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Way Out

Way Out

Titel: Way Out Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lee Child
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was die Raschheit erklären würde. Und das Engagement von ihrer Seite war natürlich auch da. Engagement und eine Menge aufgestauter Zorn. Könnte es also sein, dass die Stimme, die Sie im Auto gehört haben, eine Frauenstimme war?«
    Reacher antwortete nicht gleich.
    »Möglich wär’s«, sagte er. »Ich nehm’s an. Ich meine, so ist’s mir nie vorgekommen. Niemals. Aber das könnte lediglich eine vorgefasste Meinung sein. Ein unbewusstes Vorurteil. Diese Geräte arbeiten verdammt wirkungsvoll. Sie könnten Minnie Maus wie Darth Varder klingen lassen.«
    »Sie haben gesagt, die Stimme habe leichtfüßig geklungen. Wie die eines kleinen Mannes.«
    Reacher nickte. »Ja, das stimmt.«
    »Also auch wie die einer Frau. Ändert man die Stimmlage um eine Oktave, wäre das plausibel.«
    »Könnte sein«, sagte Reacher. »Jedenfalls war’s jemand, der sich in West Village ziemlich gut auskannte.«
    »Wie jemand, der schon zehn Jahre dort lebt – und den Militärjargon beherrscht, weil Bruder und Ehemann im Marinekorps waren.«
    »Vielleicht«, erwiderte Reacher. »Gregory hat mir von einer Frau erzählt, die auf den Hamptons aufgekreuzt ist. Eine fette Frau.«
    »Fett?«
    »Gregory hat stämmig gesagt.«
    »Überwachung?«
    »Nein, Kate hat mit ihr geredet. Sie haben einen Strandspaziergang gemacht.«
    »Vielleicht war das Dee Marie. Vielleicht ist sie fett. Vielleicht hat sie Geld verlangt. Vielleicht hat Kate sie abgewimmelt, und das hat ihr den Rest gegeben.«
    »Hier geht’s um mehr als nur um Geld.«
    »Aber das heißt nicht, dass es nicht wenigstens zum Teil auch um Geld geht«, meinte Pauling. »Und bedenkt man, wo Dee Marie wohnt, braucht sie Geld. Ihr Anteil würde mehr als fünf Millionen Dollar betragen. Das könnte sie als Entschädigung dafür betrachten, dass sie fünf Jahre lang hingehalten worden ist. Eine Million Dollar pro Jahr.«
    »Vielleicht«, wiederholte Reacher.
    »Das ist eine Hypothese«, sagte Pauling. »Wir sollten sie nicht ausschließen.«
    »Nein«, entgegnete Reacher. »Das sollten wir nicht.« Pauling zog ein Stadtadressbuch aus dem Regal und schlug die Adresse in der Hudson Street nach.
    »Sie wohnen südlich der Houston Street«, sagte sie. »Zwischen Vandam und Charlton Street. Nicht zwischen Clarkson und Leroy. Unsere Vermutung war falsch.«
    »Vielleicht gefällt ihnen eine Bar ein paar Blocks nördlich«, sagte Reacher. »Charlton Vandam hätte er sich ohnehin nicht nennen können. Das hätte viel zu unecht geklungen.«
    »Jedenfalls leben sie nur eine Viertelstunde von hier entfernt.«
    »Machen Sie sich keine falschen Hoffnungen. Dies ist lediglich ein weiteres Teil des Puzzles. Einer oder beide, wer auch immer, muss längst von hier verschwunden sein. Sie wären verrückt, wenn sie dageblieben wären.«
    »Glauben Sie?«
    »Sie haben Blut an den Händen und Geld in der Tasche, Pauling. Unterdessen sind sie auf den Caymans, oder auf den Bermudas, in Venezuela oder wohin, zum Teufel, solche Leute heutzutage flüchten.«
    »Was tun wir also jetzt?«
    »Wir sehen zu, dass wir in die Hudson Street kommen, und hoffen, dass ihre Fährte noch ein kleines bisschen warm ist.«

36
     
    Zusammengerechnet hatten Reacher und Pauling sich in ihrem Berufsleben und der Zeit danach vermutlich tausend Gebäuden angenähert, in denen sich feindselige Verdächtige aufhalten konnten. Sie wussten genau, was sie zu tun hatten. Zwischen ihnen gab es eine knappe, effiziente taktische Diskussion. Sie mussten aus einer Position der Schwäche agieren, weil keiner von ihnen bewaffnet und Hobart schon zweimal mit Pauling zusammengetroffen war. Nach Anne Lanes Entführung hatte sie Lanes gesamte Crew ausführlich vernommen. Daran würde Hobart sich vermutlich selbst nach seinen traumatischen Erfahrungen in Afrika erinnern. Ausgeglichen wurden diese Nachteile durch Reachers feste Überzeugung, das Apartment in der Hudson Street werde leer sein. Er rechnete damit, dort nichts vorzufinden als hastig durchwühlte Schränke und einen Mülleimer mit verrottenden Abfällen.
    Unten gab es keinen Portier. So vornehm war dieses kastenförmige vierstöckige Mietshaus mit stumpfroter Klinkerverkleidung und einer aus schwarzem Eisen bestehenden Feuertreppe nicht. Es hatte eine abgestoßene schwarze Tür, neben der die Aluminiumplatte einer Sprechanlage in die Mauer eingelassen war. Zehn schwarze Klingelknöpfe. Zehn Namensschilder. Neben 3 L stand in sauberer Schrift Graziano .
    »Kein Aufzug«, sagte Pauling.

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