Way Out
offen und führte in einen quadratischen kleinen Raum, in dem ein Schreibtisch so über Eck stand, dass der daran Sitzende gleichzeitig aus Tür und Fenster schauen konnte. Hinter dem Schreibtisch saß ein kleiner, ungefähr fünfzig Jahre alter Mann mit schütterem Haar. Über Oberhemd und Krawatte trug er einen ärmellosen Pullunder.
»Sie müssen die Amerikaner sein«, sagte er. Reacher fragte sich einen Moment, woraus er das schloss. Kleidung? Zähne? Geruch? Eine logische Schlussfolgerung à la Sherlock Holmes? Aber dann fuhr der Kerl fort: »Ich bin eigens für Sie dageblieben. Hätten Sie nicht angerufen, wäre ich jetzt schon weg. Ich hatte keinen anderen Termin mehr.«
Pauling sagte: »Tut uns leid, dass wir Sie aufhalten.«
»Kein Problem«, meinte der Mann. »Freut mich immer, Kollegen helfen zu können.«
»Wir suchen jemanden«, erklärte Pauling. »Er ist vorgestern aus New York gekommen. Er ist Engländer und heißt Taylor.«
Der Detektiv sah auf.
»Zweimal an einem Tag«, sagte er. »Ihr Mr. Taylor ist ein gefragter Mann.«
»Was soll das heißen?«
»Ein Mann hat mich mit der gleichen Anfrage direkt aus New York angerufen. Wollte seinen Namen nicht nennen. Ich vermute, dass er ein Londoner Detektivbüro nach dem anderen abgeklappert hat.«
»Ein Amerikaner?«
»Hundertprozentig.«
Pauling wandte sich Reacher zu und sagte lautlos: »Lane.«
Reacher nickte. »Er versucht, es allein zu schaffen. Versucht, mich um mein Honorar zu bringen.«
Pauling drehte sich wieder zum Schreibtisch. »Was haben Sie dem Kerl am Telefon erzählt?«
»Dass in Großbritannien sechzig Millionen Menschen leben, von denen einige hunderttausend Taylor heißen. Das ist ein ziemlich häufiger Name. Ich habe ihm erklärt, dass ich ihm ohne genauere Angaben leider nicht helfen kann.«
»Können Sie uns helfen?«
»Das hängt davon ab, welche zusätzlichen Informationen Sie besitzen.«
»Wir haben Fotos.«
»Die können später nützlich sein. Aber nicht in der ersten Phase. Wie lange war Mr. Taylor in Amerika?«
»Viele Jahre, glaube ich.«
»Hat er hier eine Basis? Einen festen Wohnsitz?«
»Bestimmt nicht.«
»Dann ist die Sache aussichtslos«, sagte der Detektiv. »Das verstehen Sie doch? Ich arbeite mit Datenbanken. Das tun Sie in New York sicher auch? Kontodaten, Wählerregister, Steuerakten, Gerichtsakten, Kreditkartendaten, Versicherungspolicen, solches Zeug. Hat Ihr Mr. Taylor seit vielen Jahren nicht mehr hier gelebt, taucht er nirgends auf.«
Pauling schwieg. »Bedaure sehr«, sagte der Mann. »Aber das verstehen Sie doch sicher.«
Pauling warf Reacher einen Blick zu, der besagte: Großartiger Plan. »Ich habe die Telefonnummer seines nächsten Verwandten«, erklärte Reacher.
58
Reacher sagte: »Wir haben Taylors New Yorker Wohnung durchsucht und dabei ein Telefon mit zehn gespeicherten Kurzwahlnummern gefunden, Die einzige Nummer in England war mit dem Buchstaben S gekennzeichnet. Ich glaube, dass damit ein Elternteil oder Geschwister gemeint ist – vermutlich eher ein Bruder oder eine Schwester, weil ein Mann wie er seine Mom oder seinen Dad mit M oder D bezeichnet hätte. Also bedeutet es Sam, Sally, Sarah, Sean, irgendwas in dieser Art. Und sein Verhältnis zu dieser Person muss ziemlich eng sein, sonst wäre sie nicht gespeichert gewesen. Und ist das Verhältnis ziemlich eng, ist Taylor nicht nach England zurückgekehrt, ohne sie wenigstens zu informieren. Sie würde sich vermutlich Sorgen machen, wenn er lange nicht erreichbar wäre. Deshalb vermute ich, dass diese Person die Informationen besitzt, die wir brauchen.«
»Wie lautet die Telefonnummer?«, fragte der Mann.
Reacher schloss die Augen und sagte die mit 01144 beginnende Telefonnummer auf, die er sich in der Hudson Street eingeprägt hatte. Der Detektiv notierte sie sich mit einem stumpfen Bleistift auf einem Notizblock.
»Okay«, sagte er. »Wir streichen die internationale Vorwahl und ersetzen sie durch eine Null.« Genau das tat er – manuell, mit seinem Bleistift. »Dann werfen wir den alten Computer an und sehen in einem Telefonbuch mit Reverssuche nach.« Er drehte sich auf seinem Bürostuhl zum Computertisch herum, drückte die Leertaste und gab ein Passwort ein, das Reacher nicht mitbekam. Als Nächstes rief er eine Dialogbox auf, in die er die Telefonnummer eintippte. »Das liefert uns nur die Anschrift«, erklärte er. »Wir müssen anderswo nachschlagen, um herauszubekommen, wer genau dort wohnt.« Er drückte
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