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Way Out

Way Out

Titel: Way Out Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lee Child
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erzählte Reacher ihr alles, was er wusste. Schilderte ihr alle Tatsachen, alle Vermutungen, alle Annahmen, alle Schlussfolgerungen. Als er fertig war, starrte sie ihn an.
    Sie sagte: »Sie glauben, dass die Entführung diesmal echt ist, weil er ein so guter Schauspieler ist?«
    »Nein, so gut kann niemand sein.«
    »Hallo? Adolf Hitler? Der konnte meisterhaft Wutanfälle vortäuschen.«
    Patti stand auf, ging an ihren Schreibtisch und nahm eine Fototasche aus der mittleren Schublade. Prüfte den Inhalt und warf den Umschlag Reacher in den Schoß. Eine neue Fototasche. Von einem Schnelldienst. Sechsunddreißig Aufnahmen. Er blätterte den Stapel durch. Das erste Bild zeigte ihn von vorn, wie er auf dem Weg zur U-Bahn am Central Park West aus dem Dakota kam. Heute am frühen Morgen, dachte er . Mit der Linie B zu Paulings Büro.
    »Und?«
    »Nur weiter.«
    Er blätterte weiter, und gegen Ende des Stapels erkannte er Dee Marie Graziano von vorn, als sie aus dem Dakota Building kam. Die Sonne stand im Westen. Nachmittag. Das nächste Bild zeigte sie von hinten, als sie hineinging.
    »Das ist Hobarts Schwester, stimmt’s?«, fragte Patti. »Ihrer Erzählung nach muss sie’s sein. Sie steht auch in meiner Kladde. Um die vierzig, Übergewicht, nicht reich. Bisher unbekannt. Aber jetzt weiß ich Bescheid. Das war der Tag, an dem der Portier ihr gesagt hat, die Familie sei auf den Hamptons. Wenig später ist sie dorthin gefahren.«
    »Und?«
    »Liegt das nicht auf der Hand? Kate Lane macht mit dieser seltsamen Frau einen Strandspaziergang und hört dabei eine verrückte und phantastische Geschichte, die aber vielleicht nicht ganz von der Hand zu weisen ist. Die vermutlich ein Körnchen Wahrheit enthält, das sie nachdenklich macht. Unter Umständen so sehr, dass Kate von ihrem Mann eine Erklärung fordert.«
    Reacher schwieg.
    Patti fuhr fort: »In diesem Fall wäre der Teufel los. Sehen Sie das nicht? Kate ist plötzlich keine loyale und gefügige Ehefrau mehr, sondern so schlimm, wie Anne war. Und sie ist mit einem Mal auch gefährlich, vielleicht sogar sehr gefährlich.«
    »Lane hätte auch Hobart und Dee Marie beseitigen lassen, nicht nur Kate.«
    »Wenn er sie hätte finden können. Sie haben sie auch nur mit Unterstützung des Pentagon gefunden.«
    »Und das Pentagon hasst Lane«, erklärte Pauling. »Von dort hätte er nichts zu erwarten.«
    »Zwei Fragen«, sagte Reacher. »Wenn die Geschichte sich hier wiederholt, wenn dies ein zweiter Fall Anne ist, weshalb ist Lane dann so scharf auf meine Hilfe?«
    »Er spielt mit hohem Einsatz«, antwortete Patti. »Das tut er, weil er arrogant ist. Er zieht eine Show für seine Männer ab und verlässt sich darauf, dass er cleverer ist als Sie.«
    »Zweite Frage«, sagte Reacher. »Wer könnte dieses Mal Knights Rolle übernehmen?«
    »Ist das wichtig?«
    »Allerdings. Das ist ein wichtiges Detail, finden Sie nicht?«
    Patti antwortete nicht gleich. Wich seinem Blick aus.
    »Ein unpassendes Detail«, erwiderte sie. »Weil dort drüben keiner fehlt.« Dann sagte sie: »Okay, entschuldigen Sie. Vielleicht haben Sie recht. Dass Annes Entführung vorgetäuscht war, beweist nicht, dass auch Kates ein Schwindel ist. Bedenken Sie nur eines, während Sie Ihre Zeit darauf verwenden, ihm zu helfen: Sie fahnden nicht nach einer Frau, die er liebt. Sie suchen einen kostbaren Besitz. Als ob jemand ihm eine goldene Rolex gestohlen hätte, deren Verlust ihn wütend macht.«
    Dann trat Patti ans Fenster – aus reiner Gewohnheit, vermutete Reacher – und starrte zum Eingang des Dakota Building hinüber.
    »Für mich ist’s nicht vorbei«, sagte sie. »Für mich ist’s erst vorbei, wenn Lane bekommt, was er verdient.«

44
     
    Reacher und Pauling fuhren schweigend in die Eingangshalle des Majestic hinunter. Traten auf den Gehsteig hinaus. Es war früher Abend. Vierspuriger Verkehr, Liebespaare im Park. Angeleinte Hunde, geführte Reisegruppen, das ferne Heulen von Feuerwehrsirenen.
    Pauling fragte: »Wohin jetzt?«
    »Nehmen Sie sich den Abend frei«, antwortete Reacher. »Ich gehe in die Höhle des Löwen zurück.«
    Pauling machte sich auf den Weg in Richtung U-Bahn, und Reacher lief zum Dakota. Der Portier winkte ihn durch, ohne diesmal nach oben zu telefonieren. Lane musste ihn auf seine Besucherliste gesetzt haben, oder der Portier kannte sein Gesicht inzwischen gut genug. Beides war Reacher nicht recht. Er mochte keine schlampigen Vorkehrungen und wollte nicht als Angehöriger von

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