Way Out
Und intelligent – auf eine beschränkte Weise.«
»Was war sie vor ihrer Ehe?«
»Ein Model.«
Reacher schwieg.
»Ja«, sagte Patti. »Genau wie ihre Nachfolgerin.«
»Was ist passiert?«
»Gemeinsam haben sie ihre Ehe zugrunde gerichtet. Das war unvermeidlich, glaube ich. Eines Tages hat sie mir erzählt, sie wolle sich scheiden lassen. Ich war natürlich sehr dafür. Für sie wäre das die beste Lösung gewesen. Aber sie hat versucht, das Maximum herauszuholen: Alimente, Vermögensteilung, die ganze Litanei. Das war das Dümmste, was sie tun konnte. Ich wusste, dass das ein Fehler war. Ich habe sie angefleht abzuhauen solange es noch ging. Aber sie hatte Geld mit in die Ehe gebracht, das Lane zum Teil in den Aufbau seines Unternehmens steckte. Anne wollte ihr Geld zurückhaben. Aber Lane konnte nicht einmal den Ungehorsam seiner scheidungswilligen Frau ertragen. Dass er sie nun auch noch auszahlen sollte, kam für ihn nicht in Frage. Das wäre eine öffentliche Demütigung gewesen, weil er sich einen anderen Investor hätte suchen müssen. Deshalb ist er völlig ausgerastet. Er hat eine Entführung vorgetäuscht und Anne ermorden lassen.«
Kurzes Schweigen.
»Die Polizei war eingeschaltet«, sagte Reacher. »Auch das FBI. Es muss relativ gründliche Ermittlungen gegeben haben.«
Patti drehte sich zu ihm um. Lächelte traurig.
»Da haben wir’s«, sagte sie. »Wir sind an dem Punkt, wo die kleine Schwester leicht verrückt und von einer fixen Idee besessen zu sein scheint. Aber Lane hat natürlich gut geplant. Alles sehr realistisch.«
»Wie?«
»Mit Hilfe seiner Männer. Er beschäftigt eine Bande von Killern. Seine Männer sind’s gewöhnt, Befehle auszuführen. Und sie sind clever. Verstehen sich auf solche Sachen. Und sie sind keine Jungfrauen mehr. Jeder von ihnen war schon an verdeckten Unternehmen beteiligt. Und ich wette, dass sie alle schon mal getötet haben – im Nahkampf und persönlich.«
Reacher nickte. Gar keine Frage. Das haben sie alle schon mal getan. Viele Male.
»Denken Sie an bestimmte Verdächtige?«, fragte er.
»Keinen der Männer, die Sie gesehen haben«, antwortete Patti. »Niemanden, der noch zum A-Team gehört. Ich glaube nicht, dass die Dynamik das zulassen würde. Nicht über lange Zeit hinweg. Ich glaube nicht, dass das psychologisch zu ertragen wäre. Aber ich bezweifle, dass er Leute aus dem B-Team genommen hätte. Er hat Männer gebraucht, auf die er sich unbedingt verlassen konnte.«
»Wen also?«
»Leute aus dem A-Team, die nicht mehr da sind.«
»Wer fiele in diese Kategorie?«
»Es hat zwei gegeben«, erwiderte Patti. »Einen Mann namens Hobart und einen namens Knight.«
»Weshalb sind sie nicht mehr da? Warum sollten zwei Mitglieder des A-Teams ihren gut bezahlten Job aufgeben?«
»Kurz nach Annes Tod hat’s irgendeinen Auslandseinsatz gegeben. Dabei muss etwas schiefgegangen sein. Zwei Männer sind nicht zurückgekommen. Diese beiden.«
»Das muss ein Zufall gewesen sein«, meinte Reacher. »Oder nicht? Die Täter waren ausgerechnet die beiden Männer, die nicht zurückgekommen sind?«
»Ich vermute, dass Lane dafür gesorgt hat, dass sie nicht zurückgekommen sind. Er wollte nichts dem Zufall überlassen.«
Reacher schwieg.
»Ich weiß«, sagte Patti Joseph. »Die kleine Schwester ist verrückt, oder?«
Reacher musterte Patti. Sie wirkte nicht verrückt. Vielleicht ein bisschen ausgeflippt. Im Stil der sechziger Jahre, wie ihre Schwester. Genau wie Anne auf dem Foto trug sie ihr langes blondes Haar in der Mitte gescheitelt. Große blaue Augen, leicht mit Sommersprossen besprenkelte Stupsnase, blasser Teint. Sie trug eine rustikale Bluse und ausgewaschene Jeans, war barfuß und hatte keinen BH an. Man hätte sie so fotografieren und ihr Bild für einen CD-Sampler verwenden können. The Summer of Love . The Mamas and the Papas, Jefferson Airplane, Big Brother and the Holding Company. Reacher mochte solche Musik. Er war im Sommer der Liebe sieben gewesen und wünschte sich, siebzehn gewesen zu sein.
»Wie stellen Sie sich den Tatablauf vor?«, erkundigte er sich.
»Knight hat Anne an dem bewussten Tag gefahren«, sagte Patti. »Das ist ein Fakt. Er hat sie zum Einkaufen gefahren und am Randstein gewartet. Aber sie kam nicht mehr aus dem Geschäft heraus. Als Nächstes ist vier Stunden später ein Anruf eingegangen. Die übliche Sache. Keine Polizei, eine Lösegeldforderung.«
»Stimme?«
»Verstellt.«
»Wie?«
»Als hätte der Kerl ein
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