Waugh, Evelyn
glaube ich, was wir alle von dem Mann halten, der sie erzählt hat. Aber das kann warten. Ihr habt noch reichlich Zeit, das zu regeln, wenn wir Miss Brooks heil zurückgeholt haben. Das ist unsere erste Pflicht.«
Nach diesem Appell stand die Allgemeinheit wieder treu zu Prunella, und die Dringlichkeit ihres Falles wurde drastisch unterstrichen, als zwei Tage später im amerikanischen Konsulat das rechte Ohr des baptistischen Missionars eintraf, lose mit Zeitungspapier und Bindfaden verpackt. Die Männer der Kolonie – mit Ausnahme des Müßiggängers natürlich – versammelten sich im Bungalow der Lepperidges und bildeten eine Bürgerwehr, erstens zum Schutz der Frauen, die ihnen noch geblieben waren, und zweitens zur Rettung von Miss Brooks, einerlei, welche persönlichen Unannehmlichkeiten oder Gefahren sie dafür auf sich nehmen mussten.
[70] IV
Die erste Lösegeldforderung erfolgte durch die Vermittlung von Mr. Youkoumian. Der kleine Armenier war den Engländern bereits wohlbekannt und von ihnen im Großen und Ganzen wohlgelitten; es tat ihnen gut, einen Ausländer zu haben, der ihrem Ideal, wie ein Ausländer sein sollte, in jeder Hinsicht so vollkommen entsprach. Zwei Tage nach der Gründung des Wehrverbands zum Schutz der britischen Frau sprach er in der Ordonnanzstube des Majors vor und bat um eine private Unterredung, eine gemütliche, rundliche, devote Erscheinung in glänzendem Alpaka-Anzug, Käppchen und gelben Stiefeln mit seitlichem Gummibandeinsatz.
»Major Lepperidge«, sagte er, »Sie kennen mich; alle Gentlemen in Matodi kennen mich. Die Engländer sind meine liebsten Gentlemen und die natürlichen Schützer von Unterrassen ganz genau wie Völkerbund. Ören Sie, Major Lepperidge, kommt mir viel zum Ohr. Alle vertrauen mir. Ist gar nicht gut, wenn diese Schwarzen englische Ladys entführen. Mache ich wieder in Ordnung.«
Auf die Fragen des Majors hin führte Youkoumian mit unendlichen Ausflüchten und [71] Umschweifen aus, er sei vermittels verschiedener Vettern seiner Frau in Kontakt zu einem Araber getreten, von dessen Frauen eine die Schwester eines Sakuya aus Joabs Bande sei; Miss Brooks sei gegenwärtig wohlauf, und Joab sei einem Handel nicht abgeneigt. »Joab macht sehr salzigen Preis«, sagte er. »Er will underttausend Dollar, ein Panzerwagen, zwei Maschinengewehre, undert Gewehre, fünftausend Schuss Munition, fünfzig Pferde, fünfzig goldene Armbanduhren, ein Radioapparat, fünfzig Fässer Whisky, Straffreiheit und Rang von Ehrenoberst in azanische Truppen.«
»Das kommt natürlich überhaupt nicht in Frage.«
Der kleine Armenier zuckte mit den Schultern. »Tja, dann er schneidet Miss Brooks die Ohren ab ganz genau wie von amerikanischen Pfarrermann. Ören Sie, Major, das ist ier ein ganz verdammich oberschlechtes Land. Ich lebe ier vierzig Jahre, weiß ich Bescheid. Bin ich in diesem Land kleiner Mann gewesen und großer Mann gewesen, ganz genau gleich Regeln für Groß und Klein. Wenn Eingeborener was will, du gibst ihm schnell, später machst du ihm Ölle eiß und olst wieder. Eingeborene alle verdammich dumme Leute, aber sehr wild ganz genau [72] wie Tiere. Ören Sie, Major, ich mache beste Whisky in Matodi – Scotch, Irish, alle Sorten ich mache; ich abe sehr gute Uhren in mein Laden ganz genau wie Gold, ich abe Radioapparat – Panzerwagen, Pferde, Maschinengewehre Sie müssen übernehmen. Dann wir machen Gewinn sauber fifty-fifty, ja?«
V
Zwei Tage später erschien Mr. Youkoumian in Mr. Brooks’ Bungalow. »Ein Brief von Miss Brooks«, sagte er. »Ein Sakuya at gebracht. Ich gebe ihm eine Rupie.«
Die Mitteilung war schwer leserlich auf die Rückseite eines Kuverts gekritzelt.
Liebster Papa,
ich bin im Augenblick heil und einigermaßen wohlbehalten. Versuche auf gar keinen Fall, den Boten zu verfolgen. Joab und die Banditen würden mich zu Tode foltern. Schicke bitte Grammophon und Schallplatten. Werdet um Gottes willen handelseinig, sonst weiß ich nicht, was passiert.
Prunella
[73] Es war die erste einer Reihe von Mitteilungen, die von nun an alle zwei bis drei Tage durch die Vermittlung von Mr. Youkoumian eintrafen. Sie enthielten hauptsächlich Bitten um kleine persönliche Dinge…
Liebster Papa,
doch nicht diese Platten. Die zum Tanzen… Schicke bitte Gesichtscreme im Töpfchen im Bad, außerdem Illustrierte… den grünen Seidenpyjama… Lucky-Strike-Zigaretten… zwei leichte Drillichröcke und die ärmellosen Seidenblusen…
Die Briefe wurden alle in
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