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Way Out

Way Out

Titel: Way Out Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lee Child
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am Steuer. Er war etwas außer Atem.
    »Fertig«, sagte er. »Die Tasche befindet sich im Jaguar.«
    Die Albtraumstimme sagte: »Leben Sie wohl.«
    Die Verbindung brach ab. Im Wagen herrschte Stille. Tief und absolut.
    »Los jetzt«, meldete sich Reacher. »Rechts auf die Bleeker abbiegen.«
    Burke fuhr mit weitertickender Warnblinkanlage los. Er erwischte die Ampel bei Grün und raste über den Fußgängerübergang. Fuhr noch zwanzig Meter weiter und bremste dann scharf. Reacher fummelte über seinem Kopf nach dem Türgriff. Zog ihn, stieß die hintere Tür auf und krabbelte hinaus. Er stand auf, warf die Tür zu und blieb kurz stehen, um sein Hemd herunterzuziehen. Dann hastete er um die Ecke zurück.

16
     
    Reacher blieb stehen, als er noch auf der Bleeker Street war, steckte die Hände in die Hosentaschen und ging dann in angemessenerem Tempo weiter. Er bog nach links auf die Sixth Avenue ab, wie ein Mann auf dem Nachhauseweg. Vielleicht nach einem anstrengenden Arbeitstag oder mit der Absicht, auf einen Drink in eine Bar zu gehen. Recht unauffällig, worauf er sich überraschend gut verstand, wenn man bedachte, dass er schon immer einen Kopf größer als alle anderen in seiner Umgebung gewesen war. Dieser Größenvorteil hatte bei Überwachungen Vor- und Nachteile. Theoretisch musste er durch seine Größe überall auffallen. Andererseits konnte er weiter sehen als gewöhnliche Menschen. Reine Trigonometrie. Er blieb in der Gehsteigmitte, schaute geradeaus und behielt den grünen Jaguar unbeirrbar am Rand seines Blickfelds. Sah zur Kontrolle nach links. Nichts. Dann nach rechts, über das Dach des Jaguars hinweg. Und entdeckte einen Mann, der knapp zwei Meter von der Fahrertür des Jaguars entfernt war.
    Dies war derselbe Kerl, den er am ersten Abend gesehen hatte. Das wusste er bestimmt. Körperbau, Haltung, Bewegungen, Kleidung – alles identisch. Ein Weißer, leichter Sonnenbrand, hager, drahtig, bartlos, Zähne zusammengebissen, nicht lächelnd, ungefähr vierzig Jahre alt. Gelassen, konzentriert, zielbewusst. Flink auf den Beinen, jetzt nur noch zwei Schritte vom Wagen entfernt. Flüssige, sparsame Bewegungen. Der Kerl öffnete die Tür, glitt hinters Steuer, ließ den Motor an, schnallte sich an und beobachtete über die linke Schulter hinweg den Verkehr. Dann nutzte er geschickt eine Lücke, ordnete sich ein und fuhr nach Norden davon. Reacher ging nach Süden weiter, drehte aber den Kopf zur Seite, um ihn im Vorbeifahren zu beobachten. Der Typ flitzte vorbei, kam außer Sicht.
    Sechs Sekunden von Anfang bis zum Ende. Vielleicht weniger.
    Und wofür das alles?
    Nur ein weißer Mann, mittelgroß, mittelschwer, in Freizeitkleidung wie Hunderttausende von anderen weißen Männern in dieser Stadt. Jeans, Hemd, Sneaker, Baseballmütze. Ungefähr vierzig. In jeder Beziehung unauffällig. Beschreibung? Nichts außer: nur irgendein Kerl.
    Reachers Blick glitt über den aus Süden heranbrandenden Verkehrsstrom. Nirgends ein freies Taxi in Sicht. Kein einziges. Also machte er wieder kehrt und trabte zur Bleeker Street zurück, um herauszufinden, ob Burke auf ihn gewartet hatte. Das hatte Burke nicht. Also machte Reacher sich zu Fuß auf den Rückweg. Er war zu frustriert, um die U-Bahn zu nehmen. Er musste seinen Frust abarbeiten. Also marschierte er auf der Sixth Avenue nach Norden, und die ihm Entgegenkommenden wichen ihm aus, als wäre er radioaktiv.
     
    Zwanzig Minuten und zwanzig Blocks weiter entdeckte er auf der anderen Straßenseite einen Staples-Büromarkt in rotweißem Design. Er schlängelte sich durch den Verkehr, um sich den Laden anzusehen. Dieser hier war riesig. Reacher wusste nicht, welche Filiale Kate Lane aufgesucht hatte, als Carter Groom ihr Chauffeur war, aber er vermutete, dass alle Geschäfte einer Kette das gleiche Sortiment führten. Er ging hinein und an einem Korral aus zolldicken Chromstangen vorbei, zwischen denen Einkaufswagen standen. Links vor ihm befanden sich die Kassen. Rechts hinter den Einkaufswagen lag ein Copyshop mit Großkopierern in Industriequalität. Vor sich hatte Reacher etwa zwanzig schmale Gänge mit Regalen, die bis zur Decke aufragten. Sie enthielten eine einschüchternd große Vielzahl von Artikeln. Er begann vorn links und bewegte sich im Zickzack durch den Laden bis zum letzten Gang hinten rechts. Der größte Artikel, den er fand, war ein Schreibtisch, der kleinste ein Reißnagel oder eine Büroklammer – je nachdem, ob man nach Größe oder Gewicht ging.

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