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Way Out

Way Out

Titel: Way Out Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lee Child
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»Ich will diesen Kerl heiraten.«
    Reacher sagte nichts, sondern ging ins zweite Schlafzimmer. Dort schienen das Geld oder der Wille oder die Begeisterung ausgegangen zu sein. Das zweite Schlafzimmer war ein schmuckloser kleiner Raum. Er schien unbenutzt zu sein. Er war dunkel, überhitzt und feucht. In der Deckenlampe fehlte die Glühbirne. Die einzigen Einrichtungsgegenstände waren zwei eiserne Bettgestelle, die jemand zusammengeschoben hatte. Die Bettwäsche sah gebraucht aus. Auf den Kissen waren noch die Abdrücke zweier Köpfe zu erkennen. Das Fenster war mit schwarzem Stoff zugeklebt, auf einer Seite das Klebeband jedoch abgelöst und der Stoff so zurückgeschlagen, dass ein schmales Rechteck entstand, das etwas Aussicht gewähren oder Luft einlassen sollte.
    »Hier war’s«, sagte Reacher. »Hier waren Kate und Jade versteckt.«
    »Von wem? Von dem Mann, der nicht sprechen kann?«
    »Ja«, antwortete Reacher. »Der Mann, der nicht sprechen kann, hat sie hier versteckt.«

52
     
    Pauling trat an die nebeneinanderstehenden Betten und beugte sich über die Kopfkissen. »Lange dunkle Haare«, sagte sie. »Von einer Frau und einem Mädchen. Sie haben sich die ganze Nacht hin- und hergewälzt.«
    »Kann ich mir vorstellen«, sagte Reacher.
    »Vielleicht zwei Nächte lang.«
    Reacher ging ins Wohnzimmer zurück, um den Schreibtisch zu inspizieren. Der Haustechniker beobachtete ihn von der Wohnungstür aus. In dem Schreibtisch herrschte Ordnung wie im Kleiderschrank, aber er enthielt nicht allzu viel. Einige persönliche Papiere, ein paar Bankunterlagen, den Mietvertrag für das Apartment. Taylor hieß mit Vornamen Graham. Er war britischer Staatsbürger und lebte mit einer Aufenthaltserlaubnis in den USA. Er hatte eine Sozialversicherungsnummer, eine Lebensversicherungspolice und einen Rentensparplan.
    Auf dem Schreibtisch stand ein Telefon: ein elegantes, brandneues Luxusmodell von Siemens. Es verfügte über zehn Kurzwahltasten mit Papierstreifen in Kunststoffhüllen. Die Papierstreifen waren nur mit Abkürzungen beschriftet. Ganz oben stand L. Wie Lane, vermutete Reacher. Als er auf den Knopf drückte, erschien im Display eine mit 212 beginnende Nummer. Manhattan. Vermutlich das Dakota. Er drückte nacheinander auf die restlichen Knöpfe. Angezeigt wurde dreimal die 212, dreimal die 917, zweimal die 718 und einmal eine mit 01144 beginnende lange Nummer.
    Die mit 212 beginnenden Nummern befanden sich alle in Manhattan. Vermutlich gehörten sie Freunden, darunter auch Gregory, weil einer der Papierstreifen ein G trug. Die mit 917 anfangenden Nummern waren Handynummern. Vielleicht gehörten sie denselben Leuten, damit sie auch unterwegs erreichbar waren, oder Leuten, die keinen Festnetzanschluss besaßen. Die mit 718 beginnenden Nummern lagen in Brooklyn – wahrscheinlich Kumpel, die sich keine Wohnung in Manhattan leisten konnten. Und die lange Nummer mit 01144 gehörte nach Großbritannien. Familienangehörige. Das dazugehörige S bezeichnete vielleicht einen Elternteil.
    Reacher spielte noch ein bisschen an dem Telefon herum, dann war er mit dem Schreibtisch fertig und gesellte sich wieder zu Pauling im zweiten Schlafzimmer. Sie stand halb abgewandt am Fenster und sah durch den schmalen Schlitz nach draußen.
    »Unheimlich«, sagte sie. »Findest du nicht auch? Die beiden hielten sich hier in diesem Raum auf. Diese Aussicht war vielleicht das Letzte, was sie gesehen haben.«
    »Sie sind nicht hier ermordet worden. Zu schwierig, die Leichen wegzuschaffen.«
    »Nicht buchstäblich das Letzte. Nur das letzte bisschen Normalität aus ihrem früheren Leben.«
    Reacher schwieg.
    »Kannst du sie hier drin spüren?«
    Reacher sagte: »Nein.«
    Er klopfte die Wände ab, dann kniete er sich hin, um auch den Fußboden abzuklopfen. Die Wände fühlten sich massiv und solide an; der Fußboden unter dem Parkett war offenbar aus Beton. Ein Apartmentgebäude war ein seltsamer Aufenthaltsort für Entführte, aber dieses schien in Ordnung zu sein. Brachte man die Gefangenen mit Drohungen dazu, sich still zu verhalten, würden die Nachbarn nicht viel mitbekommen. Oder gar nichts. Wie Patti Joseph gesagt hatte: Diese Stadt ist unglaublich anonym. Man kann hier jahrelang leben, ohne seinen Nachbarn auch nur zu Gesicht zu bekommen.
    Oder seine Gäste, dachte Reacher.
    »Glaubst du, dass unten rund um die Uhr ein Portier Dienst hat?«, fragte er.
    »Das bezweifle ich«, antwortete Pauling. »Nicht in dieser Lage. Bei mir im Haus

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