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WattenMord (German Edition)

WattenMord (German Edition)

Titel: WattenMord (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Schmidt
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bekannt.
    Torben Schäfer, ein Kollege. Biologielehrer an der Hermann-Tast-Schule, der Schule, an der sie als Referendarin arbeitete. Doch er sah irgendwie anders aus. Es dauerte einen Moment, bis sie begriff, woran das lag: Er hatte sich den buschigen Vollbart abrasiert und wirkte nun um Jahre jünger. Als er aufblickte und sie sah, lächelte er.
    „Guten Morgen, Levke. Na, da haben wir aber gut was weggeputzt letzte Nacht, was?“
    Die Gedanken überschlugen sich in ihrem Kopf. War es Torben Schäfer, der weltfremde Biolehrer gewesen, der sie vergewaltigt hatte?
    „Ich zeig dich an, du Schwein!“, krächzte sie. „Du hast mich entführt, mit K.O.-Tropfen willig gemacht und mich missbraucht! Ich werde dafür sorgen, dass du in den Knast wanderst, Torben!“
    Torben schüttelte den Kopf. „Das klang gestern noch ein wenig anders, Levke, nichts für ungut.“
    „Du spinnst doch! Wie spät ist es überhaupt?“
    „Kurz vor eins.“
    „Ach du Scheiße – ich muss zur Schule, der Unterricht … Nein, ich werde die Bullen rufen.“ Levke fand keine Zeit, einen klaren Gedanken zu fassen. Es waren zu viele Informationen, die auf ihr benebeltes Gehirn einprasselten. Es war unmöglich, alle Eindrücke zu kanalisieren. „Du wanderst in den Bau, Torben, du hast mich abgefüllt und mich gefickt.“
    „Ich hatte nicht den Eindruck, dass du es nicht wolltest“, entgegnete er sichtlich kühl. Jetzt hielt er die rechte Hand hoch, und sie sah das Telefon. „Außerdem habe ich gerade ganz andere Sorgen.“
    „Hast du vergessen, die Korksandalen frisch zu besohlen, oder was?“ Sie tippte sich rasend vor Wut vor die Stirn. „Du bist doch nicht ganz dicht, du verdammter Öko!“
    „Hörst du mir nicht zu?“, gellte seine Stimme durch die Küche.
    „Ich habe dir gesagt, dass ich andere Probleme habe. In der Schule habe ich übrigens schon angerufen und uns krankgemeldet.“
    „Uns?“ Es wurde immer schlimmer. „Du hast … uns krankgemeldet? Sag mal, spinnst du? Dann weiß jeder, dass wir die Nacht zusammen verbracht haben.“ Nun musste sie grinsen. „Aber mir kann es recht sein. Wenn ich Anzeige wegen Vergewaltigung erstatte, dann hast du dir mit dem Anruf in der Schule ein Eigentor geschossen!“
    „Red keinen Mist, Levke. Wir waren betrunken, und wir haben miteinander geschlafen. Freiwillig. Wenn du dich nicht mehr daran erinnern kannst, finde ich das sehr schade, aber das ist nicht das Problem.“
    „Ist nicht das Problem? Was ist dann dein verschissenes Problem, Torben Schäfer?“
    „Man hat mir den Wagen geklaut.“ Er blickte sie betroffen an.
    „Man hat dir … Was?“
    „Die Karre gestohlen. Stand hinter dem Haus. Und heute Morgen ist der Golf weg. Ich habe schon die Polizei angerufen; die Fahndung müsste raus sein.“
    Levke sank kraftlos auf einen der wackligen Küchenstühle. Sie stützte den Kopf in ihre Hände und schüttelte ihn. Langsam, zäh wie Wachs, kroch die Erinnerung in ihr Gehirn zurück. Er hatte recht. Sie hatte ihn aus freien Stücken in seinem Haus in Treia besucht. Sie hatten getrunken und waren schließlich im Bett gelandet.
    Es waren die Wut und die Angst nach dem Mord an Holger Heiners gewesen, die sie in die Arme von Torben Schäfer getrieben hatten. Er hatte schon lange ein Auge auf sie geworfen, aber sie war froh gewesen, dass sie die geheime Frau an Heiners Seite gewesen war. Bis zu seinem Tod. Er war tot, der Gedanke manifestierte sich wieder in ihrem Kopf.
    Natürlich. Er hatte Levke nicht als die Frau an seiner Seite und als die Frau in seinem Leben akzeptiert. Ihre Liebe – war es Liebe gewesen? – war eine einzige große Lüge gewesen. Und nun lebte Holger Heiners nicht mehr.
    Mein Gott, dachte sie, nahm dieser Albtraum denn niemals ein Ende?
    Glücksburg, 11.55 Uhr
    Das Innere des Hauses glich einem Schlachtfeld. Überall lagen Scherben herum; einige hatten sich in die Polster der Sitzgruppe gebohrt und ragten wie die spitzen Klingen von Messern heraus. Auf dem Boden hatte sich eine Blutlache gebildet, und Ulbricht sah betroffen zu, wie die Männer vom Bestattungsunternehmen den Leichnam von Gabriele Heiners in einen Zinksarg verfrachteten, den sie nun aus dem Haus trugen. Der Notarzt war vor wenigen Minuten wieder abgefahren; die Todesursache galt als erwiesen. Eine Salve, abgegeben aus dem kurzen Lauf einer Maschinenpistole, hatte ihre Organe förmlich zerfetzt und sie qualvoll verbluten lassen. Man würde ihren Leichnam trotzdem im rechtsmedizinischen Institut

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