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Waugh, Evelyn

Waugh, Evelyn

Titel: Waugh, Evelyn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ausflug ins wirkliche Leben
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keines ist dabei von Ambrose Silk. Sein sind nicht Podium noch Fernsehschirm; sein ist das geheimnisvolle, das gewaltige Schweigen des Genies…«
    »Ich muss mal pinkeln«, sagte Basil.
    »Das muss ich neuerdings ständig.«
    »Dann komm mit.«
    Langsam und steif verließen sie den Speisesaal.
    Als sie in der Toilette nebeneinanderstanden, sagte Basil: »Freut mich für Ambrose, dass er endlich so ein Klimperding gekriegt hat. Sag mal, will der Kerl, der da die Rede hält, ihn eigentlich verulken?«
    [421] »Muss wohl. Ist doch klar.«
    »Du wolltest mir was von irgendwelchen Hemden erzählen.«
    »Hab ich doch schon.«
    »Und wie hieß der Kerl, der damit abgehauen ist?«
    »Albright.«
    »Ach ja, ich erinnere mich; ein Kerl namens Clarence Albright. Schrecklicher Mensch. Ist im Krieg gefallen.«
    »Von den Leuten, die ich kenne, ist keiner im Krieg gefallen, nur Alastair Trumpington.«
    »Und Cedric Lyne.«
    »Ach ja, Cedric auch.«
    »Und Freddy Sothill.«
    »Den hab ich eigentlich nie zu meinen Bekannten gezählt«, sagte Peter.
    »Aber dieser Albright, der hat doch irgendeine geheiratet – Molly Meadows vielleicht?«
    » Ich habe Molly Meadows geheiratet.«
    »Stimmt. Ich war ja da. Nun ja, jemand in der Art jedenfalls. Irgendeins von den Mädchen, die damals die Runde machten – vielleicht Sally, die Schwester von John Flintshire. Dein Albright ist vielleicht ihr Sohn.«
    »Der sieht nicht nach irgendjemandes Sohn aus.«
    [422] »Jeder ist irgendjemandes Tochter oder Sohn«, sagte Basil.
    Diese Binsenweisheit hatte eine zweite, antiquierte und für Peter auf der Hand liegende Bedeutung, die bezeichnend war für Basils gründlichen Wandel vom enfant terrible zum »alten Pumpel«, dem Spitznamen, unter dem die Freundinnen und Freunde seiner Tochter ihn kannten.
    Der Wandel hatte sich sehr schnell vollzogen. 1939 hatten seine Mutter, seine Schwester, Barbara Sothill, und seine Mätresse, Angela Lyne, den Krieg als die Chance zu Basils Errettung gesehen. Sein zur Schlacht gerüstetes Land würde, wie sie meinten, ehrenvolle Verwendung für jene beklagenswerten Energien finden, die ihn so oft schon mit einem Bein ins Gefängnis gebracht hatten. Schlimmstenfalls würde er in einem Soldatengrab enden, bestenfalls zu einem zweiten Lawrence von Arabien aufsteigen. Es kam aber ganz anders.
    Gleich zu Beginn seiner militärischen Karriere brachte er es fertig, sich bei der Demonstration einer von ihm selbst ersonnenen Methode zur Zerstörung von Eisenbahnbrücken die Zehen eines Fußes abzusprengen, und wurde aus der Armee entlassen. Aus diesem Missgeschick leitete sich dann auch, allerdings erst später, der Spitzname »Pumpel« ab. Kaum aus dem Krankenhaus [423] entlassen, humpelte er geradewegs zum Standesamt und ehelichte die frisch verwitwete Angela Lyne. Sie nannte eines jener wenigen großen und geschickt gestreuten Vermögen ihr Eigen, denen weder internationale Katastrophen noch nationale Experimente mit dem Sozialismus ernsthaft etwas anhaben konnten. Basil nahm den Reichtum hin, wie er den Verlust seiner Zehen hinnahm. Er vergaß, dass er je ohne Stock gegangen, je rank und schlank und aktiv gewesen und oft wegen unbedeutender Summen zu regelrechten Verzweiflungstaten genötigt gewesen war. An dieses abenteuerliche Jahrzehnt erinnerte er sich, wenn überhaupt, nur wie an etwas in weiter Ferne Liegendes, was mit seiner Stellung im Leben so wenig zu tun hatte wie etwa in der Schule eine Taschengeldknappheit kurz vor den Ferien.
    Bis Kriegsende und in den eintönigen ersten Friedensjahren wurde er bei den Behörden als »Landwirt« geführt, was nichts anderes hieß, als dass er auf dem Lande in Muße und Wohlstand lebte. Zwei Tote, nämlich Freddy Sothill und Cedric Lyne, hatten wohlgefüllte Keller hinterlassen, die Basil leerte. Früher einmal hatte er den Wunsch geäußert, einer jener »kantigen Männer« zu werden, die es »durch den Krieg zu etwas gebracht haben«. Basils einstmals kantiges Gesicht [424] war indessen immer weicher und runder geworden. In der rosigen Fülle fiel seine Narbe fast gar nicht mehr auf. Seine wenigen Anzüge ließen sich bald nicht mehr bequem zuknöpfen, und als er in dieser für Europa so mageren Zeit mit Angela in New York war, wo der Kundige solche Dinge noch auftreiben konnte, kaufte er sich Anzüge, Hemden und Schuhe gleich im Dutzend, legte sich wahre Schätze an Uhren, Krawattennadeln, Manschettenknöpfen und Uhrketten zu, so dass er nach ihrer Rückkehr – bei der er

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