WattenMord (German Edition)
des schrecklichen Kommissars Friedrichs retten.“
„Halt mich auf dem Laufenden, Mädchen.“
„Versprochen.“ Sie zwinkerte ihm zu und stieg in den alten Passat ein, der mit dem ersten Dreh am Zündschlüssel ansprang, als wäre er ein Neuwagen.
ELF
Polizeidirektion Flensburg, Norderhofenden, 13.50 Uhr
Udo Friedrichs war ein unangenehmer Zeitgenosse. Schon als der Erste Kriminalhauptkommissar Wiebke am Empfang der Wache abholte, fiel die Begrüßung der jungen Kollegin sehr unterkühlt aus. Sein kahler Kopf war gerötet, und die Art, wie er Wiebke betrachtete, war ihr unangenehm. Spöttisch, von oben herab, blickte er sie an. Und doch war da noch etwas in seinem Blick, das ihn ansatzweise menschlich erscheinen ließ: Mitleid. Lag das daran, dass Wiebkes Vater sich in ihre Ermittlungen eingemischt hatte und zu einem wichtigen Zeugen in einem Mordfall geworden war?
Friedrichs Stimme klang schneidend, fast so, als würden Knochen brechen. „So“, sagte er mit einem aufgesetzten Grinsen, bei dem nur seine schmalen Lippen lächelten, während der Rest seines Gesichts regungslos blieb. „Dann folgen Sie mir mal unauffällig.“
Wiebke beschloss, eine Versetzung nach Flensburg ein für alle Mal auszuschließen. Friedrichs war ein Ekelpaket, das sah sie ihm auf den ersten Blick an. Sie war froh, dass Matthias Dierks ein umgänglicher Vorgesetzter war.
„Ich hoffe, es ist Ihnen bekannt, dass ich die Ermittlungen im Mordfall Holger Heiners leite“, bemerkte er beiläufig.
„Dafür haben Sie sich bisher recht selten in Husum blicken lassen.“ Wiebke hatte keine Lust, sich für ihren Einsatz in den letzten beiden Tagen zurechtweisen zu lassen. Sie war auf dem Gang des Behördengebäudes stehen geblieben und hatte trotzig die Hände in die Hüften gestemmt.
Friedrichs war sekundenlang sprachlos, dann schürzte er die Lippen. „Ich muss Ihnen bestimmt nichts von der Personalsituation der Schleswig-Holsteinischen Polizei erzählen, oder? Aber Sie veranstalten ja einen ziemlichen Wirbel in Ihrem schönen Husum.“
„Einer muss es ja tun. Wir haben gestern einen Mordverdächtigen festgenommen. Jörn Holst, ein Bauunternehmer, der Probleme mit Heiners hatte und für seine Gewaltbereitschaft bekannt ist. Heute ist es zu einer weiteren Festnahme gekommen: Torben Schäfer, er ist Mitbegründer der Bürgerinitiative ,Rettet den Dockkoog‘. So wie es aussieht, steckt er hinter dem Mord an Gabriele Heiners.“
„Es wird Zeit, dass ich mich um den Fall kümmere“, brummte Friedrichs. Offenbar hatte er zu seinem Sarkasmus zurückgefunden. „Sonst verhaften Sie noch halb Husum, bis sie die Verdächtigen nach dem Ausschlussverfahren wieder auf freien Fuß lassen.“
„Es ist Ihr Fall“, erinnerte Wiebke ihn. „Also treffen Sie Entscheidungen. Aber wann?“
„Ich wäre längst in Husum gewesen, wenn mich Ihr Vater nicht aufgehalten hätte“, entgegnete Friedrichs schnippisch.
„Er hat uns nur unterstützt und trägt wohl kaum die Schuld an dem Mordanschlag auf Holger Heiners’ Frau.“
„Sie sind genauso frech wie Ihr Vater.“ Nun musste Friedrichs schmunzeln, und zum ersten Mal schien er wirklich amüsiert zu sein. Er machte sogar einen Schritt auf Wiebke zu. Als er ihr die Hand reichte, wusste Wiebke nicht recht, wie ihr geschah.
„Frieden?“
Zögernd ergriff Wiebke die Hand des Ersten Kriminalhauptkommissars und brachte ein Lächeln zustande, das abrupt unterbrochen wurde, als um ein Haar ein Schmerzenslaut über ihre Lippen kam. Sein Händedruck war fest, sehr fest.
„Frieden.“ Sie nickte. „Bringen Sie mich nun zu meinem Vater?“
Friedrichs nickte. „Unter einer Bedingung: Wenn Sie mir versprechen, ihn mitzunehmen und ihn von weiteren Ermittlungen abzuhalten!“
„Ich tu mein Bestes“, versprach Wiebke. Seite an Seite betraten sie das Büro von Hauptkommissar Friedrichs. Norbert Ulbricht stand am Fenster und blickte in den Innenhof des Polizeigebäudes. Als sich die Tür öffnete, fuhr er herum.
„Wiebke“, rief er erfreut. „Schön dich zu sehen, Kind. Hier behandelt man deinen alten Vater wie einen Verbrecher. Sogar Fingerabdrücke hat man mir schon abgenommen.“
„Was machst du denn für einen Wirbel?“ Sie trat näher und betrachtete ihren Vater. Er war also immer noch der Mann, den sie als Kind so verehrt hatte. Stets für das Gute und die Gerechtigkeit im Einsatz – daran hatte sich bis heute nichts geändert.
„Kennst mich doch.“ Er lächelte seine Tochter dankbar
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