Watersong - Wiegenlied: Band 2 (German Edition)
folgte ihrem Rat und drängte sich vor Harper in Richtung des Wäldchens durch die Menge.
Harper wurde bewusst, dass sie ihn gerade dazu gebracht hatte, in genau den Wald zu gehen, in dem sie Lukes Leiche gefunden hatte. An diesem Ort entsorgten die Sirenen ihre Opfer, also musste er ihnen bekannt sein. Aber es war der schnellste Weg, um nach Hause zu gelangen. Und alles andere war Harper egal. Sie wollte nur so schnell wie möglich nach Hause und ihre kleine Schwester beschützen.
Sie hatten kaum den Trampelpfad erreicht, der durch das Wäldchen führte, da tauchte Penn vor ihnen auf. Sie trat hinter einem Baum hervor und verstellte ihnen den Weg. Im Dämmerlicht glühten ihre Augen gelb.
» Wo wollt ihr beide denn so eilig hin?«, fragte Penn in einem so sanften, schnurrenden Tonfall, dass Harper beinahe vergaß, wie sehr sie sie hasste und fürchtete. » Das Feuerwerk findet doch da hinten statt. Ihr wollt die Show doch sicher nicht verpassen, oder?«
» Nein, ich will…« Harper runzelte die Stirn, denn einen Augenblick lang wusste sie nicht mehr, was sie eigentlich tun wollte. Dann besann sie sich. » Ich gehe und du kannst mich nicht aufhalten.«
Sie hielt sich noch immer an Daniels Hand fest und lief weiter. Aber Penn stellte sich ihr erneut in den Weg.
» Lass mich vorbei«, sagte Harper so entschlossen wie möglich.
» Oder was?« Penn grinste. » Was willst du dagegen machen?«
» Harper, lass uns einfach zurückgehen«, schlug Daniel vor.
Penns Augen glühten auf, als sie ihn sprechen hörte, und sie drehte den Kopf in seine Richtung. Harper ließ seine Hand los und stellte sich vor ihn, zwischen ihn und Penn.
» Ich weiß noch nicht, was ich tun werde«, gab sie zu. » Aber wir werden nicht zulassen, dass ihr meine Schwester holt.«
Sie warf Daniel einen Seitenblick zu, weil sie sichergehen wollte, dass es okay war, wenn sie » wir« sagte. Daniel hatte ihr wiederholt angeboten, ihr zu helfen, und das hatte er auch bereits getan. Also hatte Harper sich entschlossen, ihn miteinzubeziehen, statt ihn wegzuschicken, wie sie es sonst getan hätte. Wenn er ihr Freund sein wollte, dann mussten sie dem Feind gemeinsam gegenübertreten.
» Nein, das werden wir nicht«, bekräftigte Daniel und stellte sich neben Harper. Beide starrten Penn wütend an. » Du wirst uns nicht daran hindern.«
» Ihr seid süß«, sagte Penn lachend. » Glaubt ihr wirklich, ihr könntet beeinflussen, was hier passieren wird?« Sie machte einen Schritt auf die beiden zu und grinste noch breiter. » Ihr werdet mich tun lassen, was immer ich will.«
Sie begann leise und sanft zu singen, um nicht alle Leute in der Bucht zu verzaubern. Aber das Lied war genauso verführerisch wie der letzte Sirenengesang, den Harper miterlebt hatte.
Ihre Panik schmolz dahin und ihr Körper entspannte sich. Nebelschwaden umhüllten ihren Verstand, und sie wusste nicht mehr, warum sie sich solche Sorgen gemacht hatte. Sie wusste, dass es einen Grund gab, aber Penn war so schön und das Lied war so herrlich. Harper wollte nur noch stehen bleiben und Penn bis in alle Ewigkeit zuhören.
» Harper, du wirst mir gehorchen«, sagte Penn, und ihre Worte waren reine Poesie.
Harper nickte benommen. » Okay.«
» Harper?«, rief Daniel, aber sie antwortete nicht und starrte Penn träumerisch an.
» Und was dich angeht…« Jetzt wandte Penn ihre Aufmerksamkeit ihm zu.
» Mag sein, dass sie dir gehorchen wird«, räumte Daniel ein. » Aber ich bestimmt nicht.«
Penn riss erstaunt die Augen auf, als Daniel ihr widersprach. Plötzlich wirkte sie wie ein Tier, das unversehens in eine Falle geraten ist. Sie öffnete den Mund, um Daniel einen Befehl zu erteilen, aber bevor sie ein Wort sagen konnte, schlug er mit aller Kraft zu.
EINUNDDREISSIG
Widerstand
S awyer hatte Gemma um die Taille gepackt und zerrte sie von der Menge weg in Richtung Hafengelände. Sie strampelte so wild mit den Beinen, dass sie einen ihrer Flipflops verlor. Seine Hand presste sich so fest vor ihren Mund, dass sie kaum atmen konnte, und sie kratzte ihn so heftig sie konnte am Arm.
Aber so stark sie auch war, gegen ihn war sie machtlos. Seine Arme waren so unnachgiebig wie Granit, und er zerrte sie mit der Entschlossenheit eines Mannes mit sich, der sich auf einer Mission befindet. Die Sirenen hatten ihm befohlen, Gemma zu holen, und es war offensichtlich, dass er nicht von ihr ablassen würde, bis er seinen Befehl erfüllt hatte.
Das erklärte seine übermenschlichen
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