bereits und das Feuerwerk würde bald anfangen. Wahrscheinlich war es am Strand so laut, dass Harper das Klingeln nicht hörte.
Trotzdem musste Gemma etwas unternehmen. Und das bedeutete, dass sie sich aus dem Haus stehlen musste, ohne dass Brian etwas merkte.
Das stellte sich als einfacher heraus als erwartet. Er hatte heute bereits ein paar Bier getrunken und döste in seinem Lieblingssessel vor dem Fernseher. Wenn das Feuerwerk losging, würde er allerdings aufwachen und sicher gleich bemerken, dass Gemma nicht mehr da war.
Aber darüber konnte sie sich jetzt keine Sorgen machen. Sie musste schleunigst hier raus.
Leise ging sie die Treppe hinab, eilte dann in die Küche und verließ das Haus durch die Hintertür. Kaum stand sie draußen, da rannte Alex bereits aus der Hintertür seines Hauses und kam auf sie zu. Gemma fluchte halblaut.
» Was hast du vor?«, fragte Alex besorgt. » Wo gehst du hin?«
» Die Sirenen sind hier«, sagte Gemma.
» Wo?«, Er drehte sich einmal um sich selbst, als erwarte er, sie in den Büschen lauern zu sehen.
» Ich weiß es nicht. Wahrscheinlich an der Bucht«, sagte Gemma. » Harper ist mit Daniel
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