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Waugh, Evelyn

Waugh, Evelyn

Titel: Waugh, Evelyn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ausflug ins wirkliche Leben
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war.
    »Lord Moping ist im Bilde und bereit, Sie zu begrüßen«, sagte der Arzt.
    »Wie geht es ihm?«
    »Oh, sehr gut, wirklich ausgezeichnet, darf ich [177] wohl sagen. Vor einigen Wochen hatte er eine ziemlich üble Erkältung, aber davon abgesehen war sein Befinden immer ausgezeichnet! Den größten Teil seiner Zeit verbringt er mit Schreiben.«
    Sie hörten draußen auf dem gefliesten Gang ein unregelmäßig schlurfendes Geräusch, das langsam näher kam. Vor der Türe sagte eine hohe, verdrossene Stimme, die Angela als die ihres Vaters erkannte: »Ich sage Ihnen doch, dass ich jetzt keine Zeit habe! Sollen sie doch später wiederkommen!«
    Eine sanfte Stimme mit leicht bäurischem Einschlag erwiderte: »Ach, kommen Sie nur! Es ist eine reine Formsache. Sie brauchen nicht länger zu bleiben, als Sie wollen.« Dann wurde die Tür aufgestoßen (Schloss oder Riegel waren nicht vorhanden), und Lord Moping trat ins Zimmer. Er wurde von einem bejahrten kleinen Mann mit vollem weißem Haar und dem Ausdruck großer Herzensgüte begleitet.
    »Darf ich vorstellen, Mr. Loveday, der als Lord Mopings Gesellschafter tätig ist.«
    »Als mein Sekretär«, verbesserte Lord Moping. Er schlurfte auf Lady Moping zu und reichte ihr die Hand.
    »Das hier ist Angela. Sie erinnern sich doch an Angela, nicht wahr?«
    [178] »Nein, offen gestanden nicht. Was will sie?«
    »Wir wollten dich nur besuchen.«
    »Da seid ihr in einem äußerst ungünstigen Augenblick gekommen. Ich habe entsetzlich viel zu tun. Haben Sie den Brief an den Papst schon fertig getippt, Loveday?«
    »Nein, Mylord. Vielleicht erinnern Sie sich, dass Sie mich baten, zuerst die Zahlen über die Neufundland-Fischerei nachzuschlagen?«
    »Richtig. Das trifft sich übrigens gut, denn ich glaube, der ganze Brief muss neu aufgesetzt werden. Seit dem Mittagessen gibt es einiges mehr an Informationen. Einiges! Sie sehen also, meine Liebe, dass ich über die Maßen beschäftigt bin.« Dann richtete er seinen rastlosen, forschenden Blick auf Angela. »Vermutlich sind Sie wegen der Donau hergekommen! Nun, da müssen Sie eben später noch einmal vorbeikommen! Bestellen Sie ihnen, es wäre alles in Ordnung, durchaus in Ordnung, ich hatte nur noch nicht genügend Zeit, mich dem Problem mit voller Aufmerksamkeit zuzuwenden. Sagen Sie ihnen das!«
    »Jawohl, Papa!«
    »Und überhaupt«, fuhr er etwas grämlich fort, »ist es eine Sache von sekundärer Bedeutung. Zuerst müssen doch die Elbe und der Amazonas und der Tigris erledigt werden, nicht war, [179] Loveday?… Die Donau – nein, so etwas! So ein albernes kleines Flüsschen! Nichts weiter als ein Bach! Tja, ich muss weitermachen. War ja nett, dass Sie kamen. Ich würde gern mehr für Sie tun, wenn ich könnte, aber Sie sehen ja selbst, wie überlastet ich bin. Schreiben Sie mir doch in der Sache. Das ist immer am besten. Geben Sie’s schwarz auf weiß von sich! «
    Und damit ging er aus dem Zimmer.
    »Wie Sie sehen, geht es ihm ausgezeichnet«, sagte der Arzt. »Er nimmt an Gewicht zu und isst und schläft hervorragend. Tatsächlich ist sein Gesamtzustand tadellos.«
    Die Türe öffnete sich wieder, und Loveday erschien.
    »Verzeihen Sie bitte, Sir, dass ich nochmals hereinkomme, aber ich dachte, vielleicht regt sich die junge Dame auf, weil Seine Lordschaft sie nicht erkannt hat. – Sie müssen sich nichts daraus machen, Miss! Bei Ihrem nächsten Besuch wird er sehr erfreut sein, Sie zu sehen. Nur heute ist er etwas verstimmt, weil er mit seiner Arbeit so sehr im Rückstand ist. Ich musste nämlich die ganze Woche in der Bibliothek helfen, Sir«, erklärte er, »und da hatte ich nicht genügend Zeit, um alle Berichte Seiner Lordschaft mit der Maschine ins Reine zu schreiben. Und dann hatte er auch seine [180] Kartothek durcheinandergebracht. Sonst hat es überhaupt nichts zu sagen. Er meint es nicht böse.«
    »Was für ein netter Mann«, sagte Angela, nachdem Loveday zu seinem Schützling zurückgekehrt war.
    »Ja, ich kann mir nicht vorstellen, was wir ohne den alten Loveday anfangen sollten. Jeder mag ihn gern, die Angestellten und die Patienten.«
    »Es ist sehr beruhigend für mich, dass Sie sich so gute Wärter verschaffen können«, sagte Lady Moping. »Menschen, die weniger gut orientiert sind, behaupten immer so törichte Sachen von Heilanstalten.«
    »Oh, Loveday ist aber kein Wärter«, widersprach der Arzt.
    »Meinen Sie etwa, dass er ebenfalls einen Vogel hat?«, fragte Angela.
    Der Arzt berichtigte sie.

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