WattenMord (German Edition)
paar Stunden zu entwenden, den Mord zu begehen und sich danach wieder zu ihm ins Bett zu legen?
Wenn Levke Kühn mit dem Wagen unterwegs gewesen war, müssten sich DNA-Spuren auf dem Fahrersitz befinden. Haare, Hautschuppen, was auch immer.
„Sobald wir die Patronenhülsen untersucht haben und das Waffenöl und die Schmauchspuren abgeglichen haben, wissen wir mehr – das ist nur eine Frage der Zeit, mein lieber Jan.“
„Ich werde klären, ob Schäfer im Besitz einer Waffe ist.“
„Und wenn, wird er es wohl kaum zugeben. Also durchsuchen wir sein Haus, sobald wir einen Durchsuchungsbeschluss von Mahndorf haben.“
Petersen nickte nachdenklich. Er fürchtete, dass die Untersuchungen der KTU viel zu lange dauern würden, denn es war eine Frage der Zeit, bis Schäfers Anwalt die Freilassung seines Mandanten erwirken würde. Es musste schneller gehen. „Du solltest mal die Datenbanken nach einer als vermisst gemeldeten Uzi durchsuchen“, schlug er Johannsen vor.
„Da kann ich auch gleich die Nadel im Heuhaufen suchen“, winkte der Kollege ab.
„Ich hab eben mal im Internet recherchiert.“ Petersen klopfte auf das dicke Blech des geländegängigen VW. „Von diesem Modell hat Volkswagen nur knapp achttausend Exemplare gebaut. Das Ding war ein Flop, heute sind SUVs ein Hit bei allen Hausfrauen, aber 1990 war die Zeit wohl noch nicht reif für einen höher gelegten Kompaktwagen, mit dem man auch mal durch die Pampa rumpeln konnte.“
„Umso sicherer können wir sein, dass es sich bei Torben Schäfers Golf um das Tatfahrzeug handelt.“ Petersen massierte sich die Schläfen. „Aber es passt doch zeitlich nicht. Wenn er selbst den Anschlag verübt hat, muss er verdammt schnell gewesen sein.“
„Genau, und deshalb bist du jetzt an der Reihe, das alles zu klären. Aber noch etwas anderes habe ich vorhin herausgefunden: Natürlich habe ich in dem Auto eine ganze Menge Fingerabdrücke sichergestellt. Nun musst du Torben Schäfer zur erkennungsdienstlichen Maßnahme antanzen lassen, und dann kann ich hier weitermachen.“
„Kein Thema“, nickte Petersen. „Wie lange machst du heute?“
Johannsen zuckte die Schultern. „Meine Frau kennt mich. Sie hat mich mit diesem Job geheiratet. Also bleibe ich so lange, bis ich den Fall geklärt habe.“
„Guter Mann“, grinste Petersen und überquerte den Hof just in dem Augenblick, als der Regen einsetzte.
ZWÖLF
Husum, Badestrand Dockkoog, 16.00 Uhr
Sand hatte der Dockkoog zwar nicht zu bieten, trotzdem herrschte am späten Nachmittag viel Betrieb in der Husumer Bucht. Es hatte angefangen zu regnen, doch die Touristen hatten sich mit wetterfesten Jacken ausgerüstet und genossen die frische Seeluft. Trotz des Regens hatte Ulbricht darauf bestanden, unter einem der weit ausladenden Sonnenschirme von „Antjes Imbiss“ im Freien zu sitzen. Drinnen sitzen könne er den ganzen Tag, hatte er seiner Tochter beschieden, während er den Blick über den sattgrünen Dockkoog schweifen ließ.
„Die Pommes sind kalt“, mokierte sich Ulbricht kauend, während der Regen auf den Schirm pladderte und seiner Tochter einen Schauer über den Rücken trieb.
Wiebke, die ihrem Vater gegenübersaß, warf ihrem alten Herrn einen vielsagenden Blick zu. „Papa“, seufzte sie, „wir sind am Meer, und es regnet. Da musst du beim Essen nicht pusten, um dir nicht den Mund zu verbrennen.“
Norbert Ulbricht hatte seine Tochter nach der Rückkehr aus Glücksburg darum gebeten, sich den Dockkoog, wegen dem es offenbar Tote gegeben hatte, mit eigenen Augen ansehen zu dürfen. Dass er hier schon allein gewesen war, störte ihn nicht. Gestern hatte er nicht gewusst, welche Tragödie sich hier gerade abspielte. Nun fühlte er den Husumer Badestrand und versuchte, sich in die Täter hineinzuversetzen. War jemand in der Lage, für den Erhalt des Naturschutzgebietes zu morden?
„Wie gehen wir weiter vor?“, fragte er mit vollem Mund, ohne auf Wiebkes Einwand einzugehen.
„Da war es wieder“, rief Wiebke. „Das kleine Wörtchen ,wir‘.“ Ihr Vater war einfach unverbesserlich, und sie fürchtete ein wenig, dass er nicht tatenlos zusehen würde, bis sie den Fall gelöst hatte. Dabei fiel ihr ein, dass sie noch gar nicht darüber gesprochen hatten, wie lange er blieb.
„Du weißt, wie ich das meine“, entgegnete Ulbricht und lächelte seiner Tochter zu.
„Eben“, nickte Wiebke, „eben.“ Sie trank von ihrem Kaffee, der sie von innen wärmte. Wäre es nach ihr gegangen,
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