WattenMord (German Edition)
Hermann-Tast-Schule“, berichtete sie dann. „So wie es aussieht, hatte Holger Heiners ein Verhältnis mit einer Referendarin der Schule.“ Sie brachte die Kollegen über das Gespräch mit der Schulsekretärin auf Stand.
„Dann ist Levke Kühn eine wichtige Ansprechpartnerin“, bemerkte Dierks.
„Das wissen wir selbst, Mattes. Und rate mal, was wir vorhaben, wenn das Kasper-Theater hier zu Ende ist?“
Dierks ging nicht auf Petersens Provokation ein. „Vielleicht müssen wir das Pferd auch von hinten aufzäumen, um an die Lösung zu gelangen“, überlegte er. „Vielleicht solltet ihr euch mal im Multimar umhören. Fahrt nach Tönning und sprecht mit den Verantwortlichen.“
„Was soll das bringen?“ Petersen erinnerte sich offenbar an das Telefonat, das er gestern Abend mit Wiebke geführt hatte. „Wir sollten uns anders an den Fall ranmachen. Angenommen, Holst hat Heiners nicht auf dem Gewissen, und ein anderer steckt dahinter. Warum nimmt Jörn Holst dann in Kauf, unter Mordverdacht verhaftet zu werden? Ich mein‘, er muss doch was anderes auf dem Kerbholz haben, denn sein Alibi ist ein Witz, das wissen wir alle.“
„Darum können wir uns kümmern, wenn wir den Täter haben“, winkte Dierks ab. „Heute wird übrigens in Holger Heiners’ Büros eine Durchsuchungsaktion der Kollegen aus Flensburg stattfinden. Wir erhoffen uns Hinweise auf den Computern, die mit ganz viel Glück zur Ergreifung des Täters führen. Dafür müssen wir natürlich alle beschlagnahmten Rechner spiegeln und die Korrespondenz aller E-Mail-Konten sichten.“
„Und das kann dauern“, maulte Petersen.
„Das ist zu befürchten“, nickte Dierks, und zum ersten Mal an diesem Morgen war es so, als wären sich die Männer einig. „Deshalb bleibt euch genügend Zeit für einen Besuch in der Verwaltung des Nationalparks.“
„Was hast du die ganze Zeit gemacht, während wir draußen waren?“ Petersen beugte sich über den Tisch.
Auch diesmal ließ sich Dierks nicht aus der Ruhe bringen. „Ich habe Informationen eingeholt und das weitere Vorgehen mit den Kollegen aus Flensburg abgestimmt. Wie wir wissen, gibt es bei der Staatsanwaltschaft bereits eine Akte, die das seltsame Vorgehen von Holger Heiners dokumentiert. Ich habe die Unterlagen gesichtet. Der Vorwurf lautet, dass Heiners und der Geschäftsführer einer Bank Grundstücke und Häuser weit unter Wert über nicht ordnungsgemäß vergebene Kredite an Privatpersonen und Unternehmen vermittelt haben. Angeblich hat Heiners der Bank die Objekte abgekauft und überteuert wieder an den Mann gebracht. Dazu soll er selbst Kredite an seine potenziellen Käufer vergeben haben.“ Dierks kehrte die Hände nach oben. „Wie die Ermittlungsakte zutage brachte, ist wohl jeder käuflich. Und er machte vielen den Traum vom eigenen Haus möglich, die nicht kreditwürdig waren und nicht über die nötige Bonität verfügten. Sobald die Kunden zahlungsunfähig waren, kaufte er seine Objekte weit unter Wert zurück und veräußerte sie überteuert zurück an die Bank … Und so begann das Spiel immer wieder von vorne.“
„Das ist ja ein echter Sympathieträger“, bemerkte Sven Gerke und pfiff durch die Zähne. „Und zuletzt hat er es sich auch noch mit den Umweltschützern am Dockkoog verscherzt.“
„Womit wir wieder in Husum wären“, nickte Dierks. „Also wissen wir, was zu tun ist.“
Nachdem Dierks die Besprechung beendet hatte, erhoben sich alle Mitarbeiter, um weiterzuarbeiten. Dierks selbst trat an seinen Schreibtisch und hockte sich auf die schwere Platte.
„Jan, hast du mal einen Moment Zeit?“
Petersen, der schon fast auf dem Gang der Direktion stand, blieb stehen.
„Na klar.“
Matthias Dierks wartete, bis alle anderen sein Büro verlassen hatten, dann rutschte er von seinem Tisch und bat Petersen, die Tür zu schließen. Er deutete auf einen der beiden Besucherstühle vor dem Schreibtisch und sank selbst auf seinen Sessel. Petersen setzte sich. Sekundenlang hockten sie schweigend da und starrten sich unverwandt an. Die Geräusche vom Korridor drangen gedämpft an ihre Ohren. Irgendwo klingelte ein Telefon.
„Was ist los mit dir?“, begann Dierks das Gespräch mit einer Frage und beobachtete den Hauptkommissar.
Petersen schwieg beharrlich. Dunkle Ringe lagen unter seinen Augen. Als er sich über das kantige Kinn strich, knisterten die Stoppeln seines Dreitagebartes vernehmlich.
Matthias Dierks kannte Jan Petersen seit der Polizeischule in Eutin,
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