WattenMord (German Edition)
aber ich habe alles mithören können.“ Nun hob er die ölverschmierten Hände. „Ihr müsst jetzt nicht denken, ich hätte gelauscht. Aber er hat so laut gesprochen, da konnt ich gar nicht anders.“
„Selbstredend.“ Petersen nickte. „Und was hat eine kuriose Lieferung mit Waffengeschäften zu tun?“ Er tippte sich bezeichnend an die Schläfe.
„Morgen Abend um elf Uhr gibt es eine Übergabe in Ohrstedt, an der alten Kaserne.“
Wiebke wusste, dass es in Oster-Ohrstedt, mitten in einem Waldgebiet gelegen, einen Bundeswehrstandort gab. So recht wusste aber niemand, was dort geschah. „Die Bundeswehr arbeitet irgendwie für den Afghanistan-Einsatz“, überlegte Wiebke. War es möglich, dass Hansen krumme Geschäfte machte, die mit dem Einsatz der Truppe zusammenhingen?
Petersen schien ihre Gedanken erraten zu haben. „Nee, Mädchen, das ist ein Logistik-Bataillon, wenn ich mich nicht irre. Die haben mit Munition und Waffen nicht allzu viel an der Hutkrempe.“ Er wandte sich an Fiete. „Aber dir danke ich für den heißen Tipp. Vielleicht werden wir an dem ominösen Treffen teilnehmen.“ Er klopfte dem Arbeiter auf die Schulter. „Bist ein Guter.“
Wiebke fragte sich, woher sich die so unterschiedlichen Männer kannten. Sie beschloss, ihren Partner bei Gelegenheit darauf anzusprechen.
„Jetzt hab ich was gut bei dir, Petersen“, rief Fiete ihnen nach, während die Polizisten zum Auto gingen.
„Aber sicher“, nickte Petersen, ohne sich noch einmal zu Fiete umzublicken. „Ich lass dich das nächste Mal laufen, wenn du meine Exfrau mal ausraubst.“ Nun blieb er stehen und drehte sich doch noch einmal zu seinem Bekannten um. „Vorausgesetzt, du beteiligst mich am Gewinn!“
Husum, Außenhafen, 14.25 Uhr
Wenn Petersen hungrig war, dann wurde er unerträglich. Wiebke wusste das, und auch aus diesem Grund hatte sie keine Einwände gehabt, als er sie gefragt hatte, ob er sie auf ein Fischbrötchen zum „Blinkfüer“ im Außenhafen einladen konnte. Jetzt löffelte sie eine Krabbensuppe. Dazu gab es Mineralwasser. Petersen hatte sich für Bratkartoffeln mit Krabben an Rührei und eine Portion Salat entschieden.
Sie hatten einen der freien Tische im Außenbereich des Restaurants ergattert und genossen ihre spartanische Mahlzeit, die Petersen gut gelaunt als „nordfriesisches Fastfood“ bezeichnete. Inzwischen hatte die Sonne auch die letzten Wolken über dem Hafenbecken vertrieben, und so hatte Petersen die Jacke ausgezogen und über den freien Stuhl zwischen ihnen gelegt. Ein kleines Motorboot tuckerte gerade dem Dockkoog entgegen, und über dem Hafenbecken kreischten die Möwen um die Wette, stets in der Hoffnung auf Beute. Touristen standen am Kai und bestaunten das blauweiße Schiff der Wasserschutzpolizei.
Während Jan Petersen genüsslich kaute, machte er einen sehr zufriedenen Eindruck. Er blickte zum Wasser hinaus, atmete tief durch und schien mit sich und der Welt im Einklang zu sein. Vielleicht wäre er besser zur See gefahren, anstatt bei der Polizei anzuheuern, überlegte Wiebke, als er einem gerade auslaufenden Schiff wehmütig nachblickte. Oder vielleicht zur Wasserschutzpolizei gegangen – das Gebäude der Kollegen lag gleich gegenüber vom „Blinkfüer“.
„Was bedrückt dich?“, fragte sie, nachdem sie lange überlegt hatte, ob dies der rechte Moment war, ihn auf sein seltsames Verhalten anzusprechen.
Petersen tupfte sich den Mund mit einer Papierserviette ab und spülte mit einem Schluck zuckerfreier Cola nach. Er betrachtete sie nachdenklich und lächelte matt.
„Was meinst du?“
„Du bist komisch.“
„Schönen Dank auch.“ Er lachte. „Wie – ich bin komisch?“
„Na, seit heute Morgen machst du einen bedrückten Eindruck. Dann der Ausraster beim Meeting und das Bier auf der ,Nordertor‘ während der Dienstzeit. Jan, so kenne ich dich nicht.“
Er winkte ab und wirkte von einer Sekunde zur anderen wieder sehr verschlossen. „Ist nichts“, murmelte er und schob sich mit den Fingern eine Krabbe in den Mund.
Doch so leicht wollte Wiebke sich nicht zufriedengeben. „Liegt es wirklich an deiner Exfrau? Hat sich ihr spitzfindiger Anwalt wieder etwas Neues einfallen lassen, um dich zu ärgern? Hast du finanzielle Probleme?“
„Natürlich fehlt mir das Geld an allen Ecken und Enden. Ich wohne in einer kleinen Bude, kann mir kein Auto leisten und muss jeden Cent dreimal umdrehen, bevor ich ihn ausgeben kann.“ Er lächelte gequält. „Aber in diesem
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