WattenMord (German Edition)
alten Vater warnen?“ Als Wiebke nichts erwiderte, fuhr er fort: „Erster Kriminalhauptkommissar bin ich auch, also werde ich sicherlich keine Angst vor ihm haben.“ Er hatte keine Lust mehr, sein Licht länger unter den Scheffel zu stellen, fügte sich aber seinem Schicksal.
„Wie du meinst. Also los, ich habe viel Arbeit.“
Gemeinsam stiegen sie die Stufen der Wache hinauf, er betrachtete das dunkelblaue Schild mit der Aufschrift „Politii“ nachdenklich und erinnerte sich daran, dass es nur ein Katzensprung bis Dänemark war. Darunter stand, unterhalb der deutschen Bezeichnung, das Wort „Kriminåålkontoor“.
„Soso“, brummte Ulbricht. „Meine Tochter arbeitet also beim Kriminåålkontoor.“
„Es ist kein dänisch.“ Wiebke war stehen geblieben und hatte scheinbar seine Gedanken erraten. „Das ist friesisch. Wird hier sogar noch gesprochen, wenn auch selten.“
„Sag ich doch – ich versteh nur Bahnhof“, erwiderte er. „Nee, nee, da fühl ich mich an deiner Seite sicherer, Kind.“
„Schön.“ Sie betraten das Gebäude, und Wiebke führte ihn zu ihrem Büro. Auf dem Gang liefen sie einem dunkelhaarigen Mann entgegen, der ihn entfernt an den Schauspieler Jan Fedder erinnerte. In jungen Jahren, wohlgemerkt.
„Großstadtrevier“ live, dachte Ulbricht. Das wollte er schon immer mal erleben.
„Moin“, grüßte er ihn.
„Morgen“, nickte Ulbricht und warf einen irritierten Blick auf seine Armbanduhr. Er fürchtete, dass der Mann nun friesisch mit ihm sprechen würde, und beschloss spontan, sich in einem Sprachkurs anzumelden. Bei dem Typ musste es sich um Jan Petersen handeln, Wiebkes Partner. Wenigstens der Name passte zu seinem Aussehen, dachte Ulbricht und dachte an den Schauspieler, den er mochte.
„Da bist du ja“, sagte Petersen an Wiebke gewandt. „Wir müssen gleich mit dem Verhör von Schäfer anfangen, Dierks sitzt auf heißen Kohlen, weil Friedrichs Stress macht.“
„Er wollte uns später Gesellschaft leisten“, nickte Wiebke mit säuerlich verzogener Miene. „Ich freu mich schon.“
„Wiebke – kann ich dich mal unter vier Augen sprechen?“ Petersen warf Ulbricht einen Blick zu, den er nicht recht zu deuten vermochte.
„Klar, wenns schnell geht.“ Wiebke nickte ihrem Vater zu und ließ sich von ihrem Kollegen zur Seite nehmen. Obwohl er leise sprach, so verstand Ulbricht doch jedes Wort. Wenn es eines gab, das bei ihm noch hervorragend funktionierte, dann waren das seine Ohren.
„Wiebke, wir jagen einen Mörder, und du schleppst uns einen Penner hier an – was soll das?“
Ulbricht war versucht, dem Kerl die Meinung zu sagen, zog es aber vor, der Unterhaltung schweigend beizuwohnen, so, als hätte er nichts von der Äußerung mitbekommen. Dennoch blickte er peinlich berührt an sich herunter. Der Trenchcoat, sein geliebter Mantel, war in die Jahre gekommen, ohne Zweifel. Das gestreifte Hemd war ungebügelt, dafür wies die hellblaue Jeans eine akkurate Bundfalte auf. Gut, die Schuhe, seine ausgelatschten Hush Puppies, hätte er vor der Fahrt ruhig noch einmal putzen können, aber wie ein Penner sah er nun wirklich nicht aus. Ulbricht schüffelte an sich und konnte keinen unangenehmen Geruch feststellen. Dennoch war er froh, dass Maja Klausen nicht bei ihm war. Ihr wäre eine kritische Anmerkung über sein Äußeres sicherlich eine Genugtuung gewesen. Sie plädierte schon seit Langem dafür, dass er sich modischer kleiden sollte.
„Das ist kein Penner, Jan“, zischte Wiebke und schenkte ihrem wartenden Vater ein entschuldigendes Lächeln. „Er ist mein Vater. Du solltest lieb sein, er ist Erster Kriminalhauptkommissar!“
Na bitte, dachte Ulbricht zufrieden. Dann war sie also doch stolz auf ihren Vater.
„Der?“, fragte Jan gedehnt. „Das soll ein Abteilungsleiter sein? Was leitet der denn?“
Ulbricht hatte genug gehört. „Erstes Kriminalkommissariat im Polizeipräsidium Wuppertal“, stellte er sich polternd vor und hielt Wiebkes Kollegen die Hand hin. Er ergriff sie und drückte fest zu.
So lange, bis sich Petersens Miene schmerzlich verzog. „Hat Ihnen Ihre Mutter nicht beigebracht, dass man einen Menschen niemals nach seinem Äußeren beurteilen soll?“
„Doch … ähm … Hab es wohl vergessen.“ Wiebkes Kollege kratzte sich verlegen im Nacken, nachdem Ulbricht seine Hand losgelassen hatte. „Ich bin Petersen. Jan Petersen, Wiebkes Kollege.“
„Und das da ist Piet Johannsen, unser Schnüffler“, stellte Wiebke ihm nun
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