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Way Out

Way Out

Titel: Way Out Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lee Child
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was Sie brauchen.«
    Dee Marie sagte: »Sie können seine Zeugenaussage nicht kaufen.«
    »Das versuche ich nicht«, erklärte Pauling. »Ich will nur helfen, das ist alles.«
    »Ich mag keine Mildtätigkeit.«
    »Das müssen Sie ignorieren«, warf Reacher ein. »Ihr Bruder braucht alles, was er kriegen kann.«
    »Nimm es, Dee«, sagte Hobart. »Vergiss nicht, auch etwas für dich zu kaufen.«
    Dee Marie zuckte mit den Schultern, dann nahm sie das hingehaltene Geld. Stopfte es in eine Tasche ihres Baumwollkleids, nahm ihre Schlüssel und ging hinaus. Reacher hörte, wie die Wohnungstür geöffnet wurde. Ihre Angeln quietschten, weil er sie beschädigt hatte. Er trat auf den Flur hinaus.
    »Wir sollten einen Tischler rufen«, sagte Pauling hinter ihm.
    »Am besten diesen sowjetischen Hausmeister aus der Sixth Avenue«, meinte Reacher. »Er hat kompetent gewirkt, und ich wette, dass er schwarzarbeitet.«
    »Glauben Sie?«
    Reacher flüsterte: »Er war mit der Roten Armee in Afghanistan. Er flippt nicht gleich aus, wenn er einen Kerl ohne Hände und Füße sieht.«
    »Reden Sie über mich?«, rief Hobart.
    Reacher folgte Pauling wieder ins Wohnzimmer und sagte: »Sie können von Glück sagen, dass Sie eine solche Schwester haben.«
    Hobart nickte. Die gleiche langsame, schmerzhafte Bewegung wie zuvor.
    »Aber für sie ist’s schwierig«, sagte er. »Mit den Gängen auf die Toilette und allem, wissen Sie. Sie muss Dinge mit ansehen, die eine Schwester nicht sehen sollte.«
    »Erzählen Sie uns von Knight. Erzählen Sie uns die ganze gottverdammte Geschichte.«
    Hobart ließ den Kopf aufs Sofakissen sinken. Starrte an die Zimmerdecke. Seit seine Schwester fort war, wirkte er etwas entspannter. Sein grässlich verstümmelter Körper kam endlich zur Ruhe.
    »Das war ein einzigartiger Augenblick, wie man ihn nur selten erlebt«, fuhr er fort. »Wir wussten plötzlich, dass wir allein waren – zwei zu zehntausend, mitten in der Nacht, im Niemandsland, in der Mitte eines Staats, in dem wir nichts verloren hatten. Ich meine, man bildet sich ein, schon früher tief in der Scheiße gesteckt zu haben, und dann erkennt man, dass man bisher keine Ahnung hatte, wie tief Scheiße wirklich sein kann. Anfangs haben wir überhaupt nichts gemacht und uns nur stumm angesehen. Das war der letzte wirklich friedliche Augenblick in meinem Leben. Wir haben uns angesehen und waren uns stillschweigend darüber einig, dass wir kämpfend untergehen wollten. Wir wollten lieber sterben. Das muss irgendwann jeder, und uns erschien dieser Augenblick günstig. Also haben wir angefangen zu schießen. Wir haben wohl damit gerechnet, dass ein paar Werfergranaten bei uns einschlagen und uns erledigen würden. Aber sie haben keine Granatwerfer eingesetzt, sondern weiter in Zehner- und Zwanzigergruppen angegriffen. Und wir haben weitergeschossen und sie zu Hunderten niedergemäht. Aber sie haben immer wieder angegriffen. Das war anscheinend ihre Taktik. Wir hatten allmählich mit technischen Schwierigkeiten zu kämpfen. Die Läufe unserer M60 wurden zu heiß. Die Munition begann knapp zu werden. Wir verfügten über so viel, wie wir selbst hatten tragen können. Als sie das merkten, setzten sie zur Erstürmung unserer Stellung an. Okay, habe ich gedacht, kommt nur alle. Ich habe mir ausgerechnet, Kugeln oder Bajonette in unserem Schützenloch seien genauso wirkungsvoll wie Werfersalven aus der Ferne.«
    Er schloss die Augen und schwieg.
    »Aber?«, fragte Reacher.
    Hobart öffnete die Augen. »Aber so ist’s nicht passiert. Sie haben den Rand unseres Schützenlochs erreicht, dort haltgemacht und nur dagestanden. Haben uns im Mondschein beobachtet. Haben verfolgt, wie wir verzweifelt nach vollen Magazinen suchten. Aber wir besaßen keine mehr. Dann hat sich die Menge geteilt, und irgendeine Art Offizier ist aufgetaucht. Er hat auf uns hinuntergesehen und gelächelt. Schwarzes Gesicht, weiße Zähne. Da haben wir angefangen, unsere Lage zu begreifen. Wir hatten zuvor geglaubt, tief in der Scheiße zu stecken, aber das war nichts gewesen. Jetzt steckten wir richtig drin. Wir hatten Hunderte von ihren Männern umgebracht, und jetzt würden wir lebendig in Gefangenschaft geraten.«
    »Wie ist das abgelaufen?«
    »Anfangs überraschend gut. Sie haben uns sofort alles geklaut, was irgendwie wertvoll war, und dann ein paar Minuten lang hart angefasst. Aber das war eigentlich nichts. Als Rekrut bin ich von Unteroffizieren oft härter behandelt worden. Wir hatten

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