Way Out
auch nicht. Ich tippe auf Teilzeitkräfte. Vielleicht bis zwanzig Uhr.«
»Das könnte die Verzögerungen erklären. An einem Portier vorbei hätte er sie nicht reinbringen können. Nicht strampelnd und um sich tretend. Am ersten Tag hat er stundenlang warten müssen und danach die Intervalle konsequenterweise beibehalten.«
»Und um eine größere Entfernung zu suggerieren.«
»Das war Gregorys Vermutung. Er hatte recht und ich unrecht. Ich habe auf die Catskills getippt.«
»Das war eine vernünftige Annahme.«
Reacher sagte nichts.
Pauling fragte: »Was nun?«
»Ich möchte mich noch mal mit deinem Mann aus dem Pentagon treffen.«
»Ich weiß nicht, ob er dazu bereit ist. Ich glaube nicht, dass er dich mag.«
»Ich bin auch nicht verrückt nach ihm. Aber hier geht’s nicht um persönliche Dinge. Mach ihm ein Angebot.«
»Was können wir ihm anbieten?«
»Sag ihm, dass wir Lanes Crew aus dem Verkehr ziehen, wenn er uns mit einer kleinen Auskunft behilflich ist. Dieses Angebot muss er annehmen. Zehn Minuten mit uns in einem Coffeeshop bringen ihm mehr als zehn Jahre Herumgerede bei den Vereinten Nationen. Eine ganze Bande echter, lebendiger Söldner für immer außer Gefecht gesetzt.«
»Können wir das überhaupt?«
»Das müssen wir in jedem Fall. Früher oder später wird’s heißen: Sie oder wir.«
Sie kehrten auf ihrer vorigen Route in Gegenrichtung in Paulings Büro zurück: Saint Luke’s Place, Seventh Avenue, Cornelia Street, West 4th Street. Dann saß Reacher entspannt in einem von Paulings Besuchersesseln, während sie sich auf der telefonischen Suche nach ihrem Freund kreuz und quer durchs UN-Gebäude verbinden ließ. Sie erwischte ihn nach ungefähr einer Stunde. Anfangs wollte er nicht recht, aber dann willigte er ein, sich um fünfzehn Uhr im selben Coffeeshop wie zuvor mit ihnen zu treffen.
»Die Zeit verrinnt uns«, sagte Pauling.
»Das tut sie immer. Versuch’s noch mal bei Brewer. Wir müssen mit ihm reden.«
Aber Brewer war noch nicht wieder an seinem Schreibtisch und sein Handy ausgeschaltet. Reacher lehnte sich zurück und schloss die Augen. Zwecklos, sich über etwas aufzuregen, das sich deiner Kontrolle entzieht.
Um vierzehn Uhr gingen sie nach unten, um rechtzeitig ein Taxi zu finden. Sie fanden sofort eines und waren vierzig Minuten zu früh in dem Coffeeshop an der Second Avenue. Pauling versuchte nochmals, Brewer zu erreichen, doch vergebens. Sie klappte ihr Handy zu, legte es auf den Tisch und drehte es wie einen Kreisel. Als es sich zu drehen aufhörte, zeigte seine kurze Antenne genau auf Reachers Brust.
»Du hast eine Theorie«, sagte sie. »Das stimmt doch? Wie ein Physiker. Eine einheitliche Theorie von allem.«
»Nein«, entgegnete Reacher. »Nicht von allem. Nicht mal andeutungsweise. Sie ist noch unvollständig. Mir fehlt eine wichtige Komponente. Aber ich habe einen Namen für Lane.«
»Welchen Namen?«
»Warten wir lieber auf Brewer«, meinte Reacher. Er winkte die Bedienung heran. Dieselbe wie neulich. Er bestellte Kaffee. Die gleichen braunen Tassen, die gleiche Thermoskanne. Heiß und stark, aber mit Allerweltsgeschmack.
Paulings Handy summte eine halbe Stunde vor dem Zeitpunkt, für den der Mann aus dem Pentagon sich angesagt hatte. Sie meldete sich mit ihrem Namen, hörte kurz zu und beschrieb dann, wo sie zu finden waren. In einem Coffeeshop, Ostseite der Second Avenue zwischen 44th und 45th Street. Dann klappte sie ihr Mobiltelefon wieder zu.
»Brewer«, erklärte sie. »Endlich. Er kommt her. Will persönlich mit uns reden.«
»Wieso?«
»Das hat er nicht gesagt.«
»Wo ist er jetzt?«
»Er verlässt gerade das Leichenschauhaus.«
»Dann gibt’s hier ein Gedränge. Er kommt ungefähr zur gleichen Zeit an wie dein Typ.«
»Das wird meinem Typ nicht gefallen. Ich glaube nicht, dass er Gedränge mag.«
»Sehe ich ihn einen Rückzieher machen, gehe ich raus und rede draußen mit ihm.«
Paulings Freund aus dem Pentagon kam jedoch schon etwas früher. Vermutlich wollte er die Lage vor dem Treff sondieren. Reacher beobachtete, wie er auf dem Gehsteig stehend die Gesichter der Gäste des Coffeeshops einzeln musterte. Das tat er geduldig und gründlich. Als er zufrieden war, kam er herein, durchquerte rasch den Raum und glitt auf die Sitzbank ihrer Nische. Er trug denselben blauen Anzug. Dieselbe Krawatte. Vermutlich ein frisches Hemd, obwohl sich das nicht genau sagen ließ. Schließlich sah ein weißes Hemd mit Button-down-Kragen wie
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